Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.Erstes Buch. II. Abschnitt. "immer noch eine andere vor sich; der Gedanke er-"liegt dieser Vorstellung des Unermeßlichen; wie ein "Traum, daß einer einen langen Gang immer weiter "und unabsehbar weiter fortgehe, ohne ein Ende abzu- "sehen, mit Fallen oder mit Schwindel endet." Diese Darstellung, ausserdem daß sie den Inhalt Auch die Hallersche, von Kant sogenannte schau- "Ich häuffe ungeheure Zahlen, Gebürge Millionen auf, Ich setze Zeit auf Zeit, und Welt auf Welt zu Hauff, Und wenn ich von der grausen Höh Mit Schwindeln wieder nach dir seh, Ist alle Macht der Zahl, vermehrt zu tausendmahlen, Noch nicht ein Theil von dir." "Ich
Erſtes Buch. II. Abſchnitt. „immer noch eine andere vor ſich; der Gedanke er-„liegt dieſer Vorſtellung des Unermeßlichen; wie ein „Traum, daß einer einen langen Gang immer weiter „und unabſehbar weiter fortgehe, ohne ein Ende abzu- „ſehen, mit Fallen oder mit Schwindel endet.“ Dieſe Darſtellung, auſſerdem daß ſie den Inhalt Auch die Hallerſche, von Kant ſogenannte ſchau- „Ich haͤuffe ungeheure Zahlen, Gebuͤrge Millionen auf, Ich ſetze Zeit auf Zeit, und Welt auf Welt zu Hauff, Und wenn ich von der grauſen Hoͤh Mit Schwindeln wieder nach dir ſeh, Iſt alle Macht der Zahl, vermehrt zu tauſendmahlen, Noch nicht ein Theil von dir.“ „Ich
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0236" n="188"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erſtes Buch</hi>. <hi rendition="#aq">II</hi>. <hi rendition="#g">Abſchnitt</hi>.</fw><lb/> „immer noch eine andere vor ſich; <hi rendition="#g">der Gedanke er-<lb/> „liegt</hi> dieſer Vorſtellung des Unermeßlichen; wie ein<lb/> „Traum, daß einer einen langen Gang immer weiter<lb/> „und unabſehbar weiter fortgehe, ohne ein Ende abzu-<lb/> „ſehen, mit <hi rendition="#g">Fallen</hi> oder mit <hi rendition="#g">Schwindel</hi> endet.“</p><lb/> <p>Dieſe Darſtellung, auſſerdem daß ſie den Inhalt<lb/> des quantitativen Erhebens in einen Reichthum der Schil-<lb/> derung zuſammendraͤngt, verdient wegen der Wahrhaf-<lb/> tigkeit vornemlich Lob, mit der ſie es angibt, wie es<lb/> dieſer Erhebung am Ende ergeht: der Gedanke erliegt,<lb/> das Ende iſt Fallen und Schwindel. Was den Gedan-<lb/> ken erliegen macht, und das Fallen deſſelben und<lb/> Schwindel hervorbringt, iſt nichts anderes, als die<lb/><hi rendition="#g">Langeweile</hi> jener Wiederhohlung, welche eine Grenze<lb/> verſchwinden und wieder auftreten und wieder verſchwin-<lb/> den, ſo immer das eine <hi rendition="#g">um</hi> das andere, und eins <hi rendition="#g">im</hi><lb/> andern, in dem Jenſeits das Diſſeits, in dem Diſſeits<lb/> das Jenſeits perennirend entſtehen und vergehen laͤßt,<lb/> und nur das Gefuͤhl der Ohnmacht dieſes Unendlichen<lb/> oder dieſes Sollens gibt, das uͤber das Endliche Mei-<lb/> ſter werden will und nicht kann.</p><lb/> <p>Auch die Hallerſche, von Kant ſogenannte <hi rendition="#g">ſchau-<lb/> derhafte Beſchreibung</hi> der Ewigkeit pflegt beſon-<lb/> ders bewundert zu werden, aber oft gerade nicht wegen<lb/> derjenigen Seite, die das wahrhafte Verdienſt derſelben<lb/> ausmacht:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Ich haͤuffe ungeheure Zahlen,</l><lb/> <l>Gebuͤrge Millionen auf,</l><lb/> <l>Ich ſetze Zeit auf Zeit, und Welt auf Welt zu Hauff,</l><lb/> <l>Und wenn ich von der grauſen Hoͤh</l><lb/> <l>Mit Schwindeln wieder nach dir ſeh,</l><lb/> <l>Iſt alle Macht der Zahl, vermehrt zu tauſendmahlen,</l><lb/> <l>Noch nicht ein Theil von dir.“</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">„<hi rendition="#g">Ich</hi></fw><lb/> </lg> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [188/0236]
Erſtes Buch. II. Abſchnitt.
„immer noch eine andere vor ſich; der Gedanke er-
„liegt dieſer Vorſtellung des Unermeßlichen; wie ein
„Traum, daß einer einen langen Gang immer weiter
„und unabſehbar weiter fortgehe, ohne ein Ende abzu-
„ſehen, mit Fallen oder mit Schwindel endet.“
Dieſe Darſtellung, auſſerdem daß ſie den Inhalt
des quantitativen Erhebens in einen Reichthum der Schil-
derung zuſammendraͤngt, verdient wegen der Wahrhaf-
tigkeit vornemlich Lob, mit der ſie es angibt, wie es
dieſer Erhebung am Ende ergeht: der Gedanke erliegt,
das Ende iſt Fallen und Schwindel. Was den Gedan-
ken erliegen macht, und das Fallen deſſelben und
Schwindel hervorbringt, iſt nichts anderes, als die
Langeweile jener Wiederhohlung, welche eine Grenze
verſchwinden und wieder auftreten und wieder verſchwin-
den, ſo immer das eine um das andere, und eins im
andern, in dem Jenſeits das Diſſeits, in dem Diſſeits
das Jenſeits perennirend entſtehen und vergehen laͤßt,
und nur das Gefuͤhl der Ohnmacht dieſes Unendlichen
oder dieſes Sollens gibt, das uͤber das Endliche Mei-
ſter werden will und nicht kann.
Auch die Hallerſche, von Kant ſogenannte ſchau-
derhafte Beſchreibung der Ewigkeit pflegt beſon-
ders bewundert zu werden, aber oft gerade nicht wegen
derjenigen Seite, die das wahrhafte Verdienſt derſelben
ausmacht:
„Ich haͤuffe ungeheure Zahlen,
Gebuͤrge Millionen auf,
Ich ſetze Zeit auf Zeit, und Welt auf Welt zu Hauff,
Und wenn ich von der grauſen Hoͤh
Mit Schwindeln wieder nach dir ſeh,
Iſt alle Macht der Zahl, vermehrt zu tauſendmahlen,
Noch nicht ein Theil von dir.“
„Ich
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |