ist anfangs die Form der Reihe gebraucht oder auch neuerlich wieder hervorgerufen worden. Aber sie ist für dasselbe nicht wesentlich; im Gegentheil ist das Unendli- che der unendlichen Reihe wesentlich von ihm unterschie- den, wie die Folge zeigen soll; es steht sogar dem Aus- drucke des Bruches nach.
Die unendliche Reihe enthält nemlich darum die schlechte Unendlichkeit, weil das was sie ausdrücken soll, ein Sollen bleibt; und was sie ausdrückt, mit einem Jenseits, das nicht verschwindet, behaftet und ver- schieden von dem ist, was ausgedrückt werden soll. Sie ist unendlich nicht um der Glieder willen, die gesetzt sind, sondern darum, weil sie unvollständig sind, weil das An- dere das zu ihnen wesentlich gehört, jenseits ihrer ist; was in ihr da ist, der gesetzten Glieder mögen so viele seyn als wollen, ist nur ein endliches, und zwar gesetzt als endliches, als solches, das nicht ist, was es seyn soll. Dagegen ist das, was der endliche Aus- druck, oder die Summe einer solchen Reihe genannt wird, ohne Mangel; er enthält vielmehr das, was die Reihe nur sucht, vollständig; das Jenseits ist aus seiner Flucht zurückgerufen; was er ist, und was er seyn soll, ist nicht getrennt, sondern ist dasselbe. Er enthält also keine Endlichkeit, nicht ein solches, über das hinausge- sehen werden muß.
Diß kann auch so betrachtet werden, daß in der unendlichen Reihe das Negative ausserhalb ihrer Glie- der ist, welche Gegenwart haben, indem sie nur als Theile der Anzahl gelten. In dem endlichen Ausdrucke dagegen, der ein Verhältniß ist, ist das Negative im- manent, als das Bestimmtseyn der Seiten des Verhält- nisses durcheinander.
In
Quantitaͤt.
iſt anfangs die Form der Reihe gebraucht oder auch neuerlich wieder hervorgerufen worden. Aber ſie iſt fuͤr daſſelbe nicht weſentlich; im Gegentheil iſt das Unendli- che der unendlichen Reihe weſentlich von ihm unterſchie- den, wie die Folge zeigen ſoll; es ſteht ſogar dem Aus- drucke des Bruches nach.
Die unendliche Reihe enthaͤlt nemlich darum die ſchlechte Unendlichkeit, weil das was ſie ausdruͤcken ſoll, ein Sollen bleibt; und was ſie ausdruͤckt, mit einem Jenſeits, das nicht verſchwindet, behaftet und ver- ſchieden von dem iſt, was ausgedruͤckt werden ſoll. Sie iſt unendlich nicht um der Glieder willen, die geſetzt ſind, ſondern darum, weil ſie unvollſtaͤndig ſind, weil das An- dere das zu ihnen weſentlich gehoͤrt, jenſeits ihrer iſt; was in ihr da iſt, der geſetzten Glieder moͤgen ſo viele ſeyn als wollen, iſt nur ein endliches, und zwar geſetzt als endliches, als ſolches, das nicht iſt, was es ſeyn ſoll. Dagegen iſt das, was der endliche Aus- druck, oder die Summe einer ſolchen Reihe genannt wird, ohne Mangel; er enthaͤlt vielmehr das, was die Reihe nur ſucht, vollſtaͤndig; das Jenſeits iſt aus ſeiner Flucht zuruͤckgerufen; was er iſt, und was er ſeyn ſoll, iſt nicht getrennt, ſondern iſt daſſelbe. Er enthaͤlt alſo keine Endlichkeit, nicht ein ſolches, uͤber das hinausge- ſehen werden muß.
Diß kann auch ſo betrachtet werden, daß in der unendlichen Reihe das Negative auſſerhalb ihrer Glie- der iſt, welche Gegenwart haben, indem ſie nur als Theile der Anzahl gelten. In dem endlichen Ausdrucke dagegen, der ein Verhaͤltniß iſt, iſt das Negative im- manent, als das Beſtimmtſeyn der Seiten des Verhaͤlt- niſſes durcheinander.
In
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><p><pbfacs="#f0265"n="217"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Quantitaͤt</hi>.</fw><lb/>
iſt anfangs <hirendition="#g">die Form der Reihe</hi> gebraucht oder auch<lb/>
neuerlich wieder hervorgerufen worden. Aber ſie iſt fuͤr<lb/>
daſſelbe nicht weſentlich; im Gegentheil iſt das Unendli-<lb/>
che der unendlichen Reihe weſentlich von ihm unterſchie-<lb/>
den, wie die Folge zeigen ſoll; es ſteht ſogar dem Aus-<lb/>
drucke des Bruches nach.</p><lb/><p>Die <hirendition="#g">unendliche Reihe</hi> enthaͤlt nemlich darum<lb/>
die ſchlechte Unendlichkeit, weil das was ſie ausdruͤcken<lb/>ſoll, ein <hirendition="#g">Sollen</hi> bleibt; und was ſie ausdruͤckt, mit<lb/>
einem Jenſeits, das nicht verſchwindet, behaftet und ver-<lb/>ſchieden von dem iſt, was ausgedruͤckt werden ſoll. Sie<lb/>
iſt unendlich nicht um der Glieder willen, die geſetzt ſind,<lb/>ſondern darum, weil ſie unvollſtaͤndig ſind, weil das An-<lb/>
dere das zu ihnen weſentlich gehoͤrt, jenſeits ihrer iſt;<lb/>
was in ihr da iſt, der geſetzten Glieder moͤgen ſo viele<lb/>ſeyn als wollen, iſt nur ein endliches, und zwar geſetzt<lb/>
als endliches, als ſolches, das nicht iſt, was es ſeyn<lb/>ſoll. Dagegen iſt das, was der <hirendition="#g">endliche Aus-<lb/>
druck</hi>, oder die <hirendition="#g">Summe</hi> einer ſolchen Reihe genannt<lb/>
wird, ohne Mangel; er enthaͤlt vielmehr das, was die<lb/>
Reihe nur ſucht, vollſtaͤndig; das Jenſeits iſt aus ſeiner<lb/>
Flucht zuruͤckgerufen; was er iſt, und was er ſeyn ſoll,<lb/>
iſt nicht getrennt, ſondern iſt daſſelbe. Er enthaͤlt alſo<lb/>
keine Endlichkeit, nicht ein ſolches, uͤber das hinausge-<lb/>ſehen werden muß.</p><lb/><p>Diß kann auch ſo betrachtet werden, daß in der<lb/>
unendlichen Reihe das <hirendition="#g">Negative</hi> auſſerhalb ihrer Glie-<lb/>
der iſt, welche Gegenwart haben, indem ſie nur als<lb/>
Theile der Anzahl gelten. In dem endlichen Ausdrucke<lb/>
dagegen, der ein Verhaͤltniß iſt, iſt das Negative im-<lb/>
manent, als das Beſtimmtſeyn der Seiten des Verhaͤlt-<lb/>
niſſes durcheinander.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">In</fw><lb/></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[217/0265]
Quantitaͤt.
iſt anfangs die Form der Reihe gebraucht oder auch
neuerlich wieder hervorgerufen worden. Aber ſie iſt fuͤr
daſſelbe nicht weſentlich; im Gegentheil iſt das Unendli-
che der unendlichen Reihe weſentlich von ihm unterſchie-
den, wie die Folge zeigen ſoll; es ſteht ſogar dem Aus-
drucke des Bruches nach.
Die unendliche Reihe enthaͤlt nemlich darum
die ſchlechte Unendlichkeit, weil das was ſie ausdruͤcken
ſoll, ein Sollen bleibt; und was ſie ausdruͤckt, mit
einem Jenſeits, das nicht verſchwindet, behaftet und ver-
ſchieden von dem iſt, was ausgedruͤckt werden ſoll. Sie
iſt unendlich nicht um der Glieder willen, die geſetzt ſind,
ſondern darum, weil ſie unvollſtaͤndig ſind, weil das An-
dere das zu ihnen weſentlich gehoͤrt, jenſeits ihrer iſt;
was in ihr da iſt, der geſetzten Glieder moͤgen ſo viele
ſeyn als wollen, iſt nur ein endliches, und zwar geſetzt
als endliches, als ſolches, das nicht iſt, was es ſeyn
ſoll. Dagegen iſt das, was der endliche Aus-
druck, oder die Summe einer ſolchen Reihe genannt
wird, ohne Mangel; er enthaͤlt vielmehr das, was die
Reihe nur ſucht, vollſtaͤndig; das Jenſeits iſt aus ſeiner
Flucht zuruͤckgerufen; was er iſt, und was er ſeyn ſoll,
iſt nicht getrennt, ſondern iſt daſſelbe. Er enthaͤlt alſo
keine Endlichkeit, nicht ein ſolches, uͤber das hinausge-
ſehen werden muß.
Diß kann auch ſo betrachtet werden, daß in der
unendlichen Reihe das Negative auſſerhalb ihrer Glie-
der iſt, welche Gegenwart haben, indem ſie nur als
Theile der Anzahl gelten. In dem endlichen Ausdrucke
dagegen, der ein Verhaͤltniß iſt, iſt das Negative im-
manent, als das Beſtimmtſeyn der Seiten des Verhaͤlt-
niſſes durcheinander.
In
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/265>, abgerufen am 26.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.