Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.Erstes Buch. III. Abschnitt. damit das Entstehen und Vergehen überhaupt aufgeho-ben, oder das An-sich, das Innere, in welchem etwas vor seinem Daseyn ist, in eine Kleinheit des äusserlichen Daseyns verwandelt, und der wesentliche, oder der Be- griffsunterschied in einen äusserlichen, bloßen Größenun- terschied. -- Das Begreiflichmachen eines Entstehens oder Vergehens aus der Allmähligkeit der Veränderung hat die der Tavtologie eigene Langweiligkeit, weil es das Entstehende oder Vergehende schon vorher ganz fertig hat, und die Veränderung zu einer bloßen Aenderung eines äusserlichen Unterschiedes macht, wodurch sie in der That nur eine Tavtologie ist. Im Moralischen, insofern es in der Sphäre C. Das
Erſtes Buch. III. Abſchnitt. damit das Entſtehen und Vergehen uͤberhaupt aufgeho-ben, oder das An-ſich, das Innere, in welchem etwas vor ſeinem Daſeyn iſt, in eine Kleinheit des aͤuſſerlichen Daſeyns verwandelt, und der weſentliche, oder der Be- griffsunterſchied in einen aͤuſſerlichen, bloßen Groͤßenun- terſchied. — Das Begreiflichmachen eines Entſtehens oder Vergehens aus der Allmaͤhligkeit der Veraͤnderung hat die der Tavtologie eigene Langweiligkeit, weil es das Entſtehende oder Vergehende ſchon vorher ganz fertig hat, und die Veraͤnderung zu einer bloßen Aenderung eines aͤuſſerlichen Unterſchiedes macht, wodurch ſie in der That nur eine Tavtologie iſt. Im Moraliſchen, inſofern es in der Sphaͤre C. Das
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Erſtes Buch. III. Abſchnitt.
damit das Entſtehen und Vergehen uͤberhaupt aufgeho-
ben, oder das An-ſich, das Innere, in welchem etwas
vor ſeinem Daſeyn iſt, in eine Kleinheit des aͤuſſerlichen
Daſeyns verwandelt, und der weſentliche, oder der Be-
griffsunterſchied in einen aͤuſſerlichen, bloßen Groͤßenun-
terſchied. — Das Begreiflichmachen eines Entſtehens
oder Vergehens aus der Allmaͤhligkeit der Veraͤnderung
hat die der Tavtologie eigene Langweiligkeit, weil es das
Entſtehende oder Vergehende ſchon vorher ganz fertig
hat, und die Veraͤnderung zu einer bloßen Aenderung
eines aͤuſſerlichen Unterſchiedes macht, wodurch ſie in
der That nur eine Tavtologie iſt.
Im Moraliſchen, inſofern es in der Sphaͤre
des Seyns zu betrachten iſt, findet derſelbe Uebergang
des Quantitativen ins Qualitative ſtatt; oder verſchie-
dene Qualitaͤten gruͤnden ſich auf eine Verſchiedenheit
des Quantums. Es iſt ein Mehr oder Weniger, wo-
durch das Maaß des Leichtſinns uͤberſchritten wird, und
etwas ganz anderes, Verbrechen, hervortritt, wodurch
Recht in Unrecht, Tugend in Laſter uͤbergeht. — So
erhalten auch Staaten durch ihren Groͤßenunterſchied,
wenn das uͤbrige als gleich angenommen wird, einen ver-
ſchiedenen qualitativen Charakter. Geſetze und Verfaſ-
ſung werden zu etwas Anderem, wenn der Umfang des
Staats und die Anzahl der Buͤrger ſich erweitert. Der
Staat hat ein Maaß ſeiner Groͤße, uͤber welche hinaus-
getrieben, er haltungslos in ſich zerfaͤllt, unter derſelben
Verfaſſung, welche bey einem andern Umfang ſein Gluͤck
und ſeine Staͤrke ausmachte.
C. Das
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