Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813.Zweytes Buch. I. Abschnitt. liegt ihre Nothwendigkeit, aber zugleich ihre Tavtologie.Der reale Grund enthält einen verschiedenen Inhalt, da- mit tritt aber die Zufälligkeit und Aeusserlichkeit der Grundbeziehung ein. Einerseits ist dasjenige, was als das Wesentliche und deswegen als die Grundbestimmung betrachtet wird, nicht Grund der andern Bestimmungen, die mit ihr verknüpft sind. Andererseits ist es auch un- bestimmt, welche von mehrern Inhaltsbestimmungen ei- nes concreten Dinges als die wesentliche und als Grund angenommen werden soll; die Wahl ist daher zwischen ih- nen frey. So ist in ersterer Rüksicht z. B. der Grund eines Hauses die Unterlage desselben; wodurch diese Grund ist, ist die der sinnlichen Materie inwohnende Schwere, das sowohl in dem Grunde als dem begrün- deten Hause schlechthin identische. Daß an der schweren Materie nun ein solcher Unterschied ist, wie der einer Unterlage und einer davon unterschiedenen Modification, wodurch sie eine Wohnung ausmacht, ist dem Schweren selbst vollkommen gleichgültig, seine Beziehung auf die andern Inhaltsbestimmungen des Zwecks, der Einrich- tung des Hauses u. s. f. ist ihm äusserlich; es ist daher wohl Grundlage, aber nicht Grund derselben. Die Schwere ist so sehr als Grund, daß ein Haus steht, auch Grund, daß ein Stein fällt; der Stein hat diesen Grund, die Schwere, in sich; aber daß er eine weitere Inhaltsbe- stimmung hat, wodurch er nicht bloß ein Schweres, son- dern Stein ist, ist der Schwere äusserlich; es ist ferner durch ein anderes gesetzt, daß er von dem Körper vorher entfernt worden sey, auf welchen er fällt, wie auch die Zeit und der Raum und deren Beziehung, die Bewegung, ein anderer Inhalt als die Schwere sind, und ohne sie (wie man zu sprechen pflegt) vorgestellt werden können, folglich nicht wesentlich durch sie gesetzt sind. -- Sie ist auch so sehr Grund, daß ein Projectil die dem Fallen ent- gegengesetzte Wurfbewegung macht. -- Aus der Ver- schieden-
Zweytes Buch. I. Abſchnitt. liegt ihre Nothwendigkeit, aber zugleich ihre Tavtologie.Der reale Grund enthaͤlt einen verſchiedenen Inhalt, da- mit tritt aber die Zufaͤlligkeit und Aeuſſerlichkeit der Grundbeziehung ein. Einerſeits iſt dasjenige, was als das Weſentliche und deswegen als die Grundbeſtimmung betrachtet wird, nicht Grund der andern Beſtimmungen, die mit ihr verknuͤpft ſind. Andererſeits iſt es auch un- beſtimmt, welche von mehrern Inhaltsbeſtimmungen ei- nes concreten Dinges als die weſentliche und als Grund angenommen werden ſoll; die Wahl iſt daher zwiſchen ih- nen frey. So iſt in erſterer Ruͤkſicht z. B. der Grund eines Hauſes die Unterlage deſſelben; wodurch dieſe Grund iſt, iſt die der ſinnlichen Materie inwohnende Schwere, das ſowohl in dem Grunde als dem begruͤn- deten Hauſe ſchlechthin identiſche. Daß an der ſchweren Materie nun ein ſolcher Unterſchied iſt, wie der einer Unterlage und einer davon unterſchiedenen Modification, wodurch ſie eine Wohnung ausmacht, iſt dem Schweren ſelbſt vollkommen gleichguͤltig, ſeine Beziehung auf die andern Inhaltsbeſtimmungen des Zwecks, der Einrich- tung des Hauſes u. ſ. f. iſt ihm aͤuſſerlich; es iſt daher wohl Grundlage, aber nicht Grund derſelben. Die Schwere iſt ſo ſehr als Grund, daß ein Haus ſteht, auch Grund, daß ein Stein faͤllt; der Stein hat dieſen Grund, die Schwere, in ſich; aber daß er eine weitere Inhaltsbe- ſtimmung hat, wodurch er nicht bloß ein Schweres, ſon- dern Stein iſt, iſt der Schwere aͤuſſerlich; es iſt ferner durch ein anderes geſetzt, daß er von dem Koͤrper vorher entfernt worden ſey, auf welchen er faͤllt, wie auch die Zeit und der Raum und deren Beziehung, die Bewegung, ein anderer Inhalt als die Schwere ſind, und ohne ſie (wie man zu ſprechen pflegt) vorgeſtellt werden koͤnnen, folglich nicht weſentlich durch ſie geſetzt ſind. — Sie iſt auch ſo ſehr Grund, daß ein Projectil die dem Fallen ent- gegengeſetzte Wurfbewegung macht. — Aus der Ver- ſchieden-
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Zweytes Buch. I. Abſchnitt.
liegt ihre Nothwendigkeit, aber zugleich ihre Tavtologie.
Der reale Grund enthaͤlt einen verſchiedenen Inhalt, da-
mit tritt aber die Zufaͤlligkeit und Aeuſſerlichkeit der
Grundbeziehung ein. Einerſeits iſt dasjenige, was als
das Weſentliche und deswegen als die Grundbeſtimmung
betrachtet wird, nicht Grund der andern Beſtimmungen,
die mit ihr verknuͤpft ſind. Andererſeits iſt es auch un-
beſtimmt, welche von mehrern Inhaltsbeſtimmungen ei-
nes concreten Dinges als die weſentliche und als Grund
angenommen werden ſoll; die Wahl iſt daher zwiſchen ih-
nen frey. So iſt in erſterer Ruͤkſicht z. B. der Grund
eines Hauſes die Unterlage deſſelben; wodurch dieſe
Grund iſt, iſt die der ſinnlichen Materie inwohnende
Schwere, das ſowohl in dem Grunde als dem begruͤn-
deten Hauſe ſchlechthin identiſche. Daß an der ſchweren
Materie nun ein ſolcher Unterſchied iſt, wie der einer
Unterlage und einer davon unterſchiedenen Modification,
wodurch ſie eine Wohnung ausmacht, iſt dem Schweren
ſelbſt vollkommen gleichguͤltig, ſeine Beziehung auf die
andern Inhaltsbeſtimmungen des Zwecks, der Einrich-
tung des Hauſes u. ſ. f. iſt ihm aͤuſſerlich; es iſt daher
wohl Grundlage, aber nicht Grund derſelben. Die
Schwere iſt ſo ſehr als Grund, daß ein Haus ſteht, auch
Grund, daß ein Stein faͤllt; der Stein hat dieſen Grund,
die Schwere, in ſich; aber daß er eine weitere Inhaltsbe-
ſtimmung hat, wodurch er nicht bloß ein Schweres, ſon-
dern Stein iſt, iſt der Schwere aͤuſſerlich; es iſt ferner
durch ein anderes geſetzt, daß er von dem Koͤrper vorher
entfernt worden ſey, auf welchen er faͤllt, wie auch die
Zeit und der Raum und deren Beziehung, die Bewegung,
ein anderer Inhalt als die Schwere ſind, und ohne ſie
(wie man zu ſprechen pflegt) vorgeſtellt werden koͤnnen,
folglich nicht weſentlich durch ſie geſetzt ſind. — Sie iſt
auch ſo ſehr Grund, daß ein Projectil die dem Fallen ent-
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