Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Erscheinung.
C.
Auflösung der Erscheinung.

Die an und für sich seyende Welt ist der bestimm-
te
Grund der erscheinenden Welt, und ist diß nur, inso-
fern sie an ihr selbst das negative Moment und damit die
Totalität der Inhaltsbestimmungen und ihrer Verände-
rungen ist, welche der erscheinenden Welt entspricht,
aber zugleich ihre durchaus entgegengesetzte Seite aus-
macht. Beyde Welten verhalten sich also so zu einander,
daß was in der erscheinenden Welt positiv, in der an
und für sich seyenden Welt negativ, umgekehrt was in
jener negativ, in dieser positiv ist. Der Nordpol in der
erscheinenden Welt, ist an und für sich der Südpol,
und umgekehrt; die positive Electricität ist an sich negative
u. s. f. Was im erscheinenden Daseyn böse, Unglük u.
s. f. ist, ist an und für sich gut und ein Glück *).

In der That ist gerade in diesem Gegensatz beyder
Welten ihr Unterschied verschwunden, und was
an und für sich seyende Welt seyn sollte, ist selbst erschei-
nende Welt, und diese umgekehrt an ihr selbst wesentliche
Welt. -- Die erscheinende Welt ist zunächst be-
stimmt als die Reflexion in das Andersseyn, so daß ihre
Bestimmungen und Existenzen in einem Andern ihren
Grund und Bestehen haben; aber indem diß Andre gleich-
falls ein solches in ein anderes reflectirtes ist,
so beziehen sie sich darin nur auf ein sich aufhebendes An-
deres, somit auf sich selbst; die erscheinende Welt ist
hiemit an ihr selbst sich selbst gleiches Gesetz. --

Umge-
*) Vergl. Phänomenologie des Geistes. S. 88. ff.
Die Erſcheinung.
C.
Aufloͤſung der Erſcheinung.

Die an und fuͤr ſich ſeyende Welt iſt der beſtimm-
te
Grund der erſcheinenden Welt, und iſt diß nur, inſo-
fern ſie an ihr ſelbſt das negative Moment und damit die
Totalitaͤt der Inhaltsbeſtimmungen und ihrer Veraͤnde-
rungen iſt, welche der erſcheinenden Welt entſpricht,
aber zugleich ihre durchaus entgegengeſetzte Seite aus-
macht. Beyde Welten verhalten ſich alſo ſo zu einander,
daß was in der erſcheinenden Welt poſitiv, in der an
und fuͤr ſich ſeyenden Welt negativ, umgekehrt was in
jener negativ, in dieſer poſitiv iſt. Der Nordpol in der
erſcheinenden Welt, iſt an und fuͤr ſich der Suͤdpol,
und umgekehrt; die poſitive Electricitaͤt iſt an ſich negative
u. ſ. f. Was im erſcheinenden Daſeyn boͤſe, Ungluͤk u.
ſ. f. iſt, iſt an und fuͤr ſich gut und ein Gluͤck *).

In der That iſt gerade in dieſem Gegenſatz beyder
Welten ihr Unterſchied verſchwunden, und was
an und fuͤr ſich ſeyende Welt ſeyn ſollte, iſt ſelbſt erſchei-
nende Welt, und dieſe umgekehrt an ihr ſelbſt weſentliche
Welt. — Die erſcheinende Welt iſt zunaͤchſt be-
ſtimmt als die Reflexion in das Andersſeyn, ſo daß ihre
Beſtimmungen und Exiſtenzen in einem Andern ihren
Grund und Beſtehen haben; aber indem diß Andre gleich-
falls ein ſolches in ein anderes reflectirtes iſt,
ſo beziehen ſie ſich darin nur auf ein ſich aufhebendes An-
deres, ſomit auf ſich ſelbſt; die erſcheinende Welt iſt
hiemit an ihr ſelbſt ſich ſelbſt gleiches Geſetz. —

Umge-
*) Vergl. Phaͤnomenologie des Geiſtes. S. 88. ff.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0195" n="183"/>
              <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Er&#x017F;cheinung</hi>.</fw><lb/>
              <div n="5">
                <head><hi rendition="#aq">C.</hi><lb/><hi rendition="#g">Auflo&#x0364;&#x017F;ung der Er&#x017F;cheinung</hi>.</head><lb/>
                <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
                <p>Die an und fu&#x0364;r &#x017F;ich &#x017F;eyende Welt i&#x017F;t der <hi rendition="#g">be&#x017F;timm-<lb/>
te</hi> Grund der er&#x017F;cheinenden Welt, und i&#x017F;t diß nur, in&#x017F;o-<lb/>
fern &#x017F;ie an ihr &#x017F;elb&#x017F;t das negative Moment und damit die<lb/>
Totalita&#x0364;t der Inhaltsbe&#x017F;timmungen und ihrer Vera&#x0364;nde-<lb/>
rungen i&#x017F;t, welche der er&#x017F;cheinenden Welt ent&#x017F;pricht,<lb/>
aber zugleich ihre durchaus entgegenge&#x017F;etzte Seite aus-<lb/>
macht. Beyde Welten verhalten &#x017F;ich al&#x017F;o &#x017F;o zu einander,<lb/>
daß was in der er&#x017F;cheinenden Welt po&#x017F;itiv, in der an<lb/>
und fu&#x0364;r &#x017F;ich &#x017F;eyenden Welt negativ, umgekehrt was in<lb/>
jener negativ, in die&#x017F;er po&#x017F;itiv i&#x017F;t. Der Nordpol in der<lb/>
er&#x017F;cheinenden Welt, i&#x017F;t <hi rendition="#g">an und fu&#x0364;r &#x017F;ich</hi> der Su&#x0364;dpol,<lb/>
und umgekehrt; die po&#x017F;itive Electricita&#x0364;t i&#x017F;t <hi rendition="#g">an &#x017F;ich</hi> negative<lb/>
u. &#x017F;. f. Was im er&#x017F;cheinenden Da&#x017F;eyn bo&#x0364;&#x017F;e, Unglu&#x0364;k u.<lb/>
&#x017F;. f. i&#x017F;t, i&#x017F;t <hi rendition="#g">an und fu&#x0364;r &#x017F;ich</hi> gut und ein Glu&#x0364;ck <note place="foot" n="*)">Vergl. Pha&#x0364;nomenologie des Gei&#x017F;tes. S. 88. ff.</note>.</p><lb/>
                <p>In der That i&#x017F;t gerade in die&#x017F;em Gegen&#x017F;atz beyder<lb/>
Welten <hi rendition="#g">ihr Unter&#x017F;chied ver&#x017F;chwunden</hi>, und was<lb/>
an und fu&#x0364;r &#x017F;ich &#x017F;eyende Welt &#x017F;eyn &#x017F;ollte, i&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t er&#x017F;chei-<lb/>
nende Welt, und die&#x017F;e umgekehrt an ihr &#x017F;elb&#x017F;t we&#x017F;entliche<lb/>
Welt. &#x2014; Die <hi rendition="#g">er&#x017F;cheinende Welt</hi> i&#x017F;t zuna&#x0364;ch&#x017F;t be-<lb/>
&#x017F;timmt als die Reflexion in das Anders&#x017F;eyn, &#x017F;o daß ihre<lb/>
Be&#x017F;timmungen und Exi&#x017F;tenzen in einem Andern ihren<lb/>
Grund und Be&#x017F;tehen haben; aber indem diß Andre gleich-<lb/>
falls ein &#x017F;olches <hi rendition="#g">in ein anderes reflectirtes</hi> i&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;o beziehen &#x017F;ie &#x017F;ich darin nur auf ein &#x017F;ich aufhebendes An-<lb/>
deres, &#x017F;omit <hi rendition="#g">auf &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t</hi>; die er&#x017F;cheinende Welt i&#x017F;t<lb/>
hiemit <hi rendition="#g">an ihr &#x017F;elb&#x017F;t</hi> &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t gleiches Ge&#x017F;etz. &#x2014;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Umge-</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0195] Die Erſcheinung. C. Aufloͤſung der Erſcheinung. Die an und fuͤr ſich ſeyende Welt iſt der beſtimm- te Grund der erſcheinenden Welt, und iſt diß nur, inſo- fern ſie an ihr ſelbſt das negative Moment und damit die Totalitaͤt der Inhaltsbeſtimmungen und ihrer Veraͤnde- rungen iſt, welche der erſcheinenden Welt entſpricht, aber zugleich ihre durchaus entgegengeſetzte Seite aus- macht. Beyde Welten verhalten ſich alſo ſo zu einander, daß was in der erſcheinenden Welt poſitiv, in der an und fuͤr ſich ſeyenden Welt negativ, umgekehrt was in jener negativ, in dieſer poſitiv iſt. Der Nordpol in der erſcheinenden Welt, iſt an und fuͤr ſich der Suͤdpol, und umgekehrt; die poſitive Electricitaͤt iſt an ſich negative u. ſ. f. Was im erſcheinenden Daſeyn boͤſe, Ungluͤk u. ſ. f. iſt, iſt an und fuͤr ſich gut und ein Gluͤck *). In der That iſt gerade in dieſem Gegenſatz beyder Welten ihr Unterſchied verſchwunden, und was an und fuͤr ſich ſeyende Welt ſeyn ſollte, iſt ſelbſt erſchei- nende Welt, und dieſe umgekehrt an ihr ſelbſt weſentliche Welt. — Die erſcheinende Welt iſt zunaͤchſt be- ſtimmt als die Reflexion in das Andersſeyn, ſo daß ihre Beſtimmungen und Exiſtenzen in einem Andern ihren Grund und Beſtehen haben; aber indem diß Andre gleich- falls ein ſolches in ein anderes reflectirtes iſt, ſo beziehen ſie ſich darin nur auf ein ſich aufhebendes An- deres, ſomit auf ſich ſelbſt; die erſcheinende Welt iſt hiemit an ihr ſelbſt ſich ſelbſt gleiches Geſetz. — Umge- *) Vergl. Phaͤnomenologie des Geiſtes. S. 88. ff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/195
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/195>, abgerufen am 23.11.2024.