Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweytes Buch. III. Abschnitt.
welches eine und dieselbe Wirklichkeit ist, das einemal
in der ihm äussern Form eines thätigen, das heißt, mit
einem von ihm verschiedenen Thätigen äusserlich verbun-
den, das andremal aber in der ihm eben so äusserlichen
Bestimmung einer Wirkung. -- Die Ursache einer That
ist die innere Gesinnung in einem thätigen Subject, die
als äusseres Daseyn, das sie durch die Handlung erhält,
derselbe Inhalt und Werth ist. Wenn die Bewegung
eines Körpers als Wirkung betrachtet wird, so ist die
Ursache derselben eine stossende Kraft; aber es ist das-
selbe Quantum der Bewegung, das vor und nach dem
Stoß vorhanden ist, dieselbe Existenz, welche der stossen-
de Körper enthielt, und dem gestossenen mittheilte; und
so viel er mittheilt, so viel verliert er selbst.

Die Ursache, z. B. der Mahler, oder der stossende
Körper hat wohl noch einen andern Inhalt, jener,
als die Farben und deren sie zum Gemählde verbindende
Form; dieser, als eine Bewegung von bestimmter Stärke
und Richtung. Allein dieser weitere Inhalt ist ein zu-
fälliges Beywesen, das die Ursache nichts angeht; was
der Mahler sonst für Qualitäten enthält, abstrahirt da-
von, daß er Mahler dieses Gemähldes ist, diß tritt
nicht in dieses Gemählde ein; nur was von seinen Ei-
genschaften sich in der Wirkung darstellt, ist in ihm
als Ursache vorhanden, nach seinen übrigen Eigen-
schaften ist er nicht Ursache. So ob der stossende Körper
Stein oder Holz, grün, gelb ist u. s. f. diß tritt nicht in
seinen Stoß ein; insofern ist er nicht Ursache.

Es ist in Rüksicht dieser Tavtologie des Cau-
salitätsverhältnisses zu bemerken, daß es dieselbe dann
nicht zu enthalten scheint, wenn nicht die nächste, son-
dern die entfernte Ursache einer Wirkung angege-
ben wird. Die Formveränderung, welche die zu Grunde

liegende

Zweytes Buch. III. Abſchnitt.
welches eine und dieſelbe Wirklichkeit iſt, das einemal
in der ihm aͤuſſern Form eines thaͤtigen, das heißt, mit
einem von ihm verſchiedenen Thaͤtigen aͤuſſerlich verbun-
den, das andremal aber in der ihm eben ſo aͤuſſerlichen
Beſtimmung einer Wirkung. — Die Urſache einer That
iſt die innere Geſinnung in einem thaͤtigen Subject, die
als aͤuſſeres Daſeyn, das ſie durch die Handlung erhaͤlt,
derſelbe Inhalt und Werth iſt. Wenn die Bewegung
eines Koͤrpers als Wirkung betrachtet wird, ſo iſt die
Urſache derſelben eine ſtoſſende Kraft; aber es iſt daſ-
ſelbe Quantum der Bewegung, das vor und nach dem
Stoß vorhanden iſt, dieſelbe Exiſtenz, welche der ſtoſſen-
de Koͤrper enthielt, und dem geſtoſſenen mittheilte; und
ſo viel er mittheilt, ſo viel verliert er ſelbſt.

Die Urſache, z. B. der Mahler, oder der ſtoſſende
Koͤrper hat wohl noch einen andern Inhalt, jener,
als die Farben und deren ſie zum Gemaͤhlde verbindende
Form; dieſer, als eine Bewegung von beſtimmter Staͤrke
und Richtung. Allein dieſer weitere Inhalt iſt ein zu-
faͤlliges Beyweſen, das die Urſache nichts angeht; was
der Mahler ſonſt fuͤr Qualitaͤten enthaͤlt, abſtrahirt da-
von, daß er Mahler dieſes Gemaͤhldes iſt, diß tritt
nicht in dieſes Gemaͤhlde ein; nur was von ſeinen Ei-
genſchaften ſich in der Wirkung darſtellt, iſt in ihm
als Urſache vorhanden, nach ſeinen uͤbrigen Eigen-
ſchaften iſt er nicht Urſache. So ob der ſtoſſende Koͤrper
Stein oder Holz, gruͤn, gelb iſt u. ſ. f. diß tritt nicht in
ſeinen Stoß ein; inſofern iſt er nicht Urſache.

Es iſt in Ruͤkſicht dieſer Tavtologie des Cau-
ſalitaͤtsverhaͤltniſſes zu bemerken, daß es dieſelbe dann
nicht zu enthalten ſcheint, wenn nicht die naͤchſte, ſon-
dern die entfernte Urſache einer Wirkung angege-
ben wird. Die Formveraͤnderung, welche die zu Grunde

liegende
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0278" n="266"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweytes Buch</hi>. <hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#g">Ab&#x017F;chnitt</hi>.</fw><lb/>
welches eine und die&#x017F;elbe Wirklichkeit i&#x017F;t, das einemal<lb/>
in der ihm a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ern Form eines tha&#x0364;tigen, das heißt, mit<lb/>
einem von ihm ver&#x017F;chiedenen Tha&#x0364;tigen a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich verbun-<lb/>
den, das andremal aber in der ihm eben &#x017F;o a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen<lb/>
Be&#x017F;timmung einer Wirkung. &#x2014; Die Ur&#x017F;ache einer <hi rendition="#g">That</hi><lb/>
i&#x017F;t die innere Ge&#x017F;innung in einem tha&#x0364;tigen Subject, die<lb/>
als a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;eres Da&#x017F;eyn, das &#x017F;ie durch die Handlung erha&#x0364;lt,<lb/>
der&#x017F;elbe Inhalt und Werth i&#x017F;t. Wenn die <hi rendition="#g">Bewegung</hi><lb/>
eines Ko&#x0364;rpers als Wirkung betrachtet wird, &#x017F;o i&#x017F;t die<lb/>
Ur&#x017F;ache der&#x017F;elben eine <hi rendition="#g">&#x017F;to&#x017F;&#x017F;ende</hi> Kraft; aber es i&#x017F;t da&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elbe Quantum der Bewegung, das vor und nach dem<lb/>
Stoß vorhanden i&#x017F;t, die&#x017F;elbe Exi&#x017F;tenz, welche der &#x017F;to&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
de Ko&#x0364;rper enthielt, und dem ge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;enen mittheilte; und<lb/>
&#x017F;o viel er mittheilt, &#x017F;o viel verliert er &#x017F;elb&#x017F;t.</p><lb/>
                  <p>Die Ur&#x017F;ache, z. B. der Mahler, oder der &#x017F;to&#x017F;&#x017F;ende<lb/>
Ko&#x0364;rper hat wohl <hi rendition="#g">noch einen andern</hi> Inhalt, jener,<lb/>
als die Farben und deren &#x017F;ie zum Gema&#x0364;hlde verbindende<lb/>
Form; die&#x017F;er, als eine Bewegung von be&#x017F;timmter Sta&#x0364;rke<lb/>
und Richtung. Allein die&#x017F;er weitere Inhalt i&#x017F;t ein zu-<lb/>
fa&#x0364;lliges Beywe&#x017F;en, das die Ur&#x017F;ache nichts angeht; was<lb/>
der Mahler &#x017F;on&#x017F;t fu&#x0364;r Qualita&#x0364;ten entha&#x0364;lt, ab&#x017F;trahirt da-<lb/>
von, daß er Mahler die&#x017F;es Gema&#x0364;hldes i&#x017F;t, diß tritt<lb/>
nicht in die&#x017F;es Gema&#x0364;hlde ein; nur was von &#x017F;einen Ei-<lb/>
gen&#x017F;chaften &#x017F;ich in der <hi rendition="#g">Wirkung</hi> dar&#x017F;tellt, i&#x017F;t in ihm<lb/><hi rendition="#g">als Ur&#x017F;ache</hi> vorhanden, nach &#x017F;einen u&#x0364;brigen Eigen-<lb/>
&#x017F;chaften i&#x017F;t er nicht Ur&#x017F;ache. So ob der &#x017F;to&#x017F;&#x017F;ende Ko&#x0364;rper<lb/>
Stein oder Holz, gru&#x0364;n, gelb i&#x017F;t u. &#x017F;. f. diß tritt nicht in<lb/>
&#x017F;einen Stoß ein; in&#x017F;ofern i&#x017F;t er nicht Ur&#x017F;ache.</p><lb/>
                  <p>Es i&#x017F;t in Ru&#x0364;k&#x017F;icht <hi rendition="#g">die&#x017F;er Tavtologie</hi> des Cau-<lb/>
&#x017F;alita&#x0364;tsverha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;es zu bemerken, daß es die&#x017F;elbe dann<lb/>
nicht zu enthalten &#x017F;cheint, wenn nicht die na&#x0364;ch&#x017F;te, &#x017F;on-<lb/>
dern die <hi rendition="#g">entfernte Ur&#x017F;ache</hi> einer Wirkung angege-<lb/>
ben wird. Die Formvera&#x0364;nderung, welche die zu Grunde<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">liegende</fw><lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[266/0278] Zweytes Buch. III. Abſchnitt. welches eine und dieſelbe Wirklichkeit iſt, das einemal in der ihm aͤuſſern Form eines thaͤtigen, das heißt, mit einem von ihm verſchiedenen Thaͤtigen aͤuſſerlich verbun- den, das andremal aber in der ihm eben ſo aͤuſſerlichen Beſtimmung einer Wirkung. — Die Urſache einer That iſt die innere Geſinnung in einem thaͤtigen Subject, die als aͤuſſeres Daſeyn, das ſie durch die Handlung erhaͤlt, derſelbe Inhalt und Werth iſt. Wenn die Bewegung eines Koͤrpers als Wirkung betrachtet wird, ſo iſt die Urſache derſelben eine ſtoſſende Kraft; aber es iſt daſ- ſelbe Quantum der Bewegung, das vor und nach dem Stoß vorhanden iſt, dieſelbe Exiſtenz, welche der ſtoſſen- de Koͤrper enthielt, und dem geſtoſſenen mittheilte; und ſo viel er mittheilt, ſo viel verliert er ſelbſt. Die Urſache, z. B. der Mahler, oder der ſtoſſende Koͤrper hat wohl noch einen andern Inhalt, jener, als die Farben und deren ſie zum Gemaͤhlde verbindende Form; dieſer, als eine Bewegung von beſtimmter Staͤrke und Richtung. Allein dieſer weitere Inhalt iſt ein zu- faͤlliges Beyweſen, das die Urſache nichts angeht; was der Mahler ſonſt fuͤr Qualitaͤten enthaͤlt, abſtrahirt da- von, daß er Mahler dieſes Gemaͤhldes iſt, diß tritt nicht in dieſes Gemaͤhlde ein; nur was von ſeinen Ei- genſchaften ſich in der Wirkung darſtellt, iſt in ihm als Urſache vorhanden, nach ſeinen uͤbrigen Eigen- ſchaften iſt er nicht Urſache. So ob der ſtoſſende Koͤrper Stein oder Holz, gruͤn, gelb iſt u. ſ. f. diß tritt nicht in ſeinen Stoß ein; inſofern iſt er nicht Urſache. Es iſt in Ruͤkſicht dieſer Tavtologie des Cau- ſalitaͤtsverhaͤltniſſes zu bemerken, daß es dieſelbe dann nicht zu enthalten ſcheint, wenn nicht die naͤchſte, ſon- dern die entfernte Urſache einer Wirkung angege- ben wird. Die Formveraͤnderung, welche die zu Grunde liegende

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/278
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/278>, abgerufen am 04.12.2024.