Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813.Zweytes Buch. I. Abschnitt. sondern soll gewöhnlich so viel heissen, daß einem Dingevon allen Prädicaten entweder dieses Prädicat selbst oder sein Nichtseyn zukomme. Das Entgegengesetzte bedeutet hier bloß den Mangel oder vielmehr die Unbestimmt- heit; und der Satz ist so unbedeutend, daß es nicht der Mühe ist, ihn zu sagen. Wenn die Bestimmungen süß, grün, viereckig genommen, -- und es sollen alle Prä- dicate genommen werden -- und nun vom Geiste gesagt wird, er sey entweder süß oder nicht süß, grün oder nicht grün, u. s. f. so ist diß eine Trivialität, die zu nichts führt. Die Bestimmtheit, das Prädicat, wird auf Etwas bezogen; das Etwas ist bestimmt, sagt der Satz aus; nun soll er wesentlich diß enthalten, daß die Bestimmtheit sich näher bestimme, zur Bestimmtheit an sich, zur Entgegensetzung werde. Statt dessen geht er aber in jenem trivialen Sinne von der Bestimmtheit nur über zu ihrem Nichtseyn überhaupt, zurück zur Unbe- stimmtheit. Der Satz des ausgeschlossenen Dritten unterscheidet die
Zweytes Buch. I. Abſchnitt. ſondern ſoll gewoͤhnlich ſo viel heiſſen, daß einem Dingevon allen Praͤdicaten entweder dieſes Praͤdicat ſelbſt oder ſein Nichtſeyn zukomme. Das Entgegengeſetzte bedeutet hier bloß den Mangel oder vielmehr die Unbeſtimmt- heit; und der Satz iſt ſo unbedeutend, daß es nicht der Muͤhe iſt, ihn zu ſagen. Wenn die Beſtimmungen ſuͤß, gruͤn, viereckig genommen, — und es ſollen alle Praͤ- dicate genommen werden — und nun vom Geiſte geſagt wird, er ſey entweder ſuͤß oder nicht ſuͤß, gruͤn oder nicht gruͤn, u. ſ. f. ſo iſt diß eine Trivialitaͤt, die zu nichts fuͤhrt. Die Beſtimmtheit, das Praͤdicat, wird auf Etwas bezogen; das Etwas iſt beſtimmt, ſagt der Satz aus; nun ſoll er weſentlich diß enthalten, daß die Beſtimmtheit ſich naͤher beſtimme, zur Beſtimmtheit an ſich, zur Entgegenſetzung werde. Statt deſſen geht er aber in jenem trivialen Sinne von der Beſtimmtheit nur uͤber zu ihrem Nichtſeyn uͤberhaupt, zuruͤck zur Unbe- ſtimmtheit. Der Satz des ausgeſchloſſenen Dritten unterſcheidet die
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0088" n="76"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweytes Buch</hi>. <hi rendition="#aq">I.</hi><hi rendition="#g">Abſchnitt</hi>.</fw><lb/> ſondern ſoll gewoͤhnlich ſo viel heiſſen, daß einem Dinge<lb/> von allen Praͤdicaten entweder dieſes Praͤdicat ſelbſt oder<lb/> ſein Nichtſeyn zukomme. Das Entgegengeſetzte bedeutet<lb/> hier bloß den Mangel oder vielmehr die <hi rendition="#g">Unbeſtimmt-<lb/> heit</hi>; und der Satz iſt ſo unbedeutend, daß es nicht der<lb/> Muͤhe iſt, ihn zu ſagen. Wenn die Beſtimmungen ſuͤß,<lb/> gruͤn, viereckig genommen, — und es ſollen alle Praͤ-<lb/> dicate genommen werden — und nun vom Geiſte geſagt<lb/> wird, er ſey entweder ſuͤß oder nicht ſuͤß, gruͤn oder<lb/> nicht gruͤn, u. ſ. f. ſo iſt diß eine Trivialitaͤt, die zu<lb/> nichts fuͤhrt. Die Beſtimmtheit, das Praͤdicat, wird<lb/> auf Etwas bezogen; das Etwas iſt beſtimmt, ſagt der<lb/> Satz aus; nun ſoll er weſentlich diß enthalten, daß die<lb/> Beſtimmtheit ſich naͤher beſtimme, zur Beſtimmtheit <hi rendition="#g">an<lb/> ſich</hi>, zur Entgegenſetzung werde. Statt deſſen geht er<lb/> aber in jenem trivialen Sinne von der Beſtimmtheit nur<lb/> uͤber zu ihrem Nichtſeyn uͤberhaupt, zuruͤck zur Unbe-<lb/> ſtimmtheit.</p><lb/> <p>Der Satz des ausgeſchloſſenen Dritten unterſcheidet<lb/> ſich ferner vom oben betrachteten Satze der Identitaͤt oder<lb/> des Widerſpruchs, der ſo hieß: es gibt nicht etwas, das<lb/><hi rendition="#g">zugleich <hi rendition="#aq">A</hi> und</hi> Nicht <hi rendition="#aq">A</hi> iſt. Er enthaͤlt, daß es nicht<lb/> Etwas <hi rendition="#g">gebe</hi>, welches <hi rendition="#g">weder <hi rendition="#aq">A</hi> noch</hi> nicht <hi rendition="#aq">A</hi>, daß es<lb/> nicht ein Drittes gebe, das gegen den Gegenſatz gleich-<lb/> guͤltig ſey. In der That aber <hi rendition="#g">gibt es</hi> in dieſem Satze<lb/> ſelbſt das Dritte, das gleichguͤltig gegen den Gegenſatz<lb/> iſt, nemlich <hi rendition="#aq">A</hi> ſelbſt iſt darin vorhanden. Diß <hi rendition="#aq">A</hi> iſt we-<lb/> der + <hi rendition="#aq">A</hi> noch — <hi rendition="#aq">A</hi>, und eben ſo wohl auch + <hi rendition="#aq">A</hi> als — <hi rendition="#aq">A</hi>.<lb/> — Das Etwas, das entweder + <hi rendition="#aq">A</hi> oder Nicht <hi rendition="#aq">A</hi> ſeyn<lb/> ſollte, iſt hiemit auf + <hi rendition="#aq">A</hi> ſowohl als Nicht <hi rendition="#aq">A</hi> bezogen;<lb/> und wieder, indem es auf <hi rendition="#aq">A</hi> bezogen iſt, ſolle es <hi rendition="#g">nicht</hi><lb/> auf Nicht <hi rendition="#aq">A</hi> bezogen ſeyn, ſo wie <hi rendition="#g">nicht</hi> auf <hi rendition="#aq">A</hi>, indem<lb/> es auf Nicht <hi rendition="#aq">A</hi> bezogen iſt. Das Etwas ſelbſt iſt alſo<lb/> das Dritte, welches ausgeſchloſſen ſeyn ſollte. Indem<lb/> <fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [76/0088]
Zweytes Buch. I. Abſchnitt.
ſondern ſoll gewoͤhnlich ſo viel heiſſen, daß einem Dinge
von allen Praͤdicaten entweder dieſes Praͤdicat ſelbſt oder
ſein Nichtſeyn zukomme. Das Entgegengeſetzte bedeutet
hier bloß den Mangel oder vielmehr die Unbeſtimmt-
heit; und der Satz iſt ſo unbedeutend, daß es nicht der
Muͤhe iſt, ihn zu ſagen. Wenn die Beſtimmungen ſuͤß,
gruͤn, viereckig genommen, — und es ſollen alle Praͤ-
dicate genommen werden — und nun vom Geiſte geſagt
wird, er ſey entweder ſuͤß oder nicht ſuͤß, gruͤn oder
nicht gruͤn, u. ſ. f. ſo iſt diß eine Trivialitaͤt, die zu
nichts fuͤhrt. Die Beſtimmtheit, das Praͤdicat, wird
auf Etwas bezogen; das Etwas iſt beſtimmt, ſagt der
Satz aus; nun ſoll er weſentlich diß enthalten, daß die
Beſtimmtheit ſich naͤher beſtimme, zur Beſtimmtheit an
ſich, zur Entgegenſetzung werde. Statt deſſen geht er
aber in jenem trivialen Sinne von der Beſtimmtheit nur
uͤber zu ihrem Nichtſeyn uͤberhaupt, zuruͤck zur Unbe-
ſtimmtheit.
Der Satz des ausgeſchloſſenen Dritten unterſcheidet
ſich ferner vom oben betrachteten Satze der Identitaͤt oder
des Widerſpruchs, der ſo hieß: es gibt nicht etwas, das
zugleich A und Nicht A iſt. Er enthaͤlt, daß es nicht
Etwas gebe, welches weder A noch nicht A, daß es
nicht ein Drittes gebe, das gegen den Gegenſatz gleich-
guͤltig ſey. In der That aber gibt es in dieſem Satze
ſelbſt das Dritte, das gleichguͤltig gegen den Gegenſatz
iſt, nemlich A ſelbſt iſt darin vorhanden. Diß A iſt we-
der + A noch — A, und eben ſo wohl auch + A als — A.
— Das Etwas, das entweder + A oder Nicht A ſeyn
ſollte, iſt hiemit auf + A ſowohl als Nicht A bezogen;
und wieder, indem es auf A bezogen iſt, ſolle es nicht
auf Nicht A bezogen ſeyn, ſo wie nicht auf A, indem
es auf Nicht A bezogen iſt. Das Etwas ſelbſt iſt alſo
das Dritte, welches ausgeſchloſſen ſeyn ſollte. Indem
die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |