Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.III. Kapitel. Der Schluß. nur ganz gehaltlose Resultate herausgebracht werden. --Die gerechteste und wichtigste Seite der Ungunst, in welche die Syllogistik verfallen, ist aber, daß sie eine so weitläuffige begrifflose Beschäftigung mit einem Gegenstande sind, dessen einziger Inhalt der Begriff selbst ist. -- Die vielen syllogistischen Regeln erinnern an das Verfahren der Rechenmeister, welche gleichfalls eine Menge Regeln über die arithmetischen Operationen geben, welche alle voraus setzen, daß man den Begriff der Operation nicht habe. -- Aber die Zahlen sind ein begriffloser Stoff, die Rechenoperation ist ein äusserliches Zusammenfassen oder Trennen, ein mechanisches Verfah- ren, wie denn Rechen-Maschinen erfunden worden sind, welche diese Operationen vollbringen; das härteste und grellste dagegen ist, wenn die Formbestimmungen des Schlusses, welche Begriffe sind, als ein begriffloser Stoff behandelt werden. Das Aeusserste von diesem begrifflosen Nehmen der Spie- L 2
III. Kapitel. Der Schluß. nur ganz gehaltloſe Reſultate herausgebracht werden. —Die gerechteſte und wichtigſte Seite der Ungunſt, in welche die Syllogiſtik verfallen, iſt aber, daß ſie eine ſo weitlaͤuffige begriffloſe Beſchaͤftigung mit einem Gegenſtande ſind, deſſen einziger Inhalt der Begriff ſelbſt iſt. — Die vielen ſyllogiſtiſchen Regeln erinnern an das Verfahren der Rechenmeiſter, welche gleichfalls eine Menge Regeln uͤber die arithmetiſchen Operationen geben, welche alle voraus ſetzen, daß man den Begriff der Operation nicht habe. — Aber die Zahlen ſind ein begriffloſer Stoff, die Rechenoperation iſt ein aͤuſſerliches Zuſammenfaſſen oder Trennen, ein mechaniſches Verfah- ren, wie denn Rechen-Maſchinen erfunden worden ſind, welche dieſe Operationen vollbringen; das haͤrteſte und grellſte dagegen iſt, wenn die Formbeſtimmungen des Schluſſes, welche Begriffe ſind, als ein begriffloſer Stoff behandelt werden. Das Aeuſſerſte von dieſem begriffloſen Nehmen der Spie- L 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0181" n="163"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#g">Kapitel. Der Schluß</hi>.</fw><lb/> nur ganz gehaltloſe Reſultate herausgebracht werden. —<lb/> Die gerechteſte und wichtigſte Seite der Ungunſt, in<lb/> welche die Syllogiſtik verfallen, iſt aber, daß ſie eine<lb/> ſo weitlaͤuffige <hi rendition="#g">begriffloſe</hi> Beſchaͤftigung mit einem<lb/> Gegenſtande ſind, deſſen einziger Inhalt der <hi rendition="#g">Begriff</hi><lb/> ſelbſt iſt. — Die vielen ſyllogiſtiſchen Regeln erinnern<lb/> an das Verfahren der Rechenmeiſter, welche gleichfalls<lb/> eine Menge Regeln uͤber die arithmetiſchen Operationen<lb/> geben, welche alle voraus ſetzen, daß man den <hi rendition="#g">Begriff</hi><lb/> der Operation nicht habe. — Aber die Zahlen ſind ein<lb/> begriffloſer Stoff, die Rechenoperation iſt ein aͤuſſerliches<lb/> Zuſammenfaſſen oder Trennen, ein mechaniſches Verfah-<lb/> ren, wie denn Rechen-Maſchinen erfunden worden ſind,<lb/> welche dieſe Operationen vollbringen; das haͤrteſte und<lb/> grellſte dagegen iſt, wenn die Formbeſtimmungen des<lb/> Schluſſes, welche Begriffe ſind, als ein begriffloſer<lb/> Stoff behandelt werden.</p><lb/> <p>Das Aeuſſerſte von dieſem begriffloſen Nehmen der<lb/> Begriffsbeſtimmungen des Schluſſes, iſt wohl, daß Leibnitz<lb/> (<hi rendition="#aq">Opp. Tom. II. P. I.</hi>) den Schluß dem combinatori-<lb/> ſchen Calcul unterworfen, und durch denſelben berechnet<lb/> hat, wie viele Stellungen des Schluſſes moͤglich ſind; —<lb/> mit Ruͤckſicht nemlich auf die Unterſchiede von poſitiven<lb/> und negativen, dann von allgemeinen, particulaͤren,<lb/> unbeſtimmten und ſingulaͤren Urtheilen; es finden ſich<lb/> ſolcher Verbindungen 2048 moͤglich, wovon nach Aus-<lb/> ſchlieſſung der unbrauchbaren 24 brauchbare Figuren<lb/> uͤbrig bleiben. — Leibnitz macht ſehr viel von der Nuͤtz-<lb/> lichkeit der combinatoriſchen Analyſis, um nicht nur die<lb/> Formen des Schluſſes, ſondern auch die Verbindungen<lb/> von andern Begriffen zu finden. Die Operation, wo-<lb/> durch diß gefunden wird, iſt dieſelbe, wodurch berechnet<lb/> wird, wie viele Verbindungen von Buchſtaben ein Alpha-<lb/> bet zulaͤßt, wie vielerley Wuͤrfe in einem Wuͤrfelſpiel,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">L 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Spie-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [163/0181]
III. Kapitel. Der Schluß.
nur ganz gehaltloſe Reſultate herausgebracht werden. —
Die gerechteſte und wichtigſte Seite der Ungunſt, in
welche die Syllogiſtik verfallen, iſt aber, daß ſie eine
ſo weitlaͤuffige begriffloſe Beſchaͤftigung mit einem
Gegenſtande ſind, deſſen einziger Inhalt der Begriff
ſelbſt iſt. — Die vielen ſyllogiſtiſchen Regeln erinnern
an das Verfahren der Rechenmeiſter, welche gleichfalls
eine Menge Regeln uͤber die arithmetiſchen Operationen
geben, welche alle voraus ſetzen, daß man den Begriff
der Operation nicht habe. — Aber die Zahlen ſind ein
begriffloſer Stoff, die Rechenoperation iſt ein aͤuſſerliches
Zuſammenfaſſen oder Trennen, ein mechaniſches Verfah-
ren, wie denn Rechen-Maſchinen erfunden worden ſind,
welche dieſe Operationen vollbringen; das haͤrteſte und
grellſte dagegen iſt, wenn die Formbeſtimmungen des
Schluſſes, welche Begriffe ſind, als ein begriffloſer
Stoff behandelt werden.
Das Aeuſſerſte von dieſem begriffloſen Nehmen der
Begriffsbeſtimmungen des Schluſſes, iſt wohl, daß Leibnitz
(Opp. Tom. II. P. I.) den Schluß dem combinatori-
ſchen Calcul unterworfen, und durch denſelben berechnet
hat, wie viele Stellungen des Schluſſes moͤglich ſind; —
mit Ruͤckſicht nemlich auf die Unterſchiede von poſitiven
und negativen, dann von allgemeinen, particulaͤren,
unbeſtimmten und ſingulaͤren Urtheilen; es finden ſich
ſolcher Verbindungen 2048 moͤglich, wovon nach Aus-
ſchlieſſung der unbrauchbaren 24 brauchbare Figuren
uͤbrig bleiben. — Leibnitz macht ſehr viel von der Nuͤtz-
lichkeit der combinatoriſchen Analyſis, um nicht nur die
Formen des Schluſſes, ſondern auch die Verbindungen
von andern Begriffen zu finden. Die Operation, wo-
durch diß gefunden wird, iſt dieſelbe, wodurch berechnet
wird, wie viele Verbindungen von Buchſtaben ein Alpha-
bet zulaͤßt, wie vielerley Wuͤrfe in einem Wuͤrfelſpiel,
Spie-
L 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |