Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Abschnitt. Objectivität.
heit ist ihr an und für sich seyender Begriff. Sie bleibt
jedoch nur ein Sollen, da die zugleich noch gesetzte
Aeusserlichkeit der Objecte, jener Einheit nicht entspricht.
Das Streben, das sie daher nach dem Centrum ha-
ben, ist ihre absolute nicht durch Mittheilung gesetz-
te Allgemeinheit; sie macht die wahre, selbst concrete
nicht von aussen gesetzte Ruhe aus, in welche der
Proceß der Unselbstständigkeit zurückgehen muß. -- Es
ist deßwegen eine leere Abstraction, wenn in der Me-
chanik angenommen wird, daß ein in Bewegung gesetz-
ter Körper überhaupt sich in gerader Linie ins unend-
liche fortbewegen würde, wenn er nicht durch äusserli-
chen Widerstand seine Bewegung verlöre. Die Rei-
bung
, oder welche Form der Widerstand sonst hat, ist
nur die Erscheinung der Centralität; diese ist es,
welche ihn absolut zu sich zurückbringt; denn das, woran
sich der bewegte Körper reibt, hat allein die Kraft eines
Widerstands durch sein Einsseyn mit dem Centrum. --
Im Geistigen nimmt das Centrum und das Einsseyn
mit demselben, höhere Formen an; aber die Einheit des
Begriffs, und deren Realität, welche hier zunächst me-
chanische Centralität ist, muß auch dort die Grundbe-
stimmung ausmachen.

Der Centralkörper hat insofern aufgehört, ein blos-
ses Object zu seyn, da an diesem die Bestimmtheit
ein unwesentliches ist; denn er hat nicht mehr nur das
An-sich-, sondern auch das Für-sichseyn der ob-
jectiven Totalität. Er kann deßwegen als ein Indi-
viduum
angesehen werden. Seine Bestimmtheit ist
wesentlich von einer blossen Ordnung oder Ar-
rangement
und äusserlichen Zusammenhang
von Theilen verschieden; sie ist als an und für sich
seyende Bestimmtheit eine immanente Form, selbst
bestimmendes Princip, welchem die Objecte inhäri-

ren,

II. Abſchnitt. Objectivitaͤt.
heit iſt ihr an und fuͤr ſich ſeyender Begriff. Sie bleibt
jedoch nur ein Sollen, da die zugleich noch geſetzte
Aeuſſerlichkeit der Objecte, jener Einheit nicht entſpricht.
Das Streben, das ſie daher nach dem Centrum ha-
ben, iſt ihre abſolute nicht durch Mittheilung geſetz-
te Allgemeinheit; ſie macht die wahre, ſelbſt concrete
nicht von auſſen geſetzte Ruhe aus, in welche der
Proceß der Unſelbſtſtaͤndigkeit zuruͤckgehen muß. — Es
iſt deßwegen eine leere Abſtraction, wenn in der Me-
chanik angenommen wird, daß ein in Bewegung geſetz-
ter Koͤrper uͤberhaupt ſich in gerader Linie ins unend-
liche fortbewegen wuͤrde, wenn er nicht durch aͤuſſerli-
chen Widerſtand ſeine Bewegung verloͤre. Die Rei-
bung
, oder welche Form der Widerſtand ſonſt hat, iſt
nur die Erſcheinung der Centralitaͤt; dieſe iſt es,
welche ihn abſolut zu ſich zuruͤckbringt; denn das, woran
ſich der bewegte Koͤrper reibt, hat allein die Kraft eines
Widerſtands durch ſein Einsſeyn mit dem Centrum. —
Im Geiſtigen nimmt das Centrum und das Einsſeyn
mit demſelben, hoͤhere Formen an; aber die Einheit des
Begriffs, und deren Realitaͤt, welche hier zunaͤchſt me-
chaniſche Centralitaͤt iſt, muß auch dort die Grundbe-
ſtimmung ausmachen.

Der Centralkoͤrper hat inſofern aufgehoͤrt, ein bloſ-
ſes Object zu ſeyn, da an dieſem die Beſtimmtheit
ein unweſentliches iſt; denn er hat nicht mehr nur das
An-ſich-, ſondern auch das Fuͤr-ſichſeyn der ob-
jectiven Totalitaͤt. Er kann deßwegen als ein Indi-
viduum
angeſehen werden. Seine Beſtimmtheit iſt
weſentlich von einer bloſſen Ordnung oder Ar-
rangement
und aͤuſſerlichen Zuſammenhang
von Theilen verſchieden; ſie iſt als an und fuͤr ſich
ſeyende Beſtimmtheit eine immanente Form, ſelbſt
beſtimmendes Princip, welchem die Objecte inhaͤri-

ren,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0238" n="220"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Ab&#x017F;chnitt. Objectivita&#x0364;t</hi>.</fw><lb/>
heit i&#x017F;t ihr an und fu&#x0364;r &#x017F;ich &#x017F;eyender Begriff. Sie bleibt<lb/>
jedoch nur ein <hi rendition="#g">Sollen</hi>, da die zugleich noch ge&#x017F;etzte<lb/>
Aeu&#x017F;&#x017F;erlichkeit der Objecte, jener Einheit nicht ent&#x017F;pricht.<lb/>
Das <hi rendition="#g">Streben</hi>, das &#x017F;ie daher nach dem Centrum ha-<lb/>
ben, i&#x017F;t ihre ab&#x017F;olute nicht durch <hi rendition="#g">Mittheilung</hi> ge&#x017F;etz-<lb/>
te Allgemeinheit; &#x017F;ie macht die wahre, &#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#g">concrete</hi><lb/>
nicht <hi rendition="#g">von au&#x017F;&#x017F;en ge&#x017F;etzte Ruhe</hi> aus, in welche der<lb/>
Proceß der Un&#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit zuru&#x0364;ckgehen muß. &#x2014; Es<lb/>
i&#x017F;t deßwegen eine leere Ab&#x017F;traction, wenn in der Me-<lb/>
chanik angenommen wird, daß ein in Bewegung ge&#x017F;etz-<lb/>
ter Ko&#x0364;rper u&#x0364;berhaupt &#x017F;ich in gerader Linie ins unend-<lb/>
liche fortbewegen wu&#x0364;rde, wenn er nicht durch a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erli-<lb/>
chen Wider&#x017F;tand &#x017F;eine Bewegung verlo&#x0364;re. Die <hi rendition="#g">Rei-<lb/>
bung</hi>, oder welche Form der Wider&#x017F;tand &#x017F;on&#x017F;t hat, i&#x017F;t<lb/>
nur die Er&#x017F;cheinung der <hi rendition="#g">Centralita&#x0364;t</hi>; die&#x017F;e i&#x017F;t es,<lb/>
welche ihn ab&#x017F;olut zu &#x017F;ich zuru&#x0364;ckbringt; denn das, woran<lb/>
&#x017F;ich der bewegte Ko&#x0364;rper reibt, hat allein die Kraft eines<lb/>
Wider&#x017F;tands durch &#x017F;ein Eins&#x017F;eyn mit dem Centrum. &#x2014;<lb/>
Im <hi rendition="#g">Gei&#x017F;tigen</hi> nimmt das Centrum und das Eins&#x017F;eyn<lb/>
mit dem&#x017F;elben, ho&#x0364;here Formen an; aber die Einheit des<lb/>
Begriffs, und deren Realita&#x0364;t, welche hier zuna&#x0364;ch&#x017F;t me-<lb/>
chani&#x017F;che Centralita&#x0364;t i&#x017F;t, muß auch dort die Grundbe-<lb/>
&#x017F;timmung ausmachen.</p><lb/>
                <p>Der Centralko&#x0364;rper hat in&#x017F;ofern aufgeho&#x0364;rt, ein blo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;es <hi rendition="#g">Object</hi> zu &#x017F;eyn, da an die&#x017F;em die Be&#x017F;timmtheit<lb/>
ein unwe&#x017F;entliches i&#x017F;t; denn er hat nicht mehr nur das<lb/><hi rendition="#g">An-&#x017F;ich-</hi>, &#x017F;ondern auch das <hi rendition="#g">Fu&#x0364;r-&#x017F;ich&#x017F;eyn</hi> der ob-<lb/>
jectiven Totalita&#x0364;t. Er kann deßwegen als ein <hi rendition="#g">Indi-<lb/>
viduum</hi> ange&#x017F;ehen werden. Seine Be&#x017F;timmtheit i&#x017F;t<lb/>
we&#x017F;entlich von einer blo&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#g">Ordnung</hi> oder <hi rendition="#g">Ar-<lb/>
rangement</hi> und <hi rendition="#g">a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Zu&#x017F;ammenhang</hi><lb/>
von Theilen ver&#x017F;chieden; &#x017F;ie i&#x017F;t als an und fu&#x0364;r &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;eyende Be&#x017F;timmtheit eine <hi rendition="#g">immanente</hi> Form, &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
be&#x017F;timmendes Princip, welchem die Objecte inha&#x0364;ri-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ren,</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[220/0238] II. Abſchnitt. Objectivitaͤt. heit iſt ihr an und fuͤr ſich ſeyender Begriff. Sie bleibt jedoch nur ein Sollen, da die zugleich noch geſetzte Aeuſſerlichkeit der Objecte, jener Einheit nicht entſpricht. Das Streben, das ſie daher nach dem Centrum ha- ben, iſt ihre abſolute nicht durch Mittheilung geſetz- te Allgemeinheit; ſie macht die wahre, ſelbſt concrete nicht von auſſen geſetzte Ruhe aus, in welche der Proceß der Unſelbſtſtaͤndigkeit zuruͤckgehen muß. — Es iſt deßwegen eine leere Abſtraction, wenn in der Me- chanik angenommen wird, daß ein in Bewegung geſetz- ter Koͤrper uͤberhaupt ſich in gerader Linie ins unend- liche fortbewegen wuͤrde, wenn er nicht durch aͤuſſerli- chen Widerſtand ſeine Bewegung verloͤre. Die Rei- bung, oder welche Form der Widerſtand ſonſt hat, iſt nur die Erſcheinung der Centralitaͤt; dieſe iſt es, welche ihn abſolut zu ſich zuruͤckbringt; denn das, woran ſich der bewegte Koͤrper reibt, hat allein die Kraft eines Widerſtands durch ſein Einsſeyn mit dem Centrum. — Im Geiſtigen nimmt das Centrum und das Einsſeyn mit demſelben, hoͤhere Formen an; aber die Einheit des Begriffs, und deren Realitaͤt, welche hier zunaͤchſt me- chaniſche Centralitaͤt iſt, muß auch dort die Grundbe- ſtimmung ausmachen. Der Centralkoͤrper hat inſofern aufgehoͤrt, ein bloſ- ſes Object zu ſeyn, da an dieſem die Beſtimmtheit ein unweſentliches iſt; denn er hat nicht mehr nur das An-ſich-, ſondern auch das Fuͤr-ſichſeyn der ob- jectiven Totalitaͤt. Er kann deßwegen als ein Indi- viduum angeſehen werden. Seine Beſtimmtheit iſt weſentlich von einer bloſſen Ordnung oder Ar- rangement und aͤuſſerlichen Zuſammenhang von Theilen verſchieden; ſie iſt als an und fuͤr ſich ſeyende Beſtimmtheit eine immanente Form, ſelbſt beſtimmendes Princip, welchem die Objecte inhaͤri- ren,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/238
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/238>, abgerufen am 24.11.2024.