Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.II. Kapitel. Das Erkennen. Gegenstand der gewöhnlich empirischen Psycholo-gie ist, die aber um die Wissenschaft des Geistes zu seyn, nicht empirisch zu Werke gehen, sondern wissen- schaftlich gefaßt werden muß. -- Der Geist ist auf die- ser Stuffe endlicher Geist, insofern der Inhalt sei- ner Bestimmtheit, ein unmittelbarer gegebener ist; die Wissenschaft desselben hat den Gang darzustellen, worin er sich von dieser seiner Bestimmtheit befreyt, und zum Erfassen seiner Wahrheit, des unendlichen Geistes, fortgeht. Die Idee des Geistes dagegen, welche logi- Indem sie der zwar freye sich selbst zum Gegen- die-
II. Kapitel. Das Erkennen. Gegenſtand der gewoͤhnlich empiriſchen Pſycholo-gie iſt, die aber um die Wiſſenſchaft des Geiſtes zu ſeyn, nicht empiriſch zu Werke gehen, ſondern wiſſen- ſchaftlich gefaßt werden muß. — Der Geiſt iſt auf die- ſer Stuffe endlicher Geiſt, inſofern der Inhalt ſei- ner Beſtimmtheit, ein unmittelbarer gegebener iſt; die Wiſſenſchaft deſſelben hat den Gang darzuſtellen, worin er ſich von dieſer ſeiner Beſtimmtheit befreyt, und zum Erfaſſen ſeiner Wahrheit, des unendlichen Geiſtes, fortgeht. Die Idee des Geiſtes dagegen, welche logi- Indem ſie der zwar freye ſich ſelbſt zum Gegen- die-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0327" n="309"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Kapitel. Das Erkennen</hi>.</fw><lb/> Gegenſtand der gewoͤhnlich <hi rendition="#g">empiriſchen Pſycholo-<lb/> gie</hi> iſt, die aber um die Wiſſenſchaft des Geiſtes zu<lb/> ſeyn, nicht empiriſch zu Werke gehen, ſondern wiſſen-<lb/> ſchaftlich gefaßt werden muß. — Der Geiſt iſt auf die-<lb/> ſer Stuffe <hi rendition="#g">endlicher</hi> Geiſt, inſofern der <hi rendition="#g">Inhalt</hi> ſei-<lb/> ner Beſtimmtheit, ein unmittelbarer gegebener iſt; die<lb/> Wiſſenſchaft deſſelben hat den Gang darzuſtellen, worin<lb/> er ſich von dieſer ſeiner Beſtimmtheit befreyt, und<lb/> zum Erfaſſen ſeiner Wahrheit, des unendlichen Geiſtes,<lb/> fortgeht.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Idee des Geiſtes</hi> dagegen, welche <hi rendition="#g">logi-<lb/> ſcher</hi> Gegenſtand iſt, ſteht ſchon innerhalb der reinen<lb/> Wiſſenſchaft; ſie hat daher ihn nicht den Gang durch-<lb/> machen zu ſehen, wie er mit der Natur, der unmittel-<lb/> baren Beſtimmtheit und dem Stoffe oder der Vorſtel-<lb/> lung, verwickelt iſt, was in jenen drey Wiſſenſchaften<lb/> betrachtet wird; ſie hat dieſen Gang bereits hinter ſich,<lb/> oder was daſſelbe iſt, vielmehr vor ſich, — jenes inſo-<lb/> fern die Logik, als <hi rendition="#g">die letzte</hi> Wiſſenſchaft, dieſes in-<lb/> ſofern ſie als <hi rendition="#g">die erſte</hi> genommen wird, aus welcher<lb/> die Idee erſt in die Natur uͤbergeht. In der logiſchen<lb/> Idee des Geiſtes, iſt Ich daher ſogleich, wie es aus dem<lb/> Begriffe der Natur als deren Wahrheit ſich gezeigt hat,<lb/> der freye Begriff, der in ſeinem Urtheile ſich ſelbſt der<lb/> Gegenſtand iſt, <hi rendition="#g">der Begriff als ſeine Idee</hi>.<lb/> Aber auch in dieſer Geſtalt iſt die Idee noch nicht<lb/> vollendet.</p><lb/> <p>Indem ſie der zwar freye ſich ſelbſt zum Gegen-<lb/> ſtande habende Begriff iſt, ſo iſt ſie <hi rendition="#g">unmittelbar</hi>,<lb/> ebendarum weil ſie unmittelbar iſt, noch die Idee in<lb/> ihrer <hi rendition="#g">Subjectivitaͤt</hi>, und damit in ihrer Endlich-<lb/> keit uͤberhaupt. Sie iſt der <hi rendition="#g">Zweck</hi>, der ſich realiſiren<lb/> ſoll, oder es iſt die <hi rendition="#g">abſolute Idee</hi> ſelbſt noch in ih-<lb/> rer <hi rendition="#g">Erſcheinung</hi>. Was ſie <hi rendition="#g">ſucht</hi>, iſt das <hi rendition="#g">Wahre</hi>,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">die-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [309/0327]
II. Kapitel. Das Erkennen.
Gegenſtand der gewoͤhnlich empiriſchen Pſycholo-
gie iſt, die aber um die Wiſſenſchaft des Geiſtes zu
ſeyn, nicht empiriſch zu Werke gehen, ſondern wiſſen-
ſchaftlich gefaßt werden muß. — Der Geiſt iſt auf die-
ſer Stuffe endlicher Geiſt, inſofern der Inhalt ſei-
ner Beſtimmtheit, ein unmittelbarer gegebener iſt; die
Wiſſenſchaft deſſelben hat den Gang darzuſtellen, worin
er ſich von dieſer ſeiner Beſtimmtheit befreyt, und
zum Erfaſſen ſeiner Wahrheit, des unendlichen Geiſtes,
fortgeht.
Die Idee des Geiſtes dagegen, welche logi-
ſcher Gegenſtand iſt, ſteht ſchon innerhalb der reinen
Wiſſenſchaft; ſie hat daher ihn nicht den Gang durch-
machen zu ſehen, wie er mit der Natur, der unmittel-
baren Beſtimmtheit und dem Stoffe oder der Vorſtel-
lung, verwickelt iſt, was in jenen drey Wiſſenſchaften
betrachtet wird; ſie hat dieſen Gang bereits hinter ſich,
oder was daſſelbe iſt, vielmehr vor ſich, — jenes inſo-
fern die Logik, als die letzte Wiſſenſchaft, dieſes in-
ſofern ſie als die erſte genommen wird, aus welcher
die Idee erſt in die Natur uͤbergeht. In der logiſchen
Idee des Geiſtes, iſt Ich daher ſogleich, wie es aus dem
Begriffe der Natur als deren Wahrheit ſich gezeigt hat,
der freye Begriff, der in ſeinem Urtheile ſich ſelbſt der
Gegenſtand iſt, der Begriff als ſeine Idee.
Aber auch in dieſer Geſtalt iſt die Idee noch nicht
vollendet.
Indem ſie der zwar freye ſich ſelbſt zum Gegen-
ſtande habende Begriff iſt, ſo iſt ſie unmittelbar,
ebendarum weil ſie unmittelbar iſt, noch die Idee in
ihrer Subjectivitaͤt, und damit in ihrer Endlich-
keit uͤberhaupt. Sie iſt der Zweck, der ſich realiſiren
ſoll, oder es iſt die abſolute Idee ſelbſt noch in ih-
rer Erſcheinung. Was ſie ſucht, iſt das Wahre,
die-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |