lung zuerst für sich da ist, und daß dann der Ver- stand dazu hintrete, Einheit in denselben bringe, und ihn durch Abstraction in die Form der Allge- meinheit erhebe. Der Verstand ist auf diese Weise eine für sich leere Form, welche theils nur durch jenen gegebenen Inhalt Realität erhält, theils von ihm abstrahirt, nemlich ihn als etwas aber nur für den Begriff unbrauchbares wegläst. Der Begriff ist in dem einen und dem andern Thun nicht das unabhängige, nicht das Wesentliche und Wahre jenes vorausgehenden Stoffes, welches vielmehr die Realität an und für sich ist, die sich aus dem Begriffe nicht herausklauben läßt.
Es muß nun allerdings zugegeben werden, daß der Begriff als solcher noch nicht vollständig ist, sondern in die Idee sich erheben muß, welche erst die Einheit des Begriffs und der Realität ist; wie sich in dem Verfolge durch die Natur des Begriffes selbst er- geben muß. Denn die Realität, die er sich gibt, darf nicht als ein äusserliches aufgenommen, sondern muß nach wissenschaftlicher Foderung aus ihm selbst abgeleitet werden. Aber es ist wahrhaftig nicht jener durch die Anschauung und die Vorstellung gegebene Stoff, wel- cher gegen den Begriff als das Reale geltend gemacht werden darf. "Es ist nur ein Begriff," pflegt man zu sagen, indem man nicht nur die Idee, sondern das sinnliche, räumliche und zeitliche handgreifliche Da- seyn, als etwas gegenüberstellt, das vortreflicher sey, als der Begriff. Das Abstracte hält man dann darum für geringer, als das Concrete, weil aus jenem so viel dergleichen Stoff weggelassen worden sey. Das Abstrahiren hat in dieser Meynung die Bedeutung, daß aus dem Concreten nur zu unserem subjectiven Behuf, ein oder das andere Merkmahl so her- ausgenommen werden, daß mit dem Weglassen so vieler
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im Allgemeinen.
lung zuerſt fuͤr ſich da iſt, und daß dann der Ver- ſtand dazu hintrete, Einheit in denſelben bringe, und ihn durch Abſtraction in die Form der Allge- meinheit erhebe. Der Verſtand iſt auf dieſe Weiſe eine fuͤr ſich leere Form, welche theils nur durch jenen gegebenen Inhalt Realitaͤt erhaͤlt, theils von ihm abſtrahirt, nemlich ihn als etwas aber nur fuͤr den Begriff unbrauchbares weglaͤſt. Der Begriff iſt in dem einen und dem andern Thun nicht das unabhaͤngige, nicht das Weſentliche und Wahre jenes vorausgehenden Stoffes, welches vielmehr die Realitaͤt an und fuͤr ſich iſt, die ſich aus dem Begriffe nicht herausklauben laͤßt.
Es muß nun allerdings zugegeben werden, daß der Begriff als ſolcher noch nicht vollſtaͤndig iſt, ſondern in die Idee ſich erheben muß, welche erſt die Einheit des Begriffs und der Realitaͤt iſt; wie ſich in dem Verfolge durch die Natur des Begriffes ſelbſt er- geben muß. Denn die Realitaͤt, die er ſich gibt, darf nicht als ein aͤuſſerliches aufgenommen, ſondern muß nach wiſſenſchaftlicher Foderung aus ihm ſelbſt abgeleitet werden. Aber es iſt wahrhaftig nicht jener durch die Anſchauung und die Vorſtellung gegebene Stoff, wel- cher gegen den Begriff als das Reale geltend gemacht werden darf. „Es iſt nur ein Begriff,“ pflegt man zu ſagen, indem man nicht nur die Idee, ſondern das ſinnliche, raͤumliche und zeitliche handgreifliche Da- ſeyn, als etwas gegenuͤberſtellt, das vortreflicher ſey, als der Begriff. Das Abſtracte haͤlt man dann darum fuͤr geringer, als das Concrete, weil aus jenem ſo viel dergleichen Stoff weggelaſſen worden ſey. Das Abſtrahiren hat in dieſer Meynung die Bedeutung, daß aus dem Concreten nur zu unſerem ſubjectiven Behuf, ein oder das andere Merkmahl ſo her- ausgenommen werden, daß mit dem Weglaſſen ſo vieler
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im Allgemeinen.
lung zuerſt fuͤr ſich da iſt, und daß dann der Ver-
ſtand dazu hintrete, Einheit in denſelben bringe,
und ihn durch Abſtraction in die Form der Allge-
meinheit erhebe. Der Verſtand iſt auf dieſe Weiſe
eine fuͤr ſich leere Form, welche theils nur durch jenen
gegebenen Inhalt Realitaͤt erhaͤlt, theils von ihm
abſtrahirt, nemlich ihn als etwas aber nur fuͤr den
Begriff unbrauchbares weglaͤſt. Der Begriff iſt in
dem einen und dem andern Thun nicht das unabhaͤngige,
nicht das Weſentliche und Wahre jenes vorausgehenden
Stoffes, welches vielmehr die Realitaͤt an und fuͤr ſich
iſt, die ſich aus dem Begriffe nicht herausklauben laͤßt.
Es muß nun allerdings zugegeben werden, daß
der Begriff als ſolcher noch nicht vollſtaͤndig iſt,
ſondern in die Idee ſich erheben muß, welche erſt die
Einheit des Begriffs und der Realitaͤt iſt; wie ſich in
dem Verfolge durch die Natur des Begriffes ſelbſt er-
geben muß. Denn die Realitaͤt, die er ſich gibt, darf
nicht als ein aͤuſſerliches aufgenommen, ſondern muß
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cher gegen den Begriff als das Reale geltend gemacht
werden darf. „Es iſt nur ein Begriff,“ pflegt
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das ſinnliche, raͤumliche und zeitliche handgreifliche Da-
ſeyn, als etwas gegenuͤberſtellt, das vortreflicher ſey,
als der Begriff. Das Abſtracte haͤlt man dann
darum fuͤr geringer, als das Concrete, weil aus jenem
ſo viel dergleichen Stoff weggelaſſen worden ſey. Das
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/35>, abgerufen am 16.07.2024.
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