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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.

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II. Kapitel. Das Erkennen.
mangelhaft oder ganz obliterirt, welche sonst für die
Definition als das Unterscheidende und die wesentliche
Bestimmtheit, in der Existenz eines solchen concreten ge-
nommen werden konnten. Eine schlechte Pflanze, Thier
u. s. f. bleibt aber immer noch eine Pflanze, Thier u. s. f.
Soll daher auch das Schlechte in die Definition aufge-
nommen seyn, so entgehen dem empirischen Herumsuchen
alle Eigenschaften, welche es als wesentlich ansehen
wollte, durch die Instanzen von Mißgeburten, denen die-
selbe fehlen, z. B. die Wesentlichkeit des Gehirns für den
physischen Menschen, durch die Instanz der Acephalen,
die Wesentlichkeit des Schutzes von Leben und Eigen-
thum für den Staat, durch die Instanz despotischer Staa-
ten und tyrannischer Regierungen. -- Wenn gegen die
Instanz der Begriff behauptet, und sie an demselben
gemessen für ein schlechtes Exemplar ausgegeben wird,
so hat er seine Beglaubigung nicht mehr an der Erschei-
nung. Die Selbstständigkeit des Begriffes ist aber dem
Sinne der Definition zuwider, welche der unmittel-
bare
Begriff seyn soll, daher ihre Bestimmungen für
die Gegenstände nur aus der Unmittelbarkeit des Da-
seyns aufnehmen und sich nur an dem vorgefundenen
rechtfertigen kann. -- Ob ihr Inhalt an und für
sich
Wahrheit oder Zufälligkeit sey, diß liegt ausser ih-
rer Sphäre; die formelle Wahrheit aber, die Ueberein-
stimmung des in der Definition subjectiv gesetzten Be-
griffs und eines ausser ihm wirklichen Gegenstandes,
kann darum nicht ausgemacht werden, weil der einzelne
Gegenstand auch schlecht seyn kann.

Der Inhalt der Definition ist überhaupt aus dem
unmittelbaren Daseyn genommen, und weil er unmit-
telbar ist, hat er keine Rechtfertigung; die Frage nach
dessen Nothwendigkeit ist durch den Ursprung beseitigt;
darin daß sie den Begriff als ein bloß unmittelbares

aus-

II. Kapitel. Das Erkennen.
mangelhaft oder ganz obliterirt, welche ſonſt fuͤr die
Definition als das Unterſcheidende und die weſentliche
Beſtimmtheit, in der Exiſtenz eines ſolchen concreten ge-
nommen werden konnten. Eine ſchlechte Pflanze, Thier
u. ſ. f. bleibt aber immer noch eine Pflanze, Thier u. ſ. f.
Soll daher auch das Schlechte in die Definition aufge-
nommen ſeyn, ſo entgehen dem empiriſchen Herumſuchen
alle Eigenſchaften, welche es als weſentlich anſehen
wollte, durch die Inſtanzen von Mißgeburten, denen die-
ſelbe fehlen, z. B. die Weſentlichkeit des Gehirns fuͤr den
phyſiſchen Menſchen, durch die Inſtanz der Acephalen,
die Weſentlichkeit des Schutzes von Leben und Eigen-
thum fuͤr den Staat, durch die Inſtanz deſpotiſcher Staa-
ten und tyranniſcher Regierungen. — Wenn gegen die
Inſtanz der Begriff behauptet, und ſie an demſelben
gemeſſen fuͤr ein ſchlechtes Exemplar ausgegeben wird,
ſo hat er ſeine Beglaubigung nicht mehr an der Erſchei-
nung. Die Selbſtſtaͤndigkeit des Begriffes iſt aber dem
Sinne der Definition zuwider, welche der unmittel-
bare
Begriff ſeyn ſoll, daher ihre Beſtimmungen fuͤr
die Gegenſtaͤnde nur aus der Unmittelbarkeit des Da-
ſeyns aufnehmen und ſich nur an dem vorgefundenen
rechtfertigen kann. — Ob ihr Inhalt an und fuͤr
ſich
Wahrheit oder Zufaͤlligkeit ſey, diß liegt auſſer ih-
rer Sphaͤre; die formelle Wahrheit aber, die Ueberein-
ſtimmung des in der Definition ſubjectiv geſetzten Be-
griffs und eines auſſer ihm wirklichen Gegenſtandes,
kann darum nicht ausgemacht werden, weil der einzelne
Gegenſtand auch ſchlecht ſeyn kann.

Der Inhalt der Definition iſt uͤberhaupt aus dem
unmittelbaren Daſeyn genommen, und weil er unmit-
telbar iſt, hat er keine Rechtfertigung; die Frage nach
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darin daß ſie den Begriff als ein bloß unmittelbares

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[335/0353] II. Kapitel. Das Erkennen. mangelhaft oder ganz obliterirt, welche ſonſt fuͤr die Definition als das Unterſcheidende und die weſentliche Beſtimmtheit, in der Exiſtenz eines ſolchen concreten ge- nommen werden konnten. Eine ſchlechte Pflanze, Thier u. ſ. f. bleibt aber immer noch eine Pflanze, Thier u. ſ. f. Soll daher auch das Schlechte in die Definition aufge- nommen ſeyn, ſo entgehen dem empiriſchen Herumſuchen alle Eigenſchaften, welche es als weſentlich anſehen wollte, durch die Inſtanzen von Mißgeburten, denen die- ſelbe fehlen, z. B. die Weſentlichkeit des Gehirns fuͤr den phyſiſchen Menſchen, durch die Inſtanz der Acephalen, die Weſentlichkeit des Schutzes von Leben und Eigen- thum fuͤr den Staat, durch die Inſtanz deſpotiſcher Staa- ten und tyranniſcher Regierungen. — Wenn gegen die Inſtanz der Begriff behauptet, und ſie an demſelben gemeſſen fuͤr ein ſchlechtes Exemplar ausgegeben wird, ſo hat er ſeine Beglaubigung nicht mehr an der Erſchei- nung. Die Selbſtſtaͤndigkeit des Begriffes iſt aber dem Sinne der Definition zuwider, welche der unmittel- bare Begriff ſeyn ſoll, daher ihre Beſtimmungen fuͤr die Gegenſtaͤnde nur aus der Unmittelbarkeit des Da- ſeyns aufnehmen und ſich nur an dem vorgefundenen rechtfertigen kann. — Ob ihr Inhalt an und fuͤr ſich Wahrheit oder Zufaͤlligkeit ſey, diß liegt auſſer ih- rer Sphaͤre; die formelle Wahrheit aber, die Ueberein- ſtimmung des in der Definition ſubjectiv geſetzten Be- griffs und eines auſſer ihm wirklichen Gegenſtandes, kann darum nicht ausgemacht werden, weil der einzelne Gegenſtand auch ſchlecht ſeyn kann. Der Inhalt der Definition iſt uͤberhaupt aus dem unmittelbaren Daſeyn genommen, und weil er unmit- telbar iſt, hat er keine Rechtfertigung; die Frage nach deſſen Nothwendigkeit iſt durch den Urſprung beſeitigt; darin daß ſie den Begriff als ein bloß unmittelbares aus-

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/353>, abgerufen am 22.11.2024.