Die absolute Idee, wie sie sich ergeben hat, ist die Identität der theoretischen und der praktischen, wel- che jede für sich noch einseitig, die Idee selbst nur als ein gesuchtes Jenseits und unerreichtes Ziel in sich hat; -- jede daher eine Synthese des Stre- bens ist, die Idee sowohl in sich hat als auch nicht hat, von einem zum andern übergeht, aber beyde Ge- danken nicht zusammenbringt, sondern in deren Wider- spruche stehen bleibt. Die absolute Idee als der ver- nünftige Begriff, der in seiner Realität nur mit sich selbst zusammengeht, ist um dieser Unmittelbarkeit seiner ob- jectiven Identität willen einerseits die Rückkehr zum Le- ben; aber sie hat diese Form ihrer Unmittelbarkeit eben- sosehr aufgehoben, und den höchsten Gegensatz in sich. Der Begriff ist nicht nur Seele, sondern freyer sub- jectiver Begriff, der für sich ist und daher die Per- sönlichkeit hat, -- der praktische, an und für sich bestimmte, objective Begriff, der als Person undurch- dringliche, atome Subjectivität ist, -- der aber ebenso- sehr nicht ausschliessende Einzelnheit, sondern für sich Allgemeinheit und Erkennen ist, und in seinem Andern seine eigene Objectivität zum Gegenstande hat. Alles Uebrige ist Irrthum, Trübheit, Meynung, Streben, Willkühr und Vergänglichkeit die [absolute]
Idee
A a 2
Drittes Kapitel. Die abſolute Idee.
Die abſolute Idee, wie ſie ſich ergeben hat, iſt die Identitaͤt der theoretiſchen und der praktiſchen, wel- che jede fuͤr ſich noch einſeitig, die Idee ſelbſt nur als ein geſuchtes Jenſeits und unerreichtes Ziel in ſich hat; — jede daher eine Syntheſe des Stre- bens iſt, die Idee ſowohl in ſich hat als auch nicht hat, von einem zum andern uͤbergeht, aber beyde Ge- danken nicht zuſammenbringt, ſondern in deren Wider- ſpruche ſtehen bleibt. Die abſolute Idee als der ver- nuͤnftige Begriff, der in ſeiner Realitaͤt nur mit ſich ſelbſt zuſammengeht, iſt um dieſer Unmittelbarkeit ſeiner ob- jectiven Identitaͤt willen einerſeits die Ruͤckkehr zum Le- ben; aber ſie hat dieſe Form ihrer Unmittelbarkeit eben- ſoſehr aufgehoben, und den hoͤchſten Gegenſatz in ſich. Der Begriff iſt nicht nur Seele, ſondern freyer ſub- jectiver Begriff, der fuͤr ſich iſt und daher die Per- ſoͤnlichkeit hat, — der praktiſche, an und fuͤr ſich beſtimmte, objective Begriff, der als Perſon undurch- dringliche, atome Subjectivitaͤt iſt, — der aber ebenſo- ſehr nicht ausſchlieſſende Einzelnheit, ſondern fuͤr ſich Allgemeinheit und Erkennen iſt, und in ſeinem Andern ſeine eigene Objectivitaͤt zum Gegenſtande hat. Alles Uebrige iſt Irrthum, Truͤbheit, Meynung, Streben, Willkuͤhr und Vergaͤnglichkeit die [abſolute]
Idee
A a 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0389"n="371"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><head><hirendition="#g">Drittes Kapitel.<lb/>
Die abſolute Idee</hi>.</head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">D</hi>ie abſolute Idee, wie ſie ſich ergeben hat, iſt<lb/>
die Identitaͤt der theoretiſchen und der praktiſchen, wel-<lb/>
che jede fuͤr ſich noch einſeitig, die Idee ſelbſt nur als<lb/>
ein geſuchtes Jenſeits und unerreichtes Ziel in ſich<lb/>
hat; — jede daher eine <hirendition="#g">Syntheſe des Stre-<lb/>
bens</hi> iſt, die Idee ſowohl in ſich hat als auch <hirendition="#g">nicht</hi><lb/>
hat, von einem zum andern uͤbergeht, aber beyde Ge-<lb/>
danken nicht zuſammenbringt, ſondern in deren Wider-<lb/>ſpruche ſtehen bleibt. Die abſolute Idee als der ver-<lb/>
nuͤnftige Begriff, der in ſeiner Realitaͤt nur mit ſich ſelbſt<lb/>
zuſammengeht, iſt um dieſer Unmittelbarkeit ſeiner ob-<lb/>
jectiven Identitaͤt willen einerſeits die Ruͤckkehr zum <hirendition="#g">Le-<lb/>
ben</hi>; aber ſie hat dieſe Form ihrer Unmittelbarkeit eben-<lb/>ſoſehr aufgehoben, und den hoͤchſten Gegenſatz in ſich.<lb/>
Der Begriff iſt nicht nur <hirendition="#g">Seele</hi>, ſondern freyer ſub-<lb/>
jectiver Begriff, der fuͤr ſich iſt und daher die <hirendition="#g">Per-<lb/>ſoͤnlichkeit</hi> hat, — der praktiſche, an und fuͤr ſich<lb/>
beſtimmte, objective Begriff, der als Perſon undurch-<lb/>
dringliche, atome Subjectivitaͤt iſt, — der aber ebenſo-<lb/>ſehr nicht ausſchlieſſende Einzelnheit, ſondern fuͤr ſich<lb/><hirendition="#g">Allgemeinheit</hi> und <hirendition="#g">Erkennen</hi> iſt, und in ſeinem<lb/>
Andern <hirendition="#g">ſeine eigene</hi> Objectivitaͤt zum Gegenſtande<lb/>
hat. Alles Uebrige iſt Irrthum, Truͤbheit, Meynung,<lb/>
Streben, Willkuͤhr und Vergaͤnglichkeit die <supplied>abſolute</supplied><lb/><fwplace="bottom"type="sig">A a 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">Idee</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[371/0389]
Drittes Kapitel.
Die abſolute Idee.
Die abſolute Idee, wie ſie ſich ergeben hat, iſt
die Identitaͤt der theoretiſchen und der praktiſchen, wel-
che jede fuͤr ſich noch einſeitig, die Idee ſelbſt nur als
ein geſuchtes Jenſeits und unerreichtes Ziel in ſich
hat; — jede daher eine Syntheſe des Stre-
bens iſt, die Idee ſowohl in ſich hat als auch nicht
hat, von einem zum andern uͤbergeht, aber beyde Ge-
danken nicht zuſammenbringt, ſondern in deren Wider-
ſpruche ſtehen bleibt. Die abſolute Idee als der ver-
nuͤnftige Begriff, der in ſeiner Realitaͤt nur mit ſich ſelbſt
zuſammengeht, iſt um dieſer Unmittelbarkeit ſeiner ob-
jectiven Identitaͤt willen einerſeits die Ruͤckkehr zum Le-
ben; aber ſie hat dieſe Form ihrer Unmittelbarkeit eben-
ſoſehr aufgehoben, und den hoͤchſten Gegenſatz in ſich.
Der Begriff iſt nicht nur Seele, ſondern freyer ſub-
jectiver Begriff, der fuͤr ſich iſt und daher die Per-
ſoͤnlichkeit hat, — der praktiſche, an und fuͤr ſich
beſtimmte, objective Begriff, der als Perſon undurch-
dringliche, atome Subjectivitaͤt iſt, — der aber ebenſo-
ſehr nicht ausſchlieſſende Einzelnheit, ſondern fuͤr ſich
Allgemeinheit und Erkennen iſt, und in ſeinem
Andern ſeine eigene Objectivitaͤt zum Gegenſtande
hat. Alles Uebrige iſt Irrthum, Truͤbheit, Meynung,
Streben, Willkuͤhr und Vergaͤnglichkeit die abſolute
Idee
A a 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/389>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.