andern Welt aber Wohlthat für den Verbrecher seyn. Allein solche Gegensätze von Innerem und Aeusse- rem, von Erscheinung und Uebersinnlichem, als von zweyerley Wirklichkeiten, sind hier nicht mehr vorhanden. Die abgestossenen Unterschiede verthei- len sich nicht von neuem an zwey solche Substan- zen, welche sie trügen und ihnen ein getrenntes Bestehen verliehen; wodurch der Verstand aus dem Innern heraus wieder auf seine vorige Stelle zurück- fiele. Die eine Seite oder Substanz wäre wieder die Welt der Wahrnehmung, worin das eine der bey- den Gesetze sein Wesen triebe, und ihr gegenüber eine innre Welt, gerade eine solche sinnliche Welt, wie die erste, aber in der Vorstellung; sie könnte nicht als sinnliche Welt aufgezeigt, nicht gesehen, gehört, geschmeckt werden, und doch würde sie vorgestellt, als eine solche sinnliche Welt. Aber in der That, wenn das eine gesetzte ein wahrgenommenes ist, und sein Ansich, als das verkehrte desselben, ebenso ein sinnlich vorgestelltes, so ist das Saure was das Ansich des süssen Dinges wäre, ein so wirkliches Ding, wie es, ein saures Ding; das Schwarze, welches das An- sich des Weissen wäre, ist das wirkliche Schwarze; der Nordpol, welcher das Ansich des Südpols ist, ist der an demselben Magnete vorhandne Nordpol; der Sauerstoffpol, der das Ansich des Wasserstoffpols ist, der vorhandne Sauerstoffpol derselben Säule. Das wirkliche Verbrechen aber hat seine Verkehrung, und sein Ansich als Möglichkeit in der Absicht als sol-
andern Welt aber Wohlthat für den Verbrecher seyn. Allein solche Gegensätze von Innerem und Aeuſse- rem, von Erscheinung und Uebersinnlichem, als von zweyerley Wirklichkeiten, sind hier nicht mehr vorhanden. Die abgestoſsenen Unterschiede verthei- len sich nicht von neuem an zwey solche Substan- zen, welche sie trügen und ihnen ein getrenntes Bestehen verliehen; wodurch der Verstand aus dem Innern heraus wieder auf seine vorige Stelle zurück- fiele. Die eine Seite oder Substanz wäre wieder die Welt der Wahrnehmung, worin das eine der bey- den Gesetze sein Wesen triebe, und ihr gegenüber eine innre Welt, gerade eine solche sinnliche Welt, wie die erste, aber in der Vorstellung; sie könnte nicht als sinnliche Welt aufgezeigt, nicht gesehen, gehört, geschmeckt werden, und doch würde sie vorgestellt, als eine solche sinnliche Welt. Aber in der That, wenn das eine gesetzte ein wahrgenommenes ist, und sein Ansich, als das verkehrte desselben, ebenso ein sinnlich vorgestelltes, so ist das Saure was das Ansich des süſsen Dinges wäre, ein so wirkliches Ding, wie es, ein saures Ding; das Schwarze, welches das An- sich des Weiſsen wäre, ist das wirkliche Schwarze; der Nordpol, welcher das Ansich des Südpols ist, ist der an demselben Magnete vorhandne Nordpol; der Sauerstoffpol, der das Ansich des Wasserstoffpols ist, der vorhandne Sauerstoffpol derselben Säule. Das wirkliche Verbrechen aber hat seine Verkehrung, und sein Ansich als Möglichkeit in der Absicht als sol-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0200"n="91"/>
andern Welt aber Wohlthat für den Verbrecher seyn.<lb/>
Allein solche Gegensätze von Innerem und Aeuſse-<lb/>
rem, von Erscheinung und Uebersinnlichem, als von<lb/>
zweyerley Wirklichkeiten, sind hier nicht mehr<lb/>
vorhanden. Die abgestoſsenen Unterschiede verthei-<lb/>
len sich nicht von neuem an zwey solche Substan-<lb/>
zen, welche sie trügen und ihnen ein getrenntes<lb/>
Bestehen verliehen; wodurch der Verstand aus dem<lb/>
Innern heraus wieder auf seine vorige Stelle zurück-<lb/>
fiele. Die eine Seite oder Substanz wäre wieder die<lb/>
Welt der Wahrnehmung, worin das eine der bey-<lb/>
den Gesetze sein Wesen triebe, und ihr gegenüber<lb/>
eine innre Welt, <hirendition="#i">gerade eine solche sinnliche Welt</hi>, wie<lb/>
die erste, aber in der <hirendition="#i">Vorstellung;</hi> sie könnte nicht<lb/>
als sinnliche Welt aufgezeigt, nicht gesehen, gehört,<lb/>
geschmeckt werden, und doch würde sie vorgestellt,<lb/>
als eine solche sinnliche Welt. Aber in der That,<lb/>
wenn <hirendition="#i">das eine gesetzte</hi> ein wahrgenommenes ist, und<lb/>
sein <hirendition="#i">Ansich</hi>, als das verkehrte desselben, ebenso ein<lb/><hirendition="#i">sinnlich vorgestelltes</hi>, so ist das Saure was das Ansich<lb/>
des süſsen Dinges wäre, ein so wirkliches Ding, wie<lb/>
es, ein <hirendition="#i">saures Ding;</hi> das Schwarze, welches das An-<lb/>
sich des Weiſsen wäre, ist das wirkliche Schwarze;<lb/>
der Nordpol, welcher das Ansich des Südpols ist,<lb/>
ist der <hirendition="#i">an demselben Magnete vorhandne</hi> Nordpol; der<lb/>
Sauerstoffpol, der das Ansich des Wasserstoffpols<lb/>
ist, der <hirendition="#i">vorhandne</hi> Sauerstoffpol derselben Säule.<lb/>
Das <hirendition="#i">wirkliche</hi> Verbrechen aber hat <hirendition="#i">seine Verkehrung</hi>,<lb/>
und <hirendition="#i">sein Ansich</hi> als <hirendition="#i">Möglichkeit</hi> in <hirendition="#i">der Absicht</hi> als sol-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[91/0200]
andern Welt aber Wohlthat für den Verbrecher seyn.
Allein solche Gegensätze von Innerem und Aeuſse-
rem, von Erscheinung und Uebersinnlichem, als von
zweyerley Wirklichkeiten, sind hier nicht mehr
vorhanden. Die abgestoſsenen Unterschiede verthei-
len sich nicht von neuem an zwey solche Substan-
zen, welche sie trügen und ihnen ein getrenntes
Bestehen verliehen; wodurch der Verstand aus dem
Innern heraus wieder auf seine vorige Stelle zurück-
fiele. Die eine Seite oder Substanz wäre wieder die
Welt der Wahrnehmung, worin das eine der bey-
den Gesetze sein Wesen triebe, und ihr gegenüber
eine innre Welt, gerade eine solche sinnliche Welt, wie
die erste, aber in der Vorstellung; sie könnte nicht
als sinnliche Welt aufgezeigt, nicht gesehen, gehört,
geschmeckt werden, und doch würde sie vorgestellt,
als eine solche sinnliche Welt. Aber in der That,
wenn das eine gesetzte ein wahrgenommenes ist, und
sein Ansich, als das verkehrte desselben, ebenso ein
sinnlich vorgestelltes, so ist das Saure was das Ansich
des süſsen Dinges wäre, ein so wirkliches Ding, wie
es, ein saures Ding; das Schwarze, welches das An-
sich des Weiſsen wäre, ist das wirkliche Schwarze;
der Nordpol, welcher das Ansich des Südpols ist,
ist der an demselben Magnete vorhandne Nordpol; der
Sauerstoffpol, der das Ansich des Wasserstoffpols
ist, der vorhandne Sauerstoffpol derselben Säule.
Das wirkliche Verbrechen aber hat seine Verkehrung,
und sein Ansich als Möglichkeit in der Absicht als sol-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/200>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.