die Natur dieser ist, einen dauernden Besitz zu ge- währen; so ist auch diese Gegenwart des Grabes nur der Kampf eines Bemühens, der verloren wer- den muss. Allein indem es diese Erfahrung gemacht, dass das Grab seines wirklichen unwandelbaren We- sens keine Wirklichkeit hat, dass die verschwundene Ein- zelnheit als verschwundne nicht die wahre Einzeln- heit ist, wird es die unwandelbare Einzelnheit als wirkliche aufzusuchen, oder als verschwundne fest- zuhalten aufgeben, und erst hiedurch ist es fähig die Einzelnheit als wahrhafste oder als allgemeine zu finden.
Zunächst aber ist die Rückkehr des Gemüths in sich selbst so zu nehmen, dass es sich als einzelnes Wirklichkeit hat. Es ist das reine Gemüth, welches für uns oder an sich, sich gefunden und in sich er- sättigt ist, denn ob für es in seinem Gefühle sich wohl das Wesen von ihm trennt, so ist an sich diss Gefühl Selbstgefühl, es hat den Gegenstand sei- nes reinen Fühlens gefühlt, und dieser ist es selbst; es tritt also hieraus als Selbstgefühl oder für sich seyendes Wirkliches auf. In dieser Rückkehr in sich ist für uns sein zweytes Verhältniss geworden, das der Begierde und Arbeit, welche dem Bewusst- seyn die innerliche Gewissheit seiner selbst, die es für uns erlangt hat, durch Aufheben und Geniessen des fremden Wesens, nemlich desselben in der Form der selbstständigen Dinge bewährt. Das un- glückliche Bewusstseyn aber findet sich nur als be-
die Natur dieser ist, einen dauernden Besitz zu ge- währen; so ist auch diese Gegenwart des Grabes nur der Kampf eines Bemühens, der verloren wer- den muſs. Allein indem es diese Erfahrung gemacht, daſs das Grab seines wirklichen unwandelbaren We- sens keine Wirklichkeit hat, daſs die verschwundene Ein- zelnheit als verschwundne nicht die wahre Einzeln- heit ist, wird es die unwandelbare Einzelnheit als wirkliche aufzusuchen, oder als verschwundne fest- zuhalten aufgeben, und erst hiedurch ist es fähig die Einzelnheit als wahrhafſte oder als allgemeine zu finden.
Zunächst aber ist die Rückkehr des Gemüths in sich selbst so zu nehmen, daſs es sich als einzelnes Wirklichkeit hat. Es ist das reine Gemüth, welches für uns oder an sich, sich gefunden und in sich er- sättigt ist, denn ob für es in seinem Gefühle sich wohl das Wesen von ihm trennt, so ist an sich diſs Gefühl Selbstgefühl, es hat den Gegenstand sei- nes reinen Fühlens gefühlt, und dieser ist es selbst; es tritt also hieraus als Selbstgefühl oder für sich seyendes Wirkliches auf. In dieser Rückkehr in sich ist für uns sein zweytes Verhältniſs geworden, das der Begierde und Arbeit, welche dem Bewuſst- seyn die innerliche Gewiſsheit seiner selbst, die es für uns erlangt hat, durch Aufheben und Genieſsen des fremden Wesens, nemlich desselben in der Form der selbstständigen Dinge bewährt. Das un- glückliche Bewuſstseyn aber findet sich nur als be-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0259"n="150"/>
die Natur dieser ist, einen dauernden Besitz zu ge-<lb/>
währen; so ist auch diese Gegenwart des Grabes<lb/>
nur der Kampf eines Bemühens, der verloren wer-<lb/>
den muſs. Allein indem es diese Erfahrung gemacht,<lb/>
daſs <hirendition="#i">das Grab</hi> seines <hirendition="#i">wirklichen</hi> unwandelbaren We-<lb/>
sens <hirendition="#i">keine Wirklichkeit</hi> hat, daſs die <hirendition="#i">verschwundene Ein-<lb/>
zelnheit</hi> als verschwundne nicht die wahre Einzeln-<lb/>
heit ist, wird es die unwandelbare Einzelnheit als<lb/><hirendition="#i">wirkliche</hi> aufzusuchen, oder als verschwundne fest-<lb/>
zuhalten aufgeben, und erst hiedurch ist es fähig<lb/>
die Einzelnheit als wahrhafſte oder als allgemeine<lb/>
zu finden.</p><lb/><p>Zunächst aber ist die <hirendition="#i">Rückkehr des Gemüths in<lb/>
sich selbst</hi> so zu nehmen, daſs es sich als <hirendition="#i">einzelnes<lb/>
Wirklichkeit</hi> hat. Es ist das <hirendition="#i">reine Gemüth</hi>, welches<lb/><hirendition="#i">für uns</hi> oder <hirendition="#i">an sich</hi>, sich gefunden und in sich er-<lb/>
sättigt ist, denn ob <hirendition="#i">für es</hi> in seinem Gefühle sich<lb/>
wohl das Wesen von ihm trennt, so ist an sich<lb/>
diſs Gefühl <hirendition="#i">Selbst</hi>gefühl, es hat den Gegenstand sei-<lb/>
nes reinen Fühlens gefühlt, und dieser ist es selbst;<lb/>
es tritt also hieraus als Selbstgefühl oder für sich<lb/>
seyendes Wirkliches auf. In dieser Rückkehr in<lb/>
sich ist für uns sein <hirendition="#i">zweytes Verhältniſs</hi> geworden,<lb/>
das der Begierde und Arbeit, welche dem Bewuſst-<lb/>
seyn die innerliche Gewiſsheit seiner selbst, die es<lb/>
für uns erlangt hat, durch Aufheben und Genieſsen<lb/>
des fremden Wesens, nemlich desselben in der<lb/>
Form der selbstständigen Dinge bewährt. Das un-<lb/>
glückliche Bewuſstseyn aber <hirendition="#i">findet</hi> sich nur als <hirendition="#i">be-<lb/></hi></p></div></div></div></body></text></TEI>
[150/0259]
die Natur dieser ist, einen dauernden Besitz zu ge-
währen; so ist auch diese Gegenwart des Grabes
nur der Kampf eines Bemühens, der verloren wer-
den muſs. Allein indem es diese Erfahrung gemacht,
daſs das Grab seines wirklichen unwandelbaren We-
sens keine Wirklichkeit hat, daſs die verschwundene Ein-
zelnheit als verschwundne nicht die wahre Einzeln-
heit ist, wird es die unwandelbare Einzelnheit als
wirkliche aufzusuchen, oder als verschwundne fest-
zuhalten aufgeben, und erst hiedurch ist es fähig
die Einzelnheit als wahrhafſte oder als allgemeine
zu finden.
Zunächst aber ist die Rückkehr des Gemüths in
sich selbst so zu nehmen, daſs es sich als einzelnes
Wirklichkeit hat. Es ist das reine Gemüth, welches
für uns oder an sich, sich gefunden und in sich er-
sättigt ist, denn ob für es in seinem Gefühle sich
wohl das Wesen von ihm trennt, so ist an sich
diſs Gefühl Selbstgefühl, es hat den Gegenstand sei-
nes reinen Fühlens gefühlt, und dieser ist es selbst;
es tritt also hieraus als Selbstgefühl oder für sich
seyendes Wirkliches auf. In dieser Rückkehr in
sich ist für uns sein zweytes Verhältniſs geworden,
das der Begierde und Arbeit, welche dem Bewuſst-
seyn die innerliche Gewiſsheit seiner selbst, die es
für uns erlangt hat, durch Aufheben und Genieſsen
des fremden Wesens, nemlich desselben in der
Form der selbstständigen Dinge bewährt. Das un-
glückliche Bewuſstseyn aber findet sich nur als be-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/259>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.