Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

Gesetzes. Auf diese Weise überwinden die beyden
Geschlechter ihr natürliches Wesen, und treten in
ihrer sittlichen Bedeutung auf, als Verschiedenhei-
ten, welche die beyden Unterschiede, die die sittli-
che Substanz sich gibt, unter sich theilen. Diese
beyden allgemeinen Wesen der sittlichen Welt haben
ihre bestimmte Individualität darum an natürlich un-
terschiedenen Selbstbewusstseyn, weil der sittliche
Geist die unmittelbare Einheit der Substanz mit dem
Selbstbewusstseyn ist; -- eine Unmittelbarkeit, wel-
che also nach der Seite der Realität und des Unter-
schieds zugleich als das Daseyn eines natürlichen Un-
terschieds erscheint. -- Es ist diejenige Seite, wel-
che sich an der Gestalt der sich selbst realen Indivi-
dualität, in dem Begriffe des geistigen Wesens, als
ursprünglich bestimmte Natur zeigte. Diss Moment
verliert die Unbestimmtheit, die es dort noch hat,
und die zufällige Verschiedenheit von Anlagen und
Fähigkeiten. Es ist itzt der bestimmte Gegensatz der
zwey Geschlechter, deren Natürlichkeit zugleich die
Bedeutung ihrer sittlichen Bestimmung erhält.

Der Unterschied der Geschlechter und ihres sitt-
lichen Inhalts bleibt jedoch in der Einheit der Sub-
stanz, und seine Bewegung ist eben das bleibende
Werden derselben. Der Mann wird vom Familien-
geiste in das Gemeinwesen hinausgeschickt, und fin-
det in diesem sein selbstbewusstes Wesen; wie die
Familie hiedurch in ihm ihre allgemeine Substanz
und Bestehen hat, so umgekehrt das Gemeinwesen

Gesetzes. Auf diese Weise überwinden die beyden
Geschlechter ihr natürliches Wesen, und treten in
ihrer sittlichen Bedeutung auf, als Verschiedenhei-
ten, welche die beyden Unterschiede, die die sittli-
che Substanz sich gibt, unter sich theilen. Diese
beyden allgemeinen Wesen der sittlichen Welt haben
ihre bestimmte Individualität darum an natürlich un-
terschiedenen Selbstbewuſstseyn, weil der sittliche
Geist die unmittelbare Einheit der Substanz mit dem
Selbstbewuſstseyn ist; — eine Unmittelbarkeit, wel-
che also nach der Seite der Realität und des Unter-
schieds zugleich als das Daseyn eines natürlichen Un-
terschieds erscheint. — Es ist diejenige Seite, wel-
che sich an der Gestalt der sich selbst realen Indivi-
dualität, in dem Begriffe des geistigen Wesens, als
ursprünglich bestimmte Natur zeigte. Diſs Moment
verliert die Unbestimmtheit, die es dort noch hat,
und die zufällige Verschiedenheit von Anlagen und
Fähigkeiten. Es ist itzt der bestimmte Gegensatz der
zwey Geschlechter, deren Natürlichkeit zugleich die
Bedeutung ihrer sittlichen Bestimmung erhält.

Der Unterschied der Geschlechter und ihres sitt-
lichen Inhalts bleibt jedoch in der Einheit der Sub-
stanz, und seine Bewegung ist eben das bleibende
Werden derselben. Der Mann wird vom Familien-
geiste in das Gemeinwesen hinausgeschickt, und fin-
det in diesem sein selbstbewuſstes Wesen; wie die
Familie hiedurch in ihm ihre allgemeine Substanz
und Bestehen hat, so umgekehrt das Gemeinwesen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0507" n="398"/>
Gesetzes. Auf diese Weise überwinden die beyden<lb/>
Geschlechter ihr natürliches Wesen, und treten in<lb/>
ihrer sittlichen Bedeutung auf, als Verschiedenhei-<lb/>
ten, welche die beyden Unterschiede, die die sittli-<lb/>
che Substanz sich gibt, unter sich theilen. Diese<lb/>
beyden <hi rendition="#i">allgemeinen</hi> Wesen der sittlichen Welt haben<lb/>
ihre bestimmte <hi rendition="#i">Individualität</hi> darum an <hi rendition="#i">natürlich</hi> un-<lb/>
terschiedenen Selbstbewu&#x017F;stseyn, weil der sittliche<lb/>
Geist die <hi rendition="#i">unmittelbare</hi> Einheit der Substanz mit dem<lb/>
Selbstbewu&#x017F;stseyn ist; &#x2014; eine <hi rendition="#i">Unmittelbarkeit</hi>, wel-<lb/>
che also nach der Seite der Realität und des Unter-<lb/>
schieds zugleich als das Daseyn eines natürlichen Un-<lb/>
terschieds erscheint. &#x2014; Es ist diejenige Seite, wel-<lb/>
che sich an der Gestalt der sich selbst realen Indivi-<lb/>
dualität, in dem Begriffe des geistigen Wesens, als<lb/><hi rendition="#i">ursprünglich bestimmte Natur</hi> zeigte. Di&#x017F;s Moment<lb/>
verliert die Unbestimmtheit, die es dort noch hat,<lb/>
und die zufällige Verschiedenheit von Anlagen und<lb/>
Fähigkeiten. Es ist itzt der bestimmte Gegensatz der<lb/>
zwey Geschlechter, deren Natürlichkeit zugleich die<lb/>
Bedeutung ihrer sittlichen Bestimmung erhält.</p><lb/>
              <p>Der Unterschied der Geschlechter und ihres sitt-<lb/>
lichen Inhalts bleibt jedoch in der Einheit der Sub-<lb/>
stanz, und seine Bewegung ist eben das bleibende<lb/>
Werden derselben. Der Mann wird vom Familien-<lb/>
geiste in das Gemeinwesen hinausgeschickt, und fin-<lb/>
det in diesem sein selbstbewu&#x017F;stes Wesen; wie die<lb/>
Familie hiedurch in ihm ihre allgemeine Substanz<lb/>
und Bestehen hat, so umgekehrt das Gemeinwesen<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[398/0507] Gesetzes. Auf diese Weise überwinden die beyden Geschlechter ihr natürliches Wesen, und treten in ihrer sittlichen Bedeutung auf, als Verschiedenhei- ten, welche die beyden Unterschiede, die die sittli- che Substanz sich gibt, unter sich theilen. Diese beyden allgemeinen Wesen der sittlichen Welt haben ihre bestimmte Individualität darum an natürlich un- terschiedenen Selbstbewuſstseyn, weil der sittliche Geist die unmittelbare Einheit der Substanz mit dem Selbstbewuſstseyn ist; — eine Unmittelbarkeit, wel- che also nach der Seite der Realität und des Unter- schieds zugleich als das Daseyn eines natürlichen Un- terschieds erscheint. — Es ist diejenige Seite, wel- che sich an der Gestalt der sich selbst realen Indivi- dualität, in dem Begriffe des geistigen Wesens, als ursprünglich bestimmte Natur zeigte. Diſs Moment verliert die Unbestimmtheit, die es dort noch hat, und die zufällige Verschiedenheit von Anlagen und Fähigkeiten. Es ist itzt der bestimmte Gegensatz der zwey Geschlechter, deren Natürlichkeit zugleich die Bedeutung ihrer sittlichen Bestimmung erhält. Der Unterschied der Geschlechter und ihres sitt- lichen Inhalts bleibt jedoch in der Einheit der Sub- stanz, und seine Bewegung ist eben das bleibende Werden derselben. Der Mann wird vom Familien- geiste in das Gemeinwesen hinausgeschickt, und fin- det in diesem sein selbstbewuſstes Wesen; wie die Familie hiedurch in ihm ihre allgemeine Substanz und Bestehen hat, so umgekehrt das Gemeinwesen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/507
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/507>, abgerufen am 22.11.2024.