Der Geist wird aber Gegenstand, denn er ist diese Bewegung, sich ein anderes, d. h. Gegen- stand seines Selbsts zu werden, und dieses An- dersseyn aufzuheben. Und die Erfahrung wird eben diese Bewegung genannt, worin das Un- mittelbare, das Unerfahrne, d. h. das abstrac- te, es sey des sinnlichen Seyns oder des nur gedachten Einfachen, sich entfremdet, und dann aus dieser Entfremdung zu sich zurückgeht, und hiemit itzt erst in seiner Wirklichkeit und Wahrheit dargestellt, wie auch Eigenthum des Bewusstseyns ist.
Die Ungleichheit, die im Bewusstseyn zwi- schen dem Ich und der Substanz, die sein Ge- genstand ist, statt findet, ist ihr Unterschied, das Negative überhaupt. Es kann als der Man- gel beyder angesehen werden, ist aber ihre Seele oder das Bewegende derselben; wesswegen ei- nige Alte das Leere als das Bewegende begrif- fen, indem sie das Bewegende zwar als das Negative, aber dieses noch nicht als das Selbst erfassten. -- Wenn nun diss Negative zunächst als Ungleichheit des Ichs zum Gegenstande er- scheint, so ist es ebensosehr die Ungleichheit der Substanz zu sich selbst. Was ausser ihr vor- zugehen, eine Thätigkeit gegen sie zu seyn scheint, ist ihr eigenes Thun und sie zeigt sich
Der Geist wird aber Gegenstand, denn er ist diese Bewegung, sich ein anderes, d. h. Gegen- stand seines Selbsts zu werden, und dieses An- dersſeyn aufzuheben. Und die Erfahrung wird eben dieſe Bewegung genannt, worin das Un- mittelbare, das Unerfahrne, d. h. das abſtrac- te, es ſey des ſinnlichen Seyns oder des nur gedachten Einfachen, ſich entfremdet, und dann aus dieſer Entfremdung zu ſich zurückgeht, und hiemit itzt erſt in ſeiner Wirklichkeit und Wahrheit dargeſtellt, wie auch Eigenthum des Bewuſstſeyns iſt.
Die Ungleichheit, die im Bewuſstſeyn zwi- ſchen dem Ich und der Subſtanz, die ſein Ge- genſtand iſt, ſtatt findet, iſt ihr Unterſchied, das Negative überhaupt. Es kann als der Man- gel beyder angeſehen werden, iſt aber ihre Seele oder das Bewegende derſelben; weſswegen ei- nige Alte das Leere als das Bewegende begrif- fen, indem ſie das Bewegende zwar als das Negative, aber dieſes noch nicht als das Selbſt erfaſsten. — Wenn nun diſs Negative zunächſt als Ungleichheit des Ichs zum Gegenſtande er- ſcheint, ſo iſt es ebenſoſehr die Ungleichheit der Subſtanz zu ſich ſelbſt. Was auſſer ihr vor- zugehen, eine Thätigkeit gegen ſie zu ſeyn ſcheint, iſt ihr eigenes Thun und ſie zeigt ſich
<TEI><text><front><divn="1"><p><pbfacs="#f0058"n="XLIII"/>
Der Geist wird aber Gegenstand, denn er ist<lb/>
diese <choice><sic>Beweguug</sic><corr>Bewegung</corr></choice>, <hirendition="#i">sich</hi> ein <hirendition="#i">anderes</hi>, d. h. <hirendition="#i">Gegen-<lb/>
stand seines Selbsts</hi> zu werden, und dieses An-<lb/>
dersſeyn aufzuheben. Und die Erfahrung wird<lb/>
eben dieſe Bewegung genannt, worin das Un-<lb/>
mittelbare, das Unerfahrne, d. h. das abſtrac-<lb/>
te, es ſey des ſinnlichen Seyns oder des nur<lb/>
gedachten Einfachen, ſich entfremdet, und dann<lb/>
aus dieſer Entfremdung zu ſich zurückgeht,<lb/>
und hiemit itzt erſt in ſeiner Wirklichkeit und<lb/>
Wahrheit dargeſtellt, wie auch Eigenthum des<lb/>
Bewuſstſeyns iſt.</p><lb/><p>Die Ungleichheit, die im Bewuſstſeyn zwi-<lb/>ſchen dem Ich und der Subſtanz, die ſein Ge-<lb/>
genſtand iſt, ſtatt findet, iſt ihr Unterſchied,<lb/>
das <hirendition="#i">Negative</hi> überhaupt. Es kann als der <hirendition="#i">Man-<lb/>
gel</hi> beyder angeſehen werden, iſt aber ihre Seele<lb/>
oder das Bewegende derſelben; weſswegen ei-<lb/>
nige Alte das <hirendition="#i">Leere</hi> als das Bewegende begrif-<lb/>
fen, indem ſie das Bewegende zwar als das<lb/><hirendition="#i">Negative</hi>, aber dieſes noch nicht als das Selbſt<lb/>
erfaſsten. — Wenn nun diſs Negative zunächſt<lb/>
als Ungleichheit des Ichs zum Gegenſtande er-<lb/>ſcheint, ſo iſt es ebenſoſehr die Ungleichheit<lb/>
der Subſtanz zu ſich ſelbſt. Was auſſer ihr vor-<lb/>
zugehen, eine Thätigkeit gegen ſie zu ſeyn<lb/>ſcheint, iſt ihr eigenes Thun und ſie zeigt ſich<lb/></p></div></front></text></TEI>
[XLIII/0058]
Der Geist wird aber Gegenstand, denn er ist
diese Bewegung, sich ein anderes, d. h. Gegen-
stand seines Selbsts zu werden, und dieses An-
dersſeyn aufzuheben. Und die Erfahrung wird
eben dieſe Bewegung genannt, worin das Un-
mittelbare, das Unerfahrne, d. h. das abſtrac-
te, es ſey des ſinnlichen Seyns oder des nur
gedachten Einfachen, ſich entfremdet, und dann
aus dieſer Entfremdung zu ſich zurückgeht,
und hiemit itzt erſt in ſeiner Wirklichkeit und
Wahrheit dargeſtellt, wie auch Eigenthum des
Bewuſstſeyns iſt.
Die Ungleichheit, die im Bewuſstſeyn zwi-
ſchen dem Ich und der Subſtanz, die ſein Ge-
genſtand iſt, ſtatt findet, iſt ihr Unterſchied,
das Negative überhaupt. Es kann als der Man-
gel beyder angeſehen werden, iſt aber ihre Seele
oder das Bewegende derſelben; weſswegen ei-
nige Alte das Leere als das Bewegende begrif-
fen, indem ſie das Bewegende zwar als das
Negative, aber dieſes noch nicht als das Selbſt
erfaſsten. — Wenn nun diſs Negative zunächſt
als Ungleichheit des Ichs zum Gegenſtande er-
ſcheint, ſo iſt es ebenſoſehr die Ungleichheit
der Subſtanz zu ſich ſelbſt. Was auſſer ihr vor-
zugehen, eine Thätigkeit gegen ſie zu ſeyn
ſcheint, iſt ihr eigenes Thun und ſie zeigt ſich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. XLIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/58>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.