so wie ihren sonstigen Eigennutz ausführt, und zu- gleich mit dem Despotismus sich verschwört, der als die synthetische, begrifflose Einheit des realen und dieses idealen Reichs, -- ein seltsam inconsequen- tes Wesen, -- über der schlechten Einsicht der Menge, und der schlechten Absicht der Priester steht, und beydes auch in sich vereinigt, aus der Dummheit und Verwirrung des Volks durch das Mittel der betriegenden Priesterschafft, beyde ver- achtend, den Vortheil der ruhigen Beherrschung und der Vollführung seiner Lüfte und Willkühr zieht, zugleich aber dieselbe Dumpfheit der Einsicht, der gleiche Aberglauben und Irrthum ist.
Gegen diese drey Seiten des Feindes lässt die Auf- klärung sich nicht ohne Unterschied ein; denn in- dem ihr Wesen reine Einsicht, das an und für sich allgemeine ist, so ist ihre wahre Beziehung auf das andere Extrem diejenige, in welcher sie auf das Gemeinschafftliche und Gleiche beyder geht. Die Seite der aus dem allgemeinen unbesangenen Bewusstseyn sich isolirenden Einzelnheit ist das ihr entgegenge- setzte, das sie nicht unmittelbar berühren kann. Der Willen der betriegenden Priesterschafft und des unterdrückenden Despoten ist daher nicht unmittel- barer Gegenstand ihres Thuns, sondern die willen- lose, nicht zum Fürsichseyn sich vereinzelnde Ein- sicht, der Begriff des vernünftigen Selbstbewusst- seyns, der an der Masse sein Daseyn hat, aber in ihr noch nicht als Begriff vorhanden ist. Indem
so wie ihren sonſtigen Eigennutz ausführt, und zu- gleich mit dem Despotismus sich verschwört, der als die synthetische, begrifflose Einheit des realen und dieses idealen Reichs, — ein seltsam inconsequen- tes Wesen, — über der schlechten Einsicht der Menge, und der schlechten Absicht der Prieſter ſteht, und beydes auch in sich vereinigt, aus der Dummheit und Verwirrung des Volks durch das Mittel der betriegenden Prieſterschafft, beyde ver- achtend, den Vortheil der ruhigen Beherrschung und der Vollführung seiner Lüfte und Willkühr zieht, zugleich aber dieselbe Dumpfheit der Einsicht, der gleiche Aberglauben und Irrthum ist.
Gegen dieſe drey Seiten des Feindes läſst die Auf- klärung sich nicht ohne Unterschied ein; denn in- dem ihr Wesen reine Einsicht, das an und für sich allgemeine ist, so ist ihre wahre Beziehung auf das andere Extrem diejenige, in welcher sie auf das Gemeinschafftliche und Gleiche beyder geht. Die Seite der aus dem allgemeinen unbeſangenen Bewuſstseyn sich isolirenden Einzelnheit ist das ihr entgegenge- setzte, das sie nicht unmittelbar berühren kann. Der Willen der betriegenden Priesterschafft und des unterdrückenden Despoten ist daher nicht unmittel- barer Gegenſtand ihres Thuns, sondern die willen- lose, nicht zum Fürsichseyn sich vereinzelnde Ein- sicht, der Begriff des vernünftigen Selbstbewuſst- seyns, der an der Maſſe sein Daseyn hat, aber in ihr noch nicht als Begriff vorhanden ist. Indem
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0599"n="490"/>
so wie ihren sonſtigen Eigennutz ausführt, und zu-<lb/>
gleich mit dem <hirendition="#i">Despotismus</hi> sich verschwört, der als<lb/>
die synthetische, begrifflose Einheit des realen und<lb/>
dieses idealen Reichs, — ein seltsam inconsequen-<lb/>
tes Wesen, — über der schlechten Einsicht der<lb/>
Menge, und der schlechten Absicht der Prieſter<lb/>ſteht, und beydes auch in sich vereinigt, aus der<lb/>
Dummheit und Verwirrung des Volks durch das<lb/>
Mittel der betriegenden Prieſterschafft, beyde ver-<lb/>
achtend, den Vortheil der ruhigen Beherrschung<lb/>
und der Vollführung seiner Lüfte und Willkühr<lb/>
zieht, zugleich aber dieselbe Dumpfheit der Einsicht,<lb/>
der gleiche Aberglauben und Irrthum ist.</p><lb/><p>Gegen dieſe drey Seiten des Feindes läſst die Auf-<lb/>
klärung sich nicht ohne Unterschied ein; denn in-<lb/>
dem ihr Wesen reine Einsicht, das an und für sich<lb/><hirendition="#i">allgemeine</hi> ist, so ist ihre wahre Beziehung auf das<lb/>
andere Extrem diejenige, in welcher sie auf das<lb/><hirendition="#i">Gemeinschafftliche</hi> und <hirendition="#i">Gleiche</hi> beyder geht. Die Seite<lb/>
der aus dem allgemeinen unbeſangenen Bewuſstseyn<lb/>
sich isolirenden <hirendition="#i">Einzelnheit</hi> ist das ihr entgegenge-<lb/>
setzte, das sie nicht unmittelbar berühren kann.<lb/>
Der Willen der betriegenden Priesterschafft und des<lb/>
unterdrückenden Despoten ist daher nicht unmittel-<lb/>
barer Gegenſtand ihres Thuns, sondern die willen-<lb/>
lose, nicht zum Fürsichseyn sich vereinzelnde Ein-<lb/>
sicht, der <hirendition="#i">Begriff</hi> des vernünftigen Selbstbewuſst-<lb/>
seyns, der an der Maſſe sein Daseyn hat, aber in<lb/>
ihr noch nicht als Begriff vorhanden ist. Indem<lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[490/0599]
so wie ihren sonſtigen Eigennutz ausführt, und zu-
gleich mit dem Despotismus sich verschwört, der als
die synthetische, begrifflose Einheit des realen und
dieses idealen Reichs, — ein seltsam inconsequen-
tes Wesen, — über der schlechten Einsicht der
Menge, und der schlechten Absicht der Prieſter
ſteht, und beydes auch in sich vereinigt, aus der
Dummheit und Verwirrung des Volks durch das
Mittel der betriegenden Prieſterschafft, beyde ver-
achtend, den Vortheil der ruhigen Beherrschung
und der Vollführung seiner Lüfte und Willkühr
zieht, zugleich aber dieselbe Dumpfheit der Einsicht,
der gleiche Aberglauben und Irrthum ist.
Gegen dieſe drey Seiten des Feindes läſst die Auf-
klärung sich nicht ohne Unterschied ein; denn in-
dem ihr Wesen reine Einsicht, das an und für sich
allgemeine ist, so ist ihre wahre Beziehung auf das
andere Extrem diejenige, in welcher sie auf das
Gemeinschafftliche und Gleiche beyder geht. Die Seite
der aus dem allgemeinen unbeſangenen Bewuſstseyn
sich isolirenden Einzelnheit ist das ihr entgegenge-
setzte, das sie nicht unmittelbar berühren kann.
Der Willen der betriegenden Priesterschafft und des
unterdrückenden Despoten ist daher nicht unmittel-
barer Gegenſtand ihres Thuns, sondern die willen-
lose, nicht zum Fürsichseyn sich vereinzelnde Ein-
sicht, der Begriff des vernünftigen Selbstbewuſst-
seyns, der an der Maſſe sein Daseyn hat, aber in
ihr noch nicht als Begriff vorhanden ist. Indem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/599>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.