dete Begriff -- denn er steht hier noch auf der Stuffe dieser Entfremdung -- aber erkennt nicht diss gleiche Wesen beyder Seiten, der Bewegung des Selbstbe- wusstseyns und seines absoluten Wesens, -- nicht das gleiche Wesen derselben, welches in der That ihre Sub- stanz und Bestehen ist. Indem er diese Einheit nicht erkennt, so gilt ihm das Wesen nur in der Form des gegenständlichen Jenseits, das unterscheidende Bewusstseyn aber, das auf diese Weise das Ansich ausser ihm hat, als ein endliches Bewusstseyn.
Ueber jenes absolute Wesen geräth die Aufklä- rung selbst mit sich in den Streit, den sie vorher mit dem Glauben hatte, und theilt sich in zwey Par- theyen. Eine Parthey bewährt sich erst dadurch als die Siegende, dass sie in zwey Partheyen zerfällt; denn darin zeigt sie das Princip, das sie bekämpfte, an ihr selbst zu besitzen, und hiemit die Einseitigkeit aufgehoben zu haben, in der sie vorher auftrat. Das Interesse, das sich zwischen ihr und der andern theilte, fällt nun ganz in sie und vergisst der andern, weil es in ihr selbst den Gegensatz findet, der es beschäfftigt. Zugleich aber ist er in das höhere sie- gende Element erhoben worden, worin er geläutert sich darstellt. So dass also die in einer Parthey ent- stehende Zwietracht, welche ein Unglück scheint, vielmehr ihr Glück beweisst.
Das reine Wesen selbst hat keinen Unterschied an ihm, daher kommt er so an dasselbe, dass sich zwey solche reine Wesen für das Bewusstseyn, oder
dete Begriff — denn er ſteht hier noch auf der Stuffe dieſer Entfremdung — aber erkennt nicht diſs gleiche Wesen beyder Seiten, der Bewegung des Selbstbe- wuſstseyns und seines abſoluten Weſens, — nicht das gleiche Wesen derſelben, welches in der That ihre Sub- stanz und Beſtehen ist. Indem er dieſe Einheit nicht erkennt, ſo gilt ihm das Weſen nur in der Form des gegenſtändlichen Jenseits, das unterſcheidende Bewuſstseyn aber, das auf dieſe Weiſe das Ansich auſser ihm hat, als ein endliches Bewuſstseyn.
Ueber jenes abſolute Weſen geräth die Aufklä- rung ſelbſt mit sich in den Streit, den sie vorher mit dem Glauben hatte, und theilt sich in zwey Par- theyen. Eine Parthey bewährt sich erst dadurch als die Siegende, daſs sie in zwey Partheyen zerfällt; denn darin zeigt sie das Princip, das sie bekämpfte, an ihr ſelbſt zu besitzen, und hiemit die Einseitigkeit aufgehoben zu haben, in der sie vorher auftrat. Das Intereſſe, das sich zwiſchen ihr und der andern theilte, fällt nun ganz in sie und vergiſst der andern, weil es in ihr ſelbſt den Gegenſatz findet, der es beſchäfftigt. Zugleich aber ist er in das höhere sie- gende Element erhoben worden, worin er geläutert sich darſtellt. So daſs alſo die in einer Parthey ent- ſtehende Zwietracht, welche ein Unglück ſcheint, vielmehr ihr Glück beweiſst.
Das reine Weſen ſelbſt hat keinen Unterſchied an ihm, daher kommt er ſo an daſſelbe, daſs sich zwey ſolche reine Weſen für das Bewuſstseyn, oder
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dete Begriff — denn er ſteht hier noch auf der Stuffe
dieſer Entfremdung — aber erkennt nicht diſs gleiche
Wesen beyder Seiten, der Bewegung des Selbstbe-
wuſstseyns und seines abſoluten Weſens, — nicht das
gleiche Wesen derſelben, welches in der That ihre Sub-
stanz und Beſtehen ist. Indem er dieſe Einheit nicht
erkennt, ſo gilt ihm das Weſen nur in der Form
des gegenſtändlichen Jenseits, das unterſcheidende
Bewuſstseyn aber, das auf dieſe Weiſe das Ansich
auſser ihm hat, als ein endliches Bewuſstseyn.
Ueber jenes abſolute Weſen geräth die Aufklä-
rung ſelbſt mit sich in den Streit, den sie vorher mit
dem Glauben hatte, und theilt sich in zwey Par-
theyen. Eine Parthey bewährt sich erst dadurch als
die Siegende, daſs sie in zwey Partheyen zerfällt; denn
darin zeigt sie das Princip, das sie bekämpfte, an
ihr ſelbſt zu besitzen, und hiemit die Einseitigkeit
aufgehoben zu haben, in der sie vorher auftrat. Das
Intereſſe, das sich zwiſchen ihr und der andern
theilte, fällt nun ganz in sie und vergiſst der andern,
weil es in ihr ſelbſt den Gegenſatz findet, der es
beſchäfftigt. Zugleich aber ist er in das höhere sie-
gende Element erhoben worden, worin er geläutert
sich darſtellt. So daſs alſo die in einer Parthey ent-
ſtehende Zwietracht, welche ein Unglück ſcheint,
vielmehr ihr Glück beweiſst.
Das reine Weſen ſelbſt hat keinen Unterſchied
an ihm, daher kommt er ſo an daſſelbe, daſs sich
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 524. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/633>, abgerufen am 22.11.2024.
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