scheidung der Pflicht gegen dzs Einzelne und gegen das Allgemeine, der Natur des Gegensatzes über- haupt nach nichts festes. Sondern vielmehr was der Einzelne für sich thut, kommt auch dem Allgemei- nen zu gute; je mehr er für sich gesorgt hat, desto grösser ist nicht nur seine Möglichkeit, andern zu nü- tzen; sondern seine Wirklichkeit selbst ist nur diss, im Zusammenhange mit andern zu seyn und zu le- ben; sein einzelner Genuss hat wesentlich die Be- deutung, damit andern das seinige preiszugeben, und ihnen zum Erwerb ihres Genusses zu verhelffen. In der Erfüllung der Pflicht gegen den Einzelnen, also gegen sich, wird also auch die gegen das All- gemeine erfüllt. -- Die Erwägung und Vergleichung der Pflichten, welche hier einträte, lieffe auf die Be- rechnung des Vortheils hinaus, den das Allgemeine von einer Handlung hätte, aber theils fällt die Mo- ralität hiedurch der nothwendigen Zufälligkeit der Einsicht anheim, theils ist es gerade das Wesen des Gewissens diss Berechnen und Erwägen abzuschneiden, und ohne solche Gründe aus sich zu entscheiden.
Auf diese Weise handelt und erhält sich also das Gewissen in der Einheit des Ansich und des Für- sichseyns, in der Einheit des reinen Denkens und der Individualität, und ist der seiner gewisse Geist, der seine Wahrheit an ihm selbst, in seinem Selbst, in seinem Wissen, und darin als dem Wissen von der Pflicht hat. Er erhält sich eben dadurch darin, dass was positives in der Handlung ist, sowohl der
ſcheidung der Pflicht gegen dzs Einzelne und gegen das Allgemeine, der Natur des Gegenſatzes über- haupt nach nichts feſtes. Sondern vielmehr was der Einzelne für sich thut, kommt auch dem Allgemei- nen zu gute; je mehr er für sich geſorgt hat, deſto gröſſer iſt nicht nur ſeine Möglichkeit, andern zu nü- tzen; ſondern ſeine Wirklichkeit ſelbſt iſt nur diſs, im Zuſammenhange mit andern zu ſeyn und zu le- ben; ſein einzelner Genuſs hat weſentlich die Be- deutung, damit andern das ſeinige preiszugeben, und ihnen zum Erwerb ihres Genuſſes zu verhelffen. In der Erfüllung der Pflicht gegen den Einzelnen, alſo gegen ſich, wird alſo auch die gegen das All- gemeine erfüllt. — Die Erwägung und Vergleichung der Pflichten, welche hier einträte, lieffe auf die Be- rechnung des Vortheils hinaus, den das Allgemeine von einer Handlung hätte, aber theils fällt die Mo- ralität hiedurch der nothwendigen Zufälligkeit der Einsicht anheim, theils iſt es gerade das Weſen des Gewiſſens diſs Berechnen und Erwägen abzuſchneiden, und ohne ſolche Gründe aus ſich zu entſcheiden.
Auf dieſe Weiſe handelt und erhält ſich alſo das Gewiſſen in der Einheit des Anſich und des Für- ſichſeyns, in der Einheit des reinen Denkens und der Individualität, und iſt der ſeiner gewiſſe Geiſt, der ſeine Wahrheit an ihm ſelbſt, in ſeinem Selbſt, in ſeinem Wiſſen, und darin als dem Wiſſen von der Pflicht hat. Er erhält sich eben dadurch darin, daſs was poſitives in der Handlung iſt, ſowohl der
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ſcheidung der Pflicht gegen dzs Einzelne und gegen
das Allgemeine, der Natur des Gegenſatzes über-
haupt nach nichts feſtes. Sondern vielmehr was der
Einzelne für sich thut, kommt auch dem Allgemei-
nen zu gute; je mehr er für sich geſorgt hat, deſto
gröſſer iſt nicht nur ſeine Möglichkeit, andern zu nü-
tzen; ſondern ſeine Wirklichkeit ſelbſt iſt nur diſs,
im Zuſammenhange mit andern zu ſeyn und zu le-
ben; ſein einzelner Genuſs hat weſentlich die Be-
deutung, damit andern das ſeinige preiszugeben, und
ihnen zum Erwerb ihres Genuſſes zu verhelffen.
In der Erfüllung der Pflicht gegen den Einzelnen,
alſo gegen ſich, wird alſo auch die gegen das All-
gemeine erfüllt. — Die Erwägung und Vergleichung
der Pflichten, welche hier einträte, lieffe auf die Be-
rechnung des Vortheils hinaus, den das Allgemeine
von einer Handlung hätte, aber theils fällt die Mo-
ralität hiedurch der nothwendigen Zufälligkeit der
Einsicht anheim, theils iſt es gerade das Weſen des
Gewiſſens diſs Berechnen und Erwägen abzuſchneiden,
und ohne ſolche Gründe aus ſich zu entſcheiden.
Auf dieſe Weiſe handelt und erhält ſich alſo
das Gewiſſen in der Einheit des Anſich und des Für-
ſichſeyns, in der Einheit des reinen Denkens und der
Individualität, und iſt der ſeiner gewiſſe Geiſt, der
ſeine Wahrheit an ihm ſelbſt, in ſeinem Selbſt,
in ſeinem Wiſſen, und darin als dem Wiſſen von
der Pflicht hat. Er erhält sich eben dadurch darin,
daſs was poſitives in der Handlung iſt, ſowohl der
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 597. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/706>, abgerufen am 22.11.2024.
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