ebensosehr heraus und in sich reflectirt, und darin, dass sie das Ansichseyende nur als ein Seyn für ande- res gebraucht, ist vielmehr die eigne Verachtung desselben und die Darstellung seiner Wesenlosigkeit für Alle enthalten. Denn was sich als ein äusserli- ches Werkzeug gebrauchen lässt, zeigt sich als ein Ding, das keine eigne Schwere in sich hat.
Auch kommt diese Gleichheit weder durch das einseitige Beharren des bösen Bewusstseyns auf sich, noch durch das Urtheil des allgemeinen zu Stande. -- Wenn jenes sich gegen das Bewusstseyn der Pflicht verleugnet, und was dieses für Schlechtigkeit, für absolute Ungleichheit mit dem Allgemeinen, aussagt, als ein Handeln nach dem innern Gesetze und Ge- wissen behauptet, so bleibt in dieser einseitigen Ver- sicherung der Gleichheit seine Ungleichheit mit dem Andern, da ja dieses sie nicht glaubt und nicht an- erkennt. -- Oder da das einseitige Beharren auf Ei- nem Extreme sich selbst auflöst, so würde das Böse sich zwar dadurch als Böses eingestehen, aber darin, sich unmittelbar aufheben und nicht Heucheley seyn noch als solche sich entlarven. Es gesteht sich in der That als Böses durch die Behauptung ein, dass es, dem anerkannten Allgemeinen entgegengesetzt, nach seinem innern Gesetze und Gewissen handle. Denn wäre diss Gesetz und Gewissen nicht das Gesetz sei- ner Einzelnheit und Willkühr, so wäre es nicht etwas Innres, Eignes, sondern das allgemein anerkannte. Wer darum sagt, dass er nach seinem Gesetze und Ge-
ebenſoſehr heraus und in ſich reflectirt, und darin, daſs ſie das Anſichſeyende nur als ein Seyn für ande- res gebraucht, iſt vielmehr die eigne Verachtung deſſelben und die Darſtellung ſeiner Weſenloſigkeit für Alle enthalten. Denn was ſich als ein äuſſerli- ches Werkzeug gebrauchen läſst, zeigt ſich als ein Ding, das keine eigne Schwere in ſich hat.
Auch kommt dieſe Gleichheit weder durch das einſeitige Beharren des böſen Bewuſstseyns auf ſich, noch durch das Urtheil des allgemeinen zu Stande. — Wenn jenes ſich gegen das Bewuſstseyn der Pflicht verleugnet, und was dieſes für Schlechtigkeit, für abſolute Ungleichheit mit dem Allgemeinen, ausſagt, als ein Handeln nach dem innern Geſetze und Ge- wiſſen behauptet, ſo bleibt in dieser einſeitigen Ver- ſicherung der Gleichheit ſeine Ungleichheit mit dem Andern, da ja dieſes ſie nicht glaubt und nicht an- erkennt. — Oder da das einſeitige Beharren auf Ei- nem Extreme ſich ſelbſt auflöſt, ſo würde das Böſe ſich zwar dadurch als Böſes eingeſtehen, aber darin, ſich unmittelbar aufheben und nicht Heucheley ſeyn noch als ſolche ſich entlarven. Es geſteht ſich in der That als Böſes durch die Behauptung ein, daſs es, dem anerkannten Allgemeinen entgegengeſetzt, nach ſeinem innern Geſetze und Gewiſſen handle. Denn wäre diſs Geſetz und Gewiſſen nicht das Geſetz ſei- ner Einzelnheit und Willkühr, ſo wäre es nicht etwas Innres, Eignes, ſondern das allgemein anerkannte. Wer darum ſagt, daſs er nach ſeinem Geſetze und Ge-
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ebenſoſehr heraus und in ſich reflectirt, und darin,
daſs ſie das Anſichſeyende nur als ein Seyn für ande-
res gebraucht, iſt vielmehr die eigne Verachtung
deſſelben und die Darſtellung ſeiner Weſenloſigkeit
für Alle enthalten. Denn was ſich als ein äuſſerli-
ches Werkzeug gebrauchen läſst, zeigt ſich als ein
Ding, das keine eigne Schwere in ſich hat.
Auch kommt dieſe Gleichheit weder durch das
einſeitige Beharren des böſen Bewuſstseyns auf ſich,
noch durch das Urtheil des allgemeinen zu Stande. —
Wenn jenes ſich gegen das Bewuſstseyn der Pflicht
verleugnet, und was dieſes für Schlechtigkeit, für
abſolute Ungleichheit mit dem Allgemeinen, ausſagt,
als ein Handeln nach dem innern Geſetze und Ge-
wiſſen behauptet, ſo bleibt in dieser einſeitigen Ver-
ſicherung der Gleichheit ſeine Ungleichheit mit dem
Andern, da ja dieſes ſie nicht glaubt und nicht an-
erkennt. — Oder da das einſeitige Beharren auf Ei-
nem Extreme ſich ſelbſt auflöſt, ſo würde das Böſe
ſich zwar dadurch als Böſes eingeſtehen, aber darin,
ſich unmittelbar aufheben und nicht Heucheley ſeyn
noch als ſolche ſich entlarven. Es geſteht ſich in
der That als Böſes durch die Behauptung ein, daſs
es, dem anerkannten Allgemeinen entgegengeſetzt,
nach ſeinem innern Geſetze und Gewiſſen handle. Denn
wäre diſs Geſetz und Gewiſſen nicht das Geſetz ſei-
ner Einzelnheit und Willkühr, ſo wäre es nicht etwas
Innres, Eignes, ſondern das allgemein anerkannte.
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 612. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/721>, abgerufen am 22.11.2024.
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