Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorstellung ist der wahre absolute Inhalt; er drückt,
wie wir sahen, den Geist selbst aus. Er ist zugleich
nicht nur Inhalt des Selbstbewusstseyns und nicht nur
für es Gegenstand, sondern er ist auch wirklicher Geist.
Er ist diss, indem er die drey Elemente seiner Natur
durchlaufft; diese Bewegung durch sich selbst hindurch
macht seine Wirklichkeit aus; -- was sich bewegt,
ist er, er ist das Subject der Bewegung, und er ist eben-
so das Bewegen selbst, oder die Substanz, durch wel-
che das Subject hindurchgeht. Wie uns der Begriff
des Geistes geworden war, als wir in die Religion ein-
traten, nemlich als die Bewegung des seiner selbst ge-
wissen Geistes, der dem Bösen verzieht und darin zu-
gleich von seiner eignen Einfachheit und harten Un-
wandelbarkeit ablässt, oder die Bewegung, dass das
absolut entgegengesetzte sich als dasselbe erkennt und
diss Erkennen als das Ja zwischen diesen Extremen
hervorbricht, -- diesen Begriff schaut das religiöse
Bewusstseyn, dem das absolute Wesen offenbar, an,
und hebt die Unterscheidung seines Selbsts von seinem
Angeschauten auf, ist wie es das Subject ist, so
auch die Substanz, und ist also selbst der Geist, eben
weil und insofern es diese Bewegung ist.

Vollendet aber ist diese Gemeinde noch nicht in
diesem ihrem Selbstbewusstseyn; ihr Inhalt ist über-
haupt in der Form des Vorstellens für sie, und diese
Entzweyung hat auch die wirkliche Geistigkeit derselben,
ihre Rückkehr aus ihrem Vorstellen, noch an ihr, wie
das Element des reinen Denkens selbst damit behaftet

Vorſtellung ist der wahre absolute Inhalt; er drückt,
wie wir sahen, den Geist selbst aus. Er ist zugleich
nicht nur Inhalt des Selbſtbewuſstseyns und nicht nur
für es Gegenſtand, ſondern er ist auch wirklicher Geiſt.
Er ist diſs, indem er die drey Elemente seiner Natur
durchlaufft; diese Bewegung durch sich selbſt hindurch
macht seine Wirklichkeit aus; — was sich bewegt,
iſt er, er ist das Subject der Bewegung, und er ist eben-
so das Bewegen ſelbſt, oder die Subſtanz, durch wel-
che das Subject hindurchgeht. Wie uns der Begriff
des Geistes geworden war, als wir in die Religion ein-
traten, nemlich als die Bewegung des seiner ſelbſt ge-
wiſſen Geistes, der dem Bösen verzieht und darin zu-
gleich von seiner eignen Einfachheit und harten Un-
wandelbarkeit abläſst, oder die Bewegung, daſs das
absolut entgegengeſetzte ſich als daſſelbe erkennt und
diſs Erkennen als das Ja zwischen dieſen Extremen
hervorbricht, — dieſen Begriff schaut das religiöse
Bewuſstseyn, dem das absolute Wesen offenbar, an,
und hebt die Unterſcheidung ſeines Selbſts von ſeinem
Angeſchauten auf, ist wie es das Subject ist, so
auch die Substanz, und iſt also selbſt der Geiſt, eben
weil und inſofern es diese Bewegung ist.

Vollendet aber ist diese Gemeinde noch nicht in
diesem ihrem Selbſtbewuſstseyn; ihr Inhalt iſt über-
haupt in der Form des Vorſtellens für ſie, und dieſe
Entzweyung hat auch die wirkliche Geiſtigkeit derſelben,
ihre Rückkehr aus ihrem Vorſtellen, noch an ihr, wie
das Element des reinen Denkens ſelbſt damit behaftet

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0847" n="738"/>
Vor&#x017F;tellung ist der wahre absolute <hi rendition="#i">Inhalt</hi>; er drückt,<lb/>
wie wir sahen, den Geist selbst aus. Er ist zugleich<lb/>
nicht nur <hi rendition="#i">Inhalt</hi> des Selb&#x017F;tbewu&#x017F;stseyns und nicht nur<lb/><hi rendition="#i">für es</hi> Gegen&#x017F;tand, &#x017F;ondern er ist auch <hi rendition="#i">wirklicher Gei&#x017F;t</hi>.<lb/>
Er ist di&#x017F;s, indem er die drey Elemente seiner Natur<lb/>
durchlaufft; diese Bewegung durch sich selb&#x017F;t hindurch<lb/>
macht seine Wirklichkeit aus; &#x2014; was sich bewegt,<lb/>
i&#x017F;t er, er ist das Subject der Bewegung, und er ist eben-<lb/>
so <hi rendition="#i">das Bewegen</hi> &#x017F;elb&#x017F;t, oder die Sub&#x017F;tanz, durch wel-<lb/>
che das Subject hindurchgeht. Wie uns der Begriff<lb/>
des Geistes geworden war, als wir in die Religion ein-<lb/>
traten, nemlich als die Bewegung des seiner &#x017F;elb&#x017F;t ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en Geistes, der dem Bösen verzieht und darin zu-<lb/>
gleich von seiner eignen Einfachheit und harten Un-<lb/>
wandelbarkeit ablä&#x017F;st, oder die Bewegung, da&#x017F;s das<lb/>
absolut <hi rendition="#i">entgegenge&#x017F;etzte</hi> &#x017F;ich als <hi rendition="#i">da&#x017F;&#x017F;elbe</hi> erkennt und<lb/>
di&#x017F;s Erkennen als das <hi rendition="#i">Ja</hi> zwischen die&#x017F;en Extremen<lb/>
hervorbricht, &#x2014; die&#x017F;en Begriff <hi rendition="#i">schaut</hi> das religiöse<lb/>
Bewu&#x017F;stseyn, dem das absolute Wesen offenbar, <hi rendition="#i">an</hi>,<lb/>
und hebt die <hi rendition="#i">Unter&#x017F;cheidung</hi> &#x017F;eines <hi rendition="#i">Selb</hi>&#x017F;t<hi rendition="#i">s</hi> von &#x017F;einem<lb/><hi rendition="#i">Ange&#x017F;chauten</hi> auf, ist wie es das Subject ist, so<lb/>
auch die Substanz, und <hi rendition="#i">i&#x017F;t</hi> also selb&#x017F;t der Gei&#x017F;t, eben<lb/>
weil und in&#x017F;ofern es diese Bewegung ist.</p><lb/>
            <p>Vollendet aber ist diese Gemeinde noch nicht in<lb/>
diesem ihrem Selb&#x017F;tbewu&#x017F;stseyn; ihr Inhalt i&#x017F;t über-<lb/>
haupt in der Form des <hi rendition="#i">Vor&#x017F;tellens</hi> für &#x017F;ie, und die&#x017F;e<lb/>
Entzweyung hat auch die <hi rendition="#i">wirkliche Gei&#x017F;tigkeit</hi> der&#x017F;elben,<lb/>
ihre Rückkehr aus ihrem Vor&#x017F;tellen, noch an ihr, wie<lb/>
das Element des reinen Denkens &#x017F;elb&#x017F;t damit behaftet<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[738/0847] Vorſtellung ist der wahre absolute Inhalt; er drückt, wie wir sahen, den Geist selbst aus. Er ist zugleich nicht nur Inhalt des Selbſtbewuſstseyns und nicht nur für es Gegenſtand, ſondern er ist auch wirklicher Geiſt. Er ist diſs, indem er die drey Elemente seiner Natur durchlaufft; diese Bewegung durch sich selbſt hindurch macht seine Wirklichkeit aus; — was sich bewegt, iſt er, er ist das Subject der Bewegung, und er ist eben- so das Bewegen ſelbſt, oder die Subſtanz, durch wel- che das Subject hindurchgeht. Wie uns der Begriff des Geistes geworden war, als wir in die Religion ein- traten, nemlich als die Bewegung des seiner ſelbſt ge- wiſſen Geistes, der dem Bösen verzieht und darin zu- gleich von seiner eignen Einfachheit und harten Un- wandelbarkeit abläſst, oder die Bewegung, daſs das absolut entgegengeſetzte ſich als daſſelbe erkennt und diſs Erkennen als das Ja zwischen dieſen Extremen hervorbricht, — dieſen Begriff schaut das religiöse Bewuſstseyn, dem das absolute Wesen offenbar, an, und hebt die Unterſcheidung ſeines Selbſts von ſeinem Angeſchauten auf, ist wie es das Subject ist, so auch die Substanz, und iſt also selbſt der Geiſt, eben weil und inſofern es diese Bewegung ist. Vollendet aber ist diese Gemeinde noch nicht in diesem ihrem Selbſtbewuſstseyn; ihr Inhalt iſt über- haupt in der Form des Vorſtellens für ſie, und dieſe Entzweyung hat auch die wirkliche Geiſtigkeit derſelben, ihre Rückkehr aus ihrem Vorſtellen, noch an ihr, wie das Element des reinen Denkens ſelbſt damit behaftet

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/847
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 738. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/847>, abgerufen am 22.11.2024.