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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

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stehe, weil er den Massstab an seiner natürli-
chen Vernunft dazu besitze, -- als ob er den
Massstab eines Schuhes nicht an seinem Fusse
ebenfalls besässe. -- Es scheint gerade in den
Mangel von Kenntnissen und von Studium der
Besitz der Philosophie gesetzt zu werden, und
diese da aufzuhören, wo jene anfangen. Sie
wird häuffig für ein formelles inhaltsleeres Wis-
sen gehalten, und es fehlt sehr an der Einsicht,
dass was, auch dem Inhalte nach, in irgend ei-
ner Kenntniss und Wissenschafft Wahrheit ist,
diesen Nahmen allein dann verdienen kann,
wenn es von der Philosophie erzeugt worden;
dass die andern Wissenschafften, sie mögen es
mit Räsonniren, ohne die Philosophie, versu-
chen, so viel sie wollen, ohne sie nicht Leben,
Geist, Wahrheit in ihnen zu haben vermögen.

In Ansehung der eigentlichen Philosophie
sehen wir für den langen Weg der Bildung,
für die eben so reiche als tiefe Bewegung, durch
die der Geist zum Wissen gelangt, die unmit-
telbare Offenbarung des Göttlichen und den
gesunden Menschenverstand, der sich weder mit
andrem Wissen noch mit dem eigentlichen Phi-
losophiren bemüht und gebildet hat, sich un-
mittelbar als ein vollkommenes Equivalent und
so gutes Surrogat ansehen, als etwa die Cichorie

ſtehe, weil er den Maſsſtab an ſeiner natürli-
chen Vernunft dazu beſitze, — als ob er den
Maſsſtab eines Schuhes nicht an ſeinem Fuſſe
ebenfalls beſäſſe. — Es ſcheint gerade in den
Mangel von Kenntniſſen und von Studium der
Beſitz der Philoſophie geſetzt zu werden, und
dieſe da aufzuhören, wo jene anfangen. Sie
wird häuffig für ein formelles inhaltsleeres Wiſ-
ſen gehalten, und es fehlt ſehr an der Einſicht,
daſs was, auch dem Inhalte nach, in irgend ei-
ner Kenntniſs und Wiſſenſchafft Wahrheit iſt,
dieſen Nahmen allein dann verdienen kann,
wenn es von der Philoſophie erzeugt worden;
daſs die andern Wiſſenſchafften, ſie mögen es
mit Räſonniren, ohne die Philoſophie, verſu-
chen, ſo viel ſie wollen, ohne ſie nicht Leben,
Geiſt, Wahrheit in ihnen zu haben vermögen.

In Anſehung der eigentlichen Philoſophie
ſehen wir für den langen Weg der Bildung,
für die eben ſo reiche als tiefe Bewegung, durch
die der Geiſt zum Wiſſen gelangt, die unmit-
telbare Offenbarung des Göttlichen und den
geſunden Menſchenverſtand, der ſich weder mit
andrem Wiſſen noch mit dem eigentlichen Phi-
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[LXXXIV/0099] ſtehe, weil er den Maſsſtab an ſeiner natürli- chen Vernunft dazu beſitze, — als ob er den Maſsſtab eines Schuhes nicht an ſeinem Fuſſe ebenfalls beſäſſe. — Es ſcheint gerade in den Mangel von Kenntniſſen und von Studium der Beſitz der Philoſophie geſetzt zu werden, und dieſe da aufzuhören, wo jene anfangen. Sie wird häuffig für ein formelles inhaltsleeres Wiſ- ſen gehalten, und es fehlt ſehr an der Einſicht, daſs was, auch dem Inhalte nach, in irgend ei- ner Kenntniſs und Wiſſenſchafft Wahrheit iſt, dieſen Nahmen allein dann verdienen kann, wenn es von der Philoſophie erzeugt worden; daſs die andern Wiſſenſchafften, ſie mögen es mit Räſonniren, ohne die Philoſophie, verſu- chen, ſo viel ſie wollen, ohne ſie nicht Leben, Geiſt, Wahrheit in ihnen zu haben vermögen. In Anſehung der eigentlichen Philoſophie ſehen wir für den langen Weg der Bildung, für die eben ſo reiche als tiefe Bewegung, durch die der Geiſt zum Wiſſen gelangt, die unmit- telbare Offenbarung des Göttlichen und den geſunden Menſchenverſtand, der ſich weder mit andrem Wiſſen noch mit dem eigentlichen Phi- loſophiren bemüht und gebildet hat, ſich un- mittelbar als ein vollkommenes Equivalent und ſo gutes Surrogat anſehen, als etwa die Cichorie

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. LXXXIV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/99>, abgerufen am 21.11.2024.