Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heidegger, Gotthard: Mythoscopia Romantica oder Discours Von den so benanten Romans. Zürich, 1698.

Bild:
<< vorherige Seite
Discours von den Rom.

LXIV. Kurtz zusagen/ ein Fabel/
wenn man sie lesen muß/ soll nicht al-
lein keusch seyn/ sondern auch ohnlaug-
bare Nutzbarkeiten und Gemüths-
Verbesserung mitbringen/ sonst ist letz
gethan. Ja wenn sie schon eben be-
sagte Eigenschafft hat/ darff sie an-
derst/ als zu einem seltenen Neben-
Studio nicht gebraucht werden. Es
ist keiner under den Roman-leseren
der leicht verdäuen wurde/ wenn man
ihm den Titel eines alberen Kinds
widmen wurde. Nun komt dises Stu-
dium
allein Kinderen zu/ die man et-
wa mit Mährlein/ und Clauß-Legen-
den speisen und underhalten muß.
De lib.
educ. p.
5.
Doch meint Plutarchus, es hette
Plato den Pfleg-mütteren/ sehr weiß-
lich befohlen/ daß sie auch den jungen
Kinderen keine närrische Fablen bey-
bringen. Ein Bedencken hierwider
Tangit
hanc ex-
ceptionem
Huet. p.

110.
ware/ daß gleichwol von den Gelehr-
ten selbst das Lesen der Poeten fleissig
getriben/ und höchlich recomman-
di
ert wurde. Nun wären die Sa-
chen der Poeten mehrtheil Fablen.
Plautus sage:

Plaut.
Pseudol.
I.
4.
-- Poeta tabulas cum cepit sibi,
Quaerit, id quod nusquam est gen-
tium, reperit tamen;

Diſcours von den Rom.

LXIV. Kurtz zuſagen/ ein Fabel/
wenn man ſie leſen muß/ ſoll nicht al-
lein keuſch ſeyn/ ſondern auch ohnlaug-
bare Nutzbarkeiten und Gemuͤths-
Verbeſſerung mitbringen/ ſonſt iſt letz
gethan. Ja wenn ſie ſchon eben be-
ſagte Eigenſchafft hat/ darff ſie an-
derſt/ als zu einem ſeltenen Neben-
Studio nicht gebraucht werden. Es
iſt keiner under den Roman-leſeren
der leicht verdaͤuen wurde/ wenn man
ihm den Titel eines alberen Kinds
widmen wurde. Nun komt diſes Stu-
dium
allein Kinderen zu/ die man et-
wa mit Maͤhrlein/ und Clauß-Legen-
den ſpeiſen und underhalten muß.
De lib.
educ. p.
5.
Doch meint Plutarchus, es hette
Plato den Pfleg-muͤtteren/ ſehr weiß-
lich befohlen/ daß ſie auch den jungen
Kinderen keine naͤrꝛiſche Fablen bey-
bringen. Ein Bedencken hierwider
Tangit
hanc ex-
ceptionem
Huet. p.

110.
ware/ daß gleichwol von den Gelehr-
ten ſelbſt das Leſen der Poeten fleiſſig
getriben/ und hoͤchlich recomman-
di
ert wurde. Nun waͤren die Sa-
chen der Poeten mehrtheil Fablen.
Plautus ſage:

Plaut.
Pſeudol.
I.
4.
Poëta tabulas cum cepit ſibi,
Quærit, id quod nuſquam eſt gen-
tium, reperit tamen;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0124" n="76"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#aq">Di&#x017F;cours</hi> <hi rendition="#b">von den</hi> <hi rendition="#aq">Rom.</hi> </fw><lb/>
        <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">LXIV</hi>.</hi> Kurtz zu&#x017F;agen/ ein Fabel/<lb/>
wenn man &#x017F;ie le&#x017F;en muß/ &#x017F;oll nicht al-<lb/>
lein keu&#x017F;ch &#x017F;eyn/ &#x017F;ondern auch ohnlaug-<lb/>
bare Nutzbarkeiten und Gemu&#x0364;ths-<lb/>
Verbe&#x017F;&#x017F;erung mitbringen/ &#x017F;on&#x017F;t i&#x017F;t letz<lb/>
gethan. Ja wenn &#x017F;ie &#x017F;chon eben be-<lb/>
&#x017F;agte Eigen&#x017F;chafft hat/ darff &#x017F;ie an-<lb/>
der&#x017F;t/ als zu einem &#x017F;eltenen Neben-<lb/><hi rendition="#aq">Studio</hi> nicht gebraucht werden. Es<lb/>
i&#x017F;t keiner under den <hi rendition="#aq">Roman-</hi>le&#x017F;eren<lb/>
der leicht verda&#x0364;uen wurde/ wenn man<lb/>
ihm den Titel eines alberen Kinds<lb/>
widmen wurde. Nun komt di&#x017F;es <hi rendition="#aq">Stu-<lb/>
dium</hi> allein Kinderen zu/ die man et-<lb/>
wa mit Ma&#x0364;hrlein/ und Clauß-Legen-<lb/>
den &#x017F;pei&#x017F;en und underhalten muß.<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">De lib.<lb/>
educ. p.</hi> 5.</note>Doch meint <hi rendition="#aq">Plutarchus,</hi> es hette<lb/><hi rendition="#aq">Plato</hi> den Pfleg-mu&#x0364;tteren/ &#x017F;ehr weiß-<lb/>
lich befohlen/ daß &#x017F;ie auch den jungen<lb/>
Kinderen keine na&#x0364;r&#xA75B;i&#x017F;che Fablen bey-<lb/>
bringen. Ein Bedencken hierwider<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Tangit<lb/>
hanc ex-<lb/>
ceptionem<lb/>
Huet. p.</hi><lb/>
110.</note>ware/ daß gleichwol von den Gelehr-<lb/>
ten &#x017F;elb&#x017F;t das Le&#x017F;en der Poeten flei&#x017F;&#x017F;ig<lb/>
getriben/ und ho&#x0364;chlich <hi rendition="#aq">recomman-<lb/>
di</hi>ert wurde. Nun wa&#x0364;ren die Sa-<lb/>
chen der Poeten mehrtheil Fablen.<lb/><hi rendition="#aq">Plautus</hi> &#x017F;age:</p><lb/>
        <note place="left"><hi rendition="#aq">Plaut.<lb/>
P&#x017F;eudol.<lb/>
I.</hi> 4.</note>
        <cit>
          <quote>&#x2014; <hi rendition="#aq">Poëta tabulas cum cepit &#x017F;ibi,<lb/>
Quærit, id quod nu&#x017F;quam e&#x017F;t gen-<lb/><hi rendition="#et">tium, reperit tamen;</hi></hi></quote>
        </cit><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0124] Diſcours von den Rom. LXIV. Kurtz zuſagen/ ein Fabel/ wenn man ſie leſen muß/ ſoll nicht al- lein keuſch ſeyn/ ſondern auch ohnlaug- bare Nutzbarkeiten und Gemuͤths- Verbeſſerung mitbringen/ ſonſt iſt letz gethan. Ja wenn ſie ſchon eben be- ſagte Eigenſchafft hat/ darff ſie an- derſt/ als zu einem ſeltenen Neben- Studio nicht gebraucht werden. Es iſt keiner under den Roman-leſeren der leicht verdaͤuen wurde/ wenn man ihm den Titel eines alberen Kinds widmen wurde. Nun komt diſes Stu- dium allein Kinderen zu/ die man et- wa mit Maͤhrlein/ und Clauß-Legen- den ſpeiſen und underhalten muß. Doch meint Plutarchus, es hette Plato den Pfleg-muͤtteren/ ſehr weiß- lich befohlen/ daß ſie auch den jungen Kinderen keine naͤrꝛiſche Fablen bey- bringen. Ein Bedencken hierwider ware/ daß gleichwol von den Gelehr- ten ſelbſt das Leſen der Poeten fleiſſig getriben/ und hoͤchlich recomman- diert wurde. Nun waͤren die Sa- chen der Poeten mehrtheil Fablen. Plautus ſage: De lib. educ. p. 5. Tangit hanc ex- ceptionem Huet. p. 110. — Poëta tabulas cum cepit ſibi, Quærit, id quod nuſquam eſt gen- tium, reperit tamen;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heidegger_mythoscopia_1698
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heidegger_mythoscopia_1698/124
Zitationshilfe: Heidegger, Gotthard: Mythoscopia Romantica oder Discours Von den so benanten Romans. Zürich, 1698, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heidegger_mythoscopia_1698/124>, abgerufen am 15.05.2024.