Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite
V.
Lied des Gefangenen.

Als meine Großmutter die Lise behext,
Da wollten die Leut sie verbrennen.
Schon hatte der Amtmann viel Dinte verklext,
Doch wollte sie nicht bekennen.
Und als man sie in den Kessel schob,
Da schrie sie Mord und Wehe;
Und als sich der schwarze Qualm erhob,
Da flog sie als Rab' in die Höhe.
Mein schwarzes, gefiedertes Großmütterlein!
O komm' mich im Thurme besuchen,
Komm'! fliege geschwinde durch's Gitter herein,
Und bringe mir Käse und Kuchen.
Mein schwarzes, gefiedertes Großmütterlein!
O möchtest du nur sorgen,
Daß die Muhme nicht auspickt die Augen mein,
Wenn ich luftig schwebe morgen.

4 *
V.
Lied des Gefangenen.

Als meine Großmutter die Liſe behext,
Da wollten die Leut ſie verbrennen.
Schon hatte der Amtmann viel Dinte verklext,
Doch wollte ſie nicht bekennen.
Und als man ſie in den Keſſel ſchob,
Da ſchrie ſie Mord und Wehe;
Und als ſich der ſchwarze Qualm erhob,
Da flog ſie als Rab' in die Höhe.
Mein ſchwarzes, gefiedertes Großmütterlein!
O komm' mich im Thurme beſuchen,
Komm'! fliege geſchwinde durch's Gitter herein,
Und bringe mir Käſe und Kuchen.
Mein ſchwarzes, gefiedertes Großmütterlein!
O möchteſt du nur ſorgen,
Daß die Muhme nicht auspickt die Augen mein,
Wenn ich luftig ſchwebe morgen.

4 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0065" n="57"/>
            </div>
          </div>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#aq">V.</hi><lb/><hi rendition="#g">Lied des Gefangenen</hi>.<lb/></head>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Als meine Großmutter die Li&#x017F;e behext,</l><lb/>
                <l>Da wollten die Leut &#x017F;ie verbrennen.</l><lb/>
                <l>Schon hatte der Amtmann viel Dinte verklext,</l><lb/>
                <l>Doch wollte &#x017F;ie nicht bekennen.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="2">
                <l>Und als man &#x017F;ie in den Ke&#x017F;&#x017F;el &#x017F;chob,</l><lb/>
                <l>Da &#x017F;chrie &#x017F;ie Mord und Wehe;</l><lb/>
                <l>Und als &#x017F;ich der &#x017F;chwarze Qualm erhob,</l><lb/>
                <l>Da flog &#x017F;ie als Rab' in die Höhe.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="3">
                <l>Mein &#x017F;chwarzes, gefiedertes Großmütterlein!</l><lb/>
                <l>O komm' mich im Thurme be&#x017F;uchen,</l><lb/>
                <l>Komm'! fliege ge&#x017F;chwinde durch's Gitter herein,</l><lb/>
                <l>Und bringe mir Kä&#x017F;e und Kuchen.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="4">
                <l>Mein &#x017F;chwarzes, gefiedertes Großmütterlein!</l><lb/>
                <l>O möchte&#x017F;t du nur &#x017F;orgen,</l><lb/>
                <l>Daß die Muhme nicht auspickt die Augen mein,</l><lb/>
                <l>Wenn ich luftig &#x017F;chwebe morgen.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <fw place="bottom" type="sig">4 *<lb/></fw>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0065] V. Lied des Gefangenen. Als meine Großmutter die Liſe behext, Da wollten die Leut ſie verbrennen. Schon hatte der Amtmann viel Dinte verklext, Doch wollte ſie nicht bekennen. Und als man ſie in den Keſſel ſchob, Da ſchrie ſie Mord und Wehe; Und als ſich der ſchwarze Qualm erhob, Da flog ſie als Rab' in die Höhe. Mein ſchwarzes, gefiedertes Großmütterlein! O komm' mich im Thurme beſuchen, Komm'! fliege geſchwinde durch's Gitter herein, Und bringe mir Käſe und Kuchen. Mein ſchwarzes, gefiedertes Großmütterlein! O möchteſt du nur ſorgen, Daß die Muhme nicht auspickt die Augen mein, Wenn ich luftig ſchwebe morgen. 4 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827/65
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827/65>, abgerufen am 23.11.2024.