Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

jungen, theils alten Männer, die in ihren dunkeln,
einsamen Bergschachten den ganzen Tag gearbeitet
hatten, und sich jetzt hinauf sehnten nach dem lieben
Tageslicht, und nach den Augen von Weib und
Kind.

Mein Cicerone selbst war eine kreuzehrliche, pu¬
deldeutsche Natur. Mit innerer Freudigkeit zeigte
er mir jene Stolle, wo der Herzog von Cambridge,
als er die Grube befahren, mit seinem ganzen Gefolge
gespeist hat, und wo noch der lange hölzerne Spei¬
setisch steht, so wie auch der große Stuhl von Erz,
worauf der Herzog gesessen. Dieser bleibe zum ewi¬
gen Andenken stehen, sagte der gute Bergmann, und
mit Feuer erzählte er: wie viele Festlichkeiten da¬
mals statt gefunden, wie der ganze Stollen mit Lich¬
tern, Blumen und Laubwerk verziert gewesen, wie ein
Bergknappe die Zitter gespielt und gesungen, wie der
vergnügte liebe, dicke Herzog sehr viele Gesundhei¬
ten ausgetrunken habe, und wie viele Bergleute,
und er selbst ganz besonders, sich gern würden tod¬
schlagen lassen für den lieben, dicken Herzog und

jungen, theils alten Maͤnner, die in ihren dunkeln,
einſamen Bergſchachten den ganzen Tag gearbeitet
hatten, und ſich jetzt hinauf ſehnten nach dem lieben
Tageslicht, und nach den Augen von Weib und
Kind.

Mein Cicerone ſelbſt war eine kreuzehrliche, pu¬
deldeutſche Natur. Mit innerer Freudigkeit zeigte
er mir jene Stolle, wo der Herzog von Cambridge,
als er die Grube befahren, mit ſeinem ganzen Gefolge
geſpeiſt hat, und wo noch der lange hoͤlzerne Spei¬
ſetiſch ſteht, ſo wie auch der große Stuhl von Erz,
worauf der Herzog geſeſſen. Dieſer bleibe zum ewi¬
gen Andenken ſtehen, ſagte der gute Bergmann, und
mit Feuer erzaͤhlte er: wie viele Feſtlichkeiten da¬
mals ſtatt gefunden, wie der ganze Stollen mit Lich¬
tern, Blumen und Laubwerk verziert geweſen, wie ein
Bergknappe die Zitter geſpielt und geſungen, wie der
vergnuͤgte liebe, dicke Herzog ſehr viele Geſundhei¬
ten ausgetrunken habe, und wie viele Bergleute,
und er ſelbſt ganz beſonders, ſich gern wuͤrden tod¬
ſchlagen laſſen fuͤr den lieben, dicken Herzog und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="poem" n="1">
        <p><pb facs="#f0161" n="149"/>
jungen, theils alten Ma&#x0364;nner, die in ihren dunkeln,<lb/>
ein&#x017F;amen Berg&#x017F;chachten den ganzen Tag gearbeitet<lb/>
hatten, und &#x017F;ich jetzt hinauf &#x017F;ehnten nach dem lieben<lb/>
Tageslicht, und nach den Augen von Weib und<lb/>
Kind.</p><lb/>
        <p>Mein Cicerone &#x017F;elb&#x017F;t war eine kreuzehrliche, pu¬<lb/>
deldeut&#x017F;che Natur. Mit innerer Freudigkeit zeigte<lb/>
er mir jene Stolle, wo der Herzog von Cambridge,<lb/>
als er die Grube befahren, mit &#x017F;einem ganzen Gefolge<lb/>
ge&#x017F;pei&#x017F;t hat, und wo noch der lange ho&#x0364;lzerne Spei¬<lb/>
&#x017F;eti&#x017F;ch &#x017F;teht, &#x017F;o wie auch der große Stuhl von Erz,<lb/>
worauf der Herzog ge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;er bleibe zum ewi¬<lb/>
gen Andenken &#x017F;tehen, &#x017F;agte der gute Bergmann, und<lb/>
mit Feuer erza&#x0364;hlte er: wie viele Fe&#x017F;tlichkeiten da¬<lb/>
mals &#x017F;tatt gefunden, wie der ganze Stollen mit Lich¬<lb/>
tern, Blumen und Laubwerk verziert gewe&#x017F;en, wie ein<lb/>
Bergknappe die Zitter ge&#x017F;pielt und ge&#x017F;ungen, wie der<lb/>
vergnu&#x0364;gte liebe, dicke Herzog &#x017F;ehr viele Ge&#x017F;undhei¬<lb/>
ten ausgetrunken habe, und wie viele Bergleute,<lb/>
und er &#x017F;elb&#x017F;t ganz be&#x017F;onders, &#x017F;ich gern wu&#x0364;rden tod¬<lb/>
&#x017F;chlagen la&#x017F;&#x017F;en fu&#x0364;r den lieben, dicken Herzog und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149/0161] jungen, theils alten Maͤnner, die in ihren dunkeln, einſamen Bergſchachten den ganzen Tag gearbeitet hatten, und ſich jetzt hinauf ſehnten nach dem lieben Tageslicht, und nach den Augen von Weib und Kind. Mein Cicerone ſelbſt war eine kreuzehrliche, pu¬ deldeutſche Natur. Mit innerer Freudigkeit zeigte er mir jene Stolle, wo der Herzog von Cambridge, als er die Grube befahren, mit ſeinem ganzen Gefolge geſpeiſt hat, und wo noch der lange hoͤlzerne Spei¬ ſetiſch ſteht, ſo wie auch der große Stuhl von Erz, worauf der Herzog geſeſſen. Dieſer bleibe zum ewi¬ gen Andenken ſtehen, ſagte der gute Bergmann, und mit Feuer erzaͤhlte er: wie viele Feſtlichkeiten da¬ mals ſtatt gefunden, wie der ganze Stollen mit Lich¬ tern, Blumen und Laubwerk verziert geweſen, wie ein Bergknappe die Zitter geſpielt und geſungen, wie der vergnuͤgte liebe, dicke Herzog ſehr viele Geſundhei¬ ten ausgetrunken habe, und wie viele Bergleute, und er ſelbſt ganz beſonders, ſich gern wuͤrden tod¬ ſchlagen laſſen fuͤr den lieben, dicken Herzog und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/161
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/161>, abgerufen am 04.12.2024.