das ganze Haus Hannover. -- Innig rührt es mich jedesmal, wenn ich sehe, wie sich dieses Gefühl der Unterthanstreue in seinen einfachen Naturlauten ausspricht. Es ist ein so schönes Gefühl! Und es ist ein so wahrhaft deutsches Gefühl! Andere Völ¬ ker mögen gewandter seyn, und witziger und ergötz¬ licher, aber keines ist so treu, wie das treue deut¬ sche Volk. Wüßte ich nicht, daß die Treue so alt ist, wie die Welt, so würde ich glauben, ein deut¬ sches Herz habe sie erfunden. Deutsche Treue! sie ist keine moderne Adressen-Floskel. An Euren Hö¬ fen, Ihr deutschen Fürsten, sollte man singen und wieder singen das Lied vom getreuen Eckart und vom bösen Burgund, der ihm die lieben Kinder tödten lassen, und ihn alsdann doch noch immer treu befunden hat. Ihr habt das treueste Volk, und Ihr irrt, wenn Ihr glaubt: der alte, verständige, treue Hund sey plötzlich toll geworden, und schnappe nach Euren geheiligten Waden.
Wie die deutsche Treue hatte uns jetzt das kleine Grubenlicht, ohne viel Geflacker, still und sicher ge¬
das ganze Haus Hannover. — Innig ruͤhrt es mich jedesmal, wenn ich ſehe, wie ſich dieſes Gefuͤhl der Unterthanstreue in ſeinen einfachen Naturlauten ausſpricht. Es iſt ein ſo ſchoͤnes Gefuͤhl! Und es iſt ein ſo wahrhaft deutſches Gefuͤhl! Andere Voͤl¬ ker moͤgen gewandter ſeyn, und witziger und ergoͤtz¬ licher, aber keines iſt ſo treu, wie das treue deut¬ ſche Volk. Wuͤßte ich nicht, daß die Treue ſo alt iſt, wie die Welt, ſo wuͤrde ich glauben, ein deut¬ ſches Herz habe ſie erfunden. Deutſche Treue! ſie iſt keine moderne Adreſſen-Floskel. An Euren Hoͤ¬ fen, Ihr deutſchen Fuͤrſten, ſollte man ſingen und wieder ſingen das Lied vom getreuen Eckart und vom boͤſen Burgund, der ihm die lieben Kinder toͤdten laſſen, und ihn alsdann doch noch immer treu befunden hat. Ihr habt das treueſte Volk, und Ihr irrt, wenn Ihr glaubt: der alte, verſtaͤndige, treue Hund ſey ploͤtzlich toll geworden, und ſchnappe nach Euren geheiligten Waden.
Wie die deutſche Treue hatte uns jetzt das kleine Grubenlicht, ohne viel Geflacker, ſtill und ſicher ge¬
<TEI><text><body><divtype="poem"n="1"><p><pbfacs="#f0162"n="150"/>
das ganze Haus Hannover. — Innig ruͤhrt es mich<lb/>
jedesmal, wenn ich ſehe, wie ſich dieſes Gefuͤhl der<lb/>
Unterthanstreue in ſeinen einfachen Naturlauten<lb/>
ausſpricht. Es iſt ein ſo ſchoͤnes Gefuͤhl! Und es<lb/>
iſt ein ſo wahrhaft deutſches Gefuͤhl! Andere Voͤl¬<lb/>
ker moͤgen gewandter ſeyn, und witziger und ergoͤtz¬<lb/>
licher, aber keines iſt ſo treu, wie das treue deut¬<lb/>ſche Volk. Wuͤßte ich nicht, daß die Treue ſo alt<lb/>
iſt, wie die Welt, ſo wuͤrde ich glauben, ein deut¬<lb/>ſches Herz habe ſie erfunden. Deutſche Treue! ſie<lb/>
iſt keine moderne Adreſſen-Floskel. An Euren Hoͤ¬<lb/>
fen, Ihr deutſchen Fuͤrſten, ſollte man ſingen und<lb/>
wieder ſingen das Lied vom getreuen Eckart und<lb/>
vom boͤſen Burgund, der ihm die lieben Kinder<lb/>
toͤdten laſſen, und ihn alsdann doch noch immer treu<lb/>
befunden hat. Ihr habt das treueſte Volk, und<lb/>
Ihr irrt, wenn Ihr glaubt: der alte, verſtaͤndige,<lb/>
treue Hund ſey ploͤtzlich toll geworden, und ſchnappe<lb/>
nach Euren geheiligten Waden.</p><lb/><p>Wie die deutſche Treue hatte uns jetzt das kleine<lb/>
Grubenlicht, ohne viel Geflacker, ſtill und ſicher ge¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[150/0162]
das ganze Haus Hannover. — Innig ruͤhrt es mich
jedesmal, wenn ich ſehe, wie ſich dieſes Gefuͤhl der
Unterthanstreue in ſeinen einfachen Naturlauten
ausſpricht. Es iſt ein ſo ſchoͤnes Gefuͤhl! Und es
iſt ein ſo wahrhaft deutſches Gefuͤhl! Andere Voͤl¬
ker moͤgen gewandter ſeyn, und witziger und ergoͤtz¬
licher, aber keines iſt ſo treu, wie das treue deut¬
ſche Volk. Wuͤßte ich nicht, daß die Treue ſo alt
iſt, wie die Welt, ſo wuͤrde ich glauben, ein deut¬
ſches Herz habe ſie erfunden. Deutſche Treue! ſie
iſt keine moderne Adreſſen-Floskel. An Euren Hoͤ¬
fen, Ihr deutſchen Fuͤrſten, ſollte man ſingen und
wieder ſingen das Lied vom getreuen Eckart und
vom boͤſen Burgund, der ihm die lieben Kinder
toͤdten laſſen, und ihn alsdann doch noch immer treu
befunden hat. Ihr habt das treueſte Volk, und
Ihr irrt, wenn Ihr glaubt: der alte, verſtaͤndige,
treue Hund ſey ploͤtzlich toll geworden, und ſchnappe
nach Euren geheiligten Waden.
Wie die deutſche Treue hatte uns jetzt das kleine
Grubenlicht, ohne viel Geflacker, ſtill und ſicher ge¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/162>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.