Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

parliren, und verstand jedes Wort, obschon kein
Verstand darin war. Man muß den Geist der
Sprache kennen, und diesen lernt man am be¬
sten durch Trommeln. Parbleu! wie viel ver¬
danke ich nicht dem französischen Tambour,
der so lange bey uns in Quartier lag, und
wie ein Teufel aussah, und doch von Her¬
zen so engelgut war, und so ganz vorzüglich
trommelte.

Es war eine kleine, bewegliche Figur mit
einem fürchterlichen, schwarzen Schnurrbarte,
worunter sich die rothen Lippen trotzig hervor¬
bäumten, während die feurigen Augen hin und
her schossen.

Ich kleiner Junge hing an ihm wie eine
Klette, und half ihm seine Knöpfe spiegelblank
putzen und seine Weste mit Kreide weißen --
denn Monsieur Le Grand wollte gerne ge¬
fallen -- und ich folgte ihm auch auf die

13

parliren, und verſtand jedes Wort, obſchon kein
Verſtand darin war. Man muß den Geiſt der
Sprache kennen, und dieſen lernt man am be¬
ſten durch Trommeln. Parbleu! wie viel ver¬
danke ich nicht dem franzoͤſiſchen Tambour,
der ſo lange bey uns in Quartier lag, und
wie ein Teufel ausſah, und doch von Her¬
zen ſo engelgut war, und ſo ganz vorzuͤglich
trommelte.

Es war eine kleine, bewegliche Figur mit
einem fuͤrchterlichen, ſchwarzen Schnurrbarte,
worunter ſich die rothen Lippen trotzig hervor¬
baͤumten, waͤhrend die feurigen Augen hin und
her ſchoſſen.

Ich kleiner Junge hing an ihm wie eine
Klette, und half ihm ſeine Knoͤpfe ſpiegelblank
putzen und ſeine Weſte mit Kreide weißen —
denn Monſieur Le Grand wollte gerne ge¬
fallen — und ich folgte ihm auch auf die

13
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0201" n="193"/>
parliren, und ver&#x017F;tand jedes Wort, ob&#x017F;chon kein<lb/>
Ver&#x017F;tand darin war. Man muß den Gei&#x017F;t der<lb/>
Sprache kennen, und die&#x017F;en lernt man am be¬<lb/>
&#x017F;ten durch Trommeln. <hi rendition="#aq">Parbleu</hi>! wie viel ver¬<lb/>
danke ich nicht dem franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Tambour,<lb/>
der &#x017F;o lange bey uns in Quartier lag, und<lb/>
wie ein Teufel aus&#x017F;ah, und doch von Her¬<lb/>
zen &#x017F;o engelgut war, und &#x017F;o ganz vorzu&#x0364;glich<lb/>
trommelte.</p><lb/>
          <p>Es war eine kleine, bewegliche Figur mit<lb/>
einem fu&#x0364;rchterlichen, &#x017F;chwarzen Schnurrbarte,<lb/>
worunter &#x017F;ich die rothen Lippen trotzig hervor¬<lb/>
ba&#x0364;umten, wa&#x0364;hrend die feurigen Augen hin und<lb/>
her &#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Ich kleiner Junge hing an ihm wie eine<lb/>
Klette, und half ihm &#x017F;eine Kno&#x0364;pfe &#x017F;piegelblank<lb/>
putzen und &#x017F;eine We&#x017F;te mit Kreide weißen &#x2014;<lb/>
denn Mon&#x017F;ieur Le Grand wollte gerne ge¬<lb/>
fallen &#x2014; und ich folgte ihm auch auf die<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">13<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[193/0201] parliren, und verſtand jedes Wort, obſchon kein Verſtand darin war. Man muß den Geiſt der Sprache kennen, und dieſen lernt man am be¬ ſten durch Trommeln. Parbleu! wie viel ver¬ danke ich nicht dem franzoͤſiſchen Tambour, der ſo lange bey uns in Quartier lag, und wie ein Teufel ausſah, und doch von Her¬ zen ſo engelgut war, und ſo ganz vorzuͤglich trommelte. Es war eine kleine, bewegliche Figur mit einem fuͤrchterlichen, ſchwarzen Schnurrbarte, worunter ſich die rothen Lippen trotzig hervor¬ baͤumten, waͤhrend die feurigen Augen hin und her ſchoſſen. Ich kleiner Junge hing an ihm wie eine Klette, und half ihm ſeine Knoͤpfe ſpiegelblank putzen und ſeine Weſte mit Kreide weißen — denn Monſieur Le Grand wollte gerne ge¬ fallen — und ich folgte ihm auch auf die 13

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/201
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/201>, abgerufen am 24.11.2024.