Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

Dame -- --" Mein Rüdesheimer schaut als¬
dann sehr sauer, und man sollte glauben, er
bestände nur aus Gift und Galle -- Aber, ich
versichere Sie, Madame, es ist ein ächtes Ge¬
wächs, findet sich auch das Beglaubigungswap¬
pen nicht eingebrannt, so weiß doch der Kenner
es zu würdigen, ich werde dieses Fäßchen gar
freudig anzapfen, und wenn es allzubedrohlich
gährt und auf eine gefährliche Art zerspringen
will, so soll es von Amtswegen mit einigen
eisernen Reifen gesichert werden.

Sie sehen also, Madame, für mich brauchen
Sie nichts zu besorgen. Ich kann alles ruhig
ansehn in dieser Welt. Der Herr hat mich ge¬
segnet mit irdischen Gütern, und wenn er mir
auch den Wein nicht ganz bequem in den Kel¬
ler geliefert hat, so erlaubt er mir doch in sei¬
nem Weinberge zu arbeiten, ich brauche nur die
Trauben zu lesen, zu keltern, zu pressen, zu
bütten, und ich habe dann die klare Gottes¬

Dame — —” Mein Ruͤdesheimer ſchaut als¬
dann ſehr ſauer, und man ſollte glauben, er
beſtaͤnde nur aus Gift und Galle — Aber, ich
verſichere Sie, Madame, es iſt ein aͤchtes Ge¬
waͤchs, findet ſich auch das Beglaubigungswap¬
pen nicht eingebrannt, ſo weiß doch der Kenner
es zu wuͤrdigen, ich werde dieſes Faͤßchen gar
freudig anzapfen, und wenn es allzubedrohlich
gaͤhrt und auf eine gefaͤhrliche Art zerſpringen
will, ſo ſoll es von Amtswegen mit einigen
eiſernen Reifen geſichert werden.

Sie ſehen alſo, Madame, fuͤr mich brauchen
Sie nichts zu beſorgen. Ich kann alles ruhig
anſehn in dieſer Welt. Der Herr hat mich ge¬
ſegnet mit irdiſchen Guͤtern, und wenn er mir
auch den Wein nicht ganz bequem in den Kel¬
ler geliefert hat, ſo erlaubt er mir doch in ſei¬
nem Weinberge zu arbeiten, ich brauche nur die
Trauben zu leſen, zu keltern, zu preſſen, zu
buͤtten, und ich habe dann die klare Gottes¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0267" n="259"/>
Dame &#x2014; &#x2014;&#x201D; Mein Ru&#x0364;desheimer &#x017F;chaut als¬<lb/>
dann &#x017F;ehr &#x017F;auer, und man &#x017F;ollte glauben, er<lb/>
be&#x017F;ta&#x0364;nde nur aus Gift und Galle &#x2014; Aber, ich<lb/>
ver&#x017F;ichere Sie, Madame, es i&#x017F;t ein a&#x0364;chtes Ge¬<lb/>
wa&#x0364;chs, findet &#x017F;ich auch das Beglaubigungswap¬<lb/>
pen nicht eingebrannt, &#x017F;o weiß doch der Kenner<lb/>
es zu wu&#x0364;rdigen, ich werde die&#x017F;es Fa&#x0364;ßchen gar<lb/>
freudig anzapfen, und wenn es allzubedrohlich<lb/>
ga&#x0364;hrt und auf eine gefa&#x0364;hrliche Art zer&#x017F;pringen<lb/>
will, &#x017F;o &#x017F;oll es von Amtswegen mit einigen<lb/>
ei&#x017F;ernen Reifen ge&#x017F;ichert werden.</p><lb/>
          <p>Sie &#x017F;ehen al&#x017F;o, Madame, fu&#x0364;r mich brauchen<lb/>
Sie nichts zu be&#x017F;orgen. Ich kann alles ruhig<lb/>
an&#x017F;ehn in die&#x017F;er Welt. Der Herr hat mich ge¬<lb/>
&#x017F;egnet mit irdi&#x017F;chen Gu&#x0364;tern, und wenn er mir<lb/>
auch den Wein nicht ganz bequem in den Kel¬<lb/>
ler geliefert hat, &#x017F;o erlaubt er mir doch in &#x017F;ei¬<lb/>
nem Weinberge zu arbeiten, ich brauche nur die<lb/>
Trauben zu le&#x017F;en, zu keltern, zu pre&#x017F;&#x017F;en, zu<lb/>
bu&#x0364;tten, und ich habe dann die klare Gottes¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[259/0267] Dame — —” Mein Ruͤdesheimer ſchaut als¬ dann ſehr ſauer, und man ſollte glauben, er beſtaͤnde nur aus Gift und Galle — Aber, ich verſichere Sie, Madame, es iſt ein aͤchtes Ge¬ waͤchs, findet ſich auch das Beglaubigungswap¬ pen nicht eingebrannt, ſo weiß doch der Kenner es zu wuͤrdigen, ich werde dieſes Faͤßchen gar freudig anzapfen, und wenn es allzubedrohlich gaͤhrt und auf eine gefaͤhrliche Art zerſpringen will, ſo ſoll es von Amtswegen mit einigen eiſernen Reifen geſichert werden. Sie ſehen alſo, Madame, fuͤr mich brauchen Sie nichts zu beſorgen. Ich kann alles ruhig anſehn in dieſer Welt. Der Herr hat mich ge¬ ſegnet mit irdiſchen Guͤtern, und wenn er mir auch den Wein nicht ganz bequem in den Kel¬ ler geliefert hat, ſo erlaubt er mir doch in ſei¬ nem Weinberge zu arbeiten, ich brauche nur die Trauben zu leſen, zu keltern, zu preſſen, zu buͤtten, und ich habe dann die klare Gottes¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/267
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/267>, abgerufen am 22.11.2024.