Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.VI. Die Götter Griechenlands. Vollblühender Mond! In deinem Licht, Wie fließendes Gold, erglänzt das Meer; Wie Tagesklarheit, doch dämmrig verzaubert, Liegt's über der weiten Strandesfläche; Und am hellblau'n, sternlosen Himmel Schweben die weißen Wolken, Wie kolossale Götterbilder Von leuchtendem Marmor. Nein, nimmermehr, das sind keine Wolken!
Das sind sie selber, die Götter von Hellas, Die einst so freudig die Welt beherrschten, Doch jetzt, verdrängt und verstorben, Als ungeheure Gespenster dahinziehn Am mitternächtlichen Himmel. VI. Die Goͤtter Griechenlands. Vollbluͤhender Mond! In deinem Licht, Wie fließendes Gold, erglaͤnzt das Meer; Wie Tagesklarheit, doch daͤmmrig verzaubert, Liegt's uͤber der weiten Strandesflaͤche; Und am hellblau'n, ſternloſen Himmel Schweben die weißen Wolken, Wie koloſſale Goͤtterbilder Von leuchtendem Marmor. Nein, nimmermehr, das ſind keine Wolken!
Das ſind ſie ſelber, die Goͤtter von Hellas, Die einſt ſo freudig die Welt beherrſchten, Doch jetzt, verdraͤngt und verſtorben, Als ungeheure Geſpenſter dahinziehn Am mitternaͤchtlichen Himmel. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0028" n="20"/> </div> <div n="3"> <head><hi rendition="#aq">VI</hi>.<lb/> Die Goͤtter Griechenlands.<lb/></head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Vollbluͤhender Mond! In deinem Licht,</l><lb/> <l>Wie fließendes Gold, erglaͤnzt das Meer;</l><lb/> <l>Wie Tagesklarheit, doch daͤmmrig verzaubert,</l><lb/> <l>Liegt's uͤber der weiten Strandesflaͤche;</l><lb/> <l>Und am hellblau'n, ſternloſen Himmel</l><lb/> <l>Schweben die weißen Wolken,</l><lb/> <l>Wie koloſſale Goͤtterbilder</l><lb/> <l>Von leuchtendem Marmor.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Nein, nimmermehr, das ſind keine Wolken!</l><lb/> <l>Das ſind ſie ſelber, die Goͤtter von Hellas,</l><lb/> <l>Die einſt ſo freudig die Welt beherrſchten,</l><lb/> <l>Doch jetzt, verdraͤngt und verſtorben,</l><lb/> <l>Als ungeheure Geſpenſter dahinziehn</l><lb/> <l>Am mitternaͤchtlichen Himmel.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [20/0028]
VI.
Die Goͤtter Griechenlands.
Vollbluͤhender Mond! In deinem Licht,
Wie fließendes Gold, erglaͤnzt das Meer;
Wie Tagesklarheit, doch daͤmmrig verzaubert,
Liegt's uͤber der weiten Strandesflaͤche;
Und am hellblau'n, ſternloſen Himmel
Schweben die weißen Wolken,
Wie koloſſale Goͤtterbilder
Von leuchtendem Marmor.
Nein, nimmermehr, das ſind keine Wolken!
Das ſind ſie ſelber, die Goͤtter von Hellas,
Die einſt ſo freudig die Welt beherrſchten,
Doch jetzt, verdraͤngt und verſtorben,
Als ungeheure Geſpenſter dahinziehn
Am mitternaͤchtlichen Himmel.
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