Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

schöne Hand, so zart, durchsichtig, glänzend,
süß, duftig, sanft, lieblich -- wahrhaftig, ich
muß nach der Apotheke schicken, und mir für
zwölf Groschen Beywörter kommen lassen.

Auf dem Mittelfinger saß ein Ring mit
einer Perle -- ich sah nie eine Perle, die eine
kläglichere Rolle spielte -- auf dem Goldfinger
trug sie einen Ring mit einer blauen Antike --
ich habe Stunden lang Archäologie daran stu¬
dirt -- auf dem Zeigefinger trug sie einen Dia¬
mant -- es war ein Talisman, so lange ich
ihn sah, war ich glücklich, denn wo er war,
war ja auch der Finger, nebst seinen vier Colle¬
gen -- und mit allen fünf Fingern schlug sie
mir oft auf den Mund. Seitdem ich solcher¬
maßen manupolirt worden, glaube ich steif und
fest an den Magnetismus. Aber sie schlug
nicht hart, und wenn sie schlug, hatte ich es
immer verdient durch irgend eine gottlose Re¬
densart, und wenn sie mich geschlagen hatte,

ſchoͤne Hand, ſo zart, durchſichtig, glaͤnzend,
ſuͤß, duftig, ſanft, lieblich — wahrhaftig, ich
muß nach der Apotheke ſchicken, und mir fuͤr
zwoͤlf Groſchen Beywoͤrter kommen laſſen.

Auf dem Mittelfinger ſaß ein Ring mit
einer Perle — ich ſah nie eine Perle, die eine
klaͤglichere Rolle ſpielte — auf dem Goldfinger
trug ſie einen Ring mit einer blauen Antike —
ich habe Stunden lang Archaͤologie daran ſtu¬
dirt — auf dem Zeigefinger trug ſie einen Dia¬
mant — es war ein Talisman, ſo lange ich
ihn ſah, war ich gluͤcklich, denn wo er war,
war ja auch der Finger, nebſt ſeinen vier Colle¬
gen — und mit allen fuͤnf Fingern ſchlug ſie
mir oft auf den Mund. Seitdem ich ſolcher¬
maßen manupolirt worden, glaube ich ſteif und
feſt an den Magnetismus. Aber ſie ſchlug
nicht hart, und wenn ſie ſchlug, hatte ich es
immer verdient durch irgend eine gottloſe Re¬
densart, und wenn ſie mich geſchlagen hatte,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0288" n="280"/>
&#x017F;cho&#x0364;ne Hand, &#x017F;o zart, durch&#x017F;ichtig, gla&#x0364;nzend,<lb/>
&#x017F;u&#x0364;ß, duftig, &#x017F;anft, lieblich &#x2014; wahrhaftig, ich<lb/>
muß nach der Apotheke &#x017F;chicken, und mir fu&#x0364;r<lb/>
zwo&#x0364;lf Gro&#x017F;chen Beywo&#x0364;rter kommen la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Auf dem Mittelfinger &#x017F;aß ein Ring mit<lb/>
einer Perle &#x2014; ich &#x017F;ah nie eine Perle, die eine<lb/>
kla&#x0364;glichere Rolle &#x017F;pielte &#x2014; auf dem Goldfinger<lb/>
trug &#x017F;ie einen Ring mit einer blauen Antike &#x2014;<lb/>
ich habe Stunden lang Archa&#x0364;ologie daran &#x017F;tu¬<lb/>
dirt &#x2014; auf dem Zeigefinger trug &#x017F;ie einen Dia¬<lb/>
mant &#x2014; es war ein Talisman, &#x017F;o lange ich<lb/>
ihn &#x017F;ah, war ich glu&#x0364;cklich, denn wo er war,<lb/>
war ja auch der Finger, neb&#x017F;t &#x017F;einen vier Colle¬<lb/>
gen &#x2014; und mit allen fu&#x0364;nf Fingern &#x017F;chlug &#x017F;ie<lb/>
mir oft auf den Mund. Seitdem ich &#x017F;olcher¬<lb/>
maßen manupolirt worden, glaube ich &#x017F;teif und<lb/>
fe&#x017F;t an den Magnetismus. Aber &#x017F;ie &#x017F;chlug<lb/>
nicht hart, und wenn &#x017F;ie &#x017F;chlug, hatte ich es<lb/>
immer verdient durch irgend eine gottlo&#x017F;e Re¬<lb/>
densart, und wenn &#x017F;ie mich ge&#x017F;chlagen hatte,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[280/0288] ſchoͤne Hand, ſo zart, durchſichtig, glaͤnzend, ſuͤß, duftig, ſanft, lieblich — wahrhaftig, ich muß nach der Apotheke ſchicken, und mir fuͤr zwoͤlf Groſchen Beywoͤrter kommen laſſen. Auf dem Mittelfinger ſaß ein Ring mit einer Perle — ich ſah nie eine Perle, die eine klaͤglichere Rolle ſpielte — auf dem Goldfinger trug ſie einen Ring mit einer blauen Antike — ich habe Stunden lang Archaͤologie daran ſtu¬ dirt — auf dem Zeigefinger trug ſie einen Dia¬ mant — es war ein Talisman, ſo lange ich ihn ſah, war ich gluͤcklich, denn wo er war, war ja auch der Finger, nebſt ſeinen vier Colle¬ gen — und mit allen fuͤnf Fingern ſchlug ſie mir oft auf den Mund. Seitdem ich ſolcher¬ maßen manupolirt worden, glaube ich ſteif und feſt an den Magnetismus. Aber ſie ſchlug nicht hart, und wenn ſie ſchlug, hatte ich es immer verdient durch irgend eine gottloſe Re¬ densart, und wenn ſie mich geſchlagen hatte,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/288
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/288>, abgerufen am 22.11.2024.