losgeschossen werden sollten, in dem Augenblick, wo das fürstliche Brautpaar die Ringe wech¬ seln würde. An einem Fenster des Schlosses stand ein Offizier, der den Kanonieren im Lust¬ garten das Zeichen zum Abfeuern geben sollte. Hier hatte sich eine Menge Menschen versam¬ melt. Auf ihren Gesichtern waren ganz eigne, fast sich widersprechende Gedanken zu lesen.
Es ist einer der schönsten Züge im Charakter der Berliner, daß sie den König und das könig¬ liche Haus ganz unbeschreiblich lieben. Die Prinzen und Prinzessinnen sind hier ein Haupt¬ gegenstand der Unterhaltung in den geringsten Bürgerhäusern. Ein ächter Berliner wird auch nie anders sprechen, als "unsre" Charlotte, "unsre" Alexandrine, "unser" Prinz Carl u. s. w. Sie können sich also vorstellen, wie sehr hier die schöne, leuchtende Alexandrine vom Volke geliebt seyn muß; und aus dieser Liebe kön¬ nen Sie sich auch den Widerspruch erklären,
losgeſchoſſen werden ſollten, in dem Augenblick, wo das fuͤrſtliche Brautpaar die Ringe wech¬ ſeln wuͤrde. An einem Fenſter des Schloſſes ſtand ein Offizier, der den Kanonieren im Luſt¬ garten das Zeichen zum Abfeuern geben ſollte. Hier hatte ſich eine Menge Menſchen verſam¬ melt. Auf ihren Geſichtern waren ganz eigne, faſt ſich widerſprechende Gedanken zu leſen.
Es iſt einer der ſchoͤnſten Zuͤge im Charakter der Berliner, daß ſie den Koͤnig und das koͤnig¬ liche Haus ganz unbeſchreiblich lieben. Die Prinzen und Prinzeſſinnen ſind hier ein Haupt¬ gegenſtand der Unterhaltung in den geringſten Buͤrgerhaͤuſern. Ein aͤchter Berliner wird auch nie anders ſprechen, als „unſre“ Charlotte, „unſre“ Alexandrine, „unſer“ Prinz Carl u. ſ. w. Sie koͤnnen ſich alſo vorſtellen, wie ſehr hier die ſchoͤne, leuchtende Alexandrine vom Volke geliebt ſeyn muß; und aus dieſer Liebe koͤn¬ nen Sie ſich auch den Widerſpruch erklaͤren,
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losgeſchoſſen werden ſollten, in dem Augenblick,
wo das fuͤrſtliche Brautpaar die Ringe wech¬
ſeln wuͤrde. An einem Fenſter des Schloſſes
ſtand ein Offizier, der den Kanonieren im Luſt¬
garten das Zeichen zum Abfeuern geben ſollte.
Hier hatte ſich eine Menge Menſchen verſam¬
melt. Auf ihren Geſichtern waren ganz eigne,
faſt ſich widerſprechende Gedanken zu leſen.
Es iſt einer der ſchoͤnſten Zuͤge im Charakter
der Berliner, daß ſie den Koͤnig und das koͤnig¬
liche Haus ganz unbeſchreiblich lieben. Die
Prinzen und Prinzeſſinnen ſind hier ein Haupt¬
gegenſtand der Unterhaltung in den geringſten
Buͤrgerhaͤuſern. Ein aͤchter Berliner wird auch
nie anders ſprechen, als „unſre“ Charlotte,
„unſre“ Alexandrine, „unſer“ Prinz Carl u. ſ. w.
Sie koͤnnen ſich alſo vorſtellen, wie ſehr hier
die ſchoͤne, leuchtende Alexandrine vom Volke
geliebt ſeyn muß; und aus dieſer Liebe koͤn¬
nen Sie ſich auch den Widerſpruch erklaͤren,
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/333>, abgerufen am 24.11.2024.
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