Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.Vergebens späht mein Auge und sucht Wie der Winterwandrer des Abends sich sehnt Nach einer warmen, innigen Tasse Thee, So sehnt sich jetzt mein Herz nach dir, Mein deutsches Vaterland! Mag immerhin dein süßer Boden bedeckt seyn Mit Wahnsinn, Husaren, schlechten Versen Und Gemüthsdiarhee-verbreitenden, Dünnen Traktätchen; Mögen immerhin deine Zebras Mit Rosen sich mästen statt mit Disteln; Mögen immerhin deine noblen Affen In müßigem Putz sich vornehm spreitzen, Und sich besser dünken als all das andre Banausisch schwerhinwandelnde Hornvieh; Mag immerhin deine Schneckenversammlung Sich für unsterblich halten Weil sie so langsam dahinkriecht, 3
Vergebens ſpaͤht mein Auge und ſucht Wie der Winterwandrer des Abends ſich ſehnt Nach einer warmen, innigen Taſſe Thee, So ſehnt ſich jetzt mein Herz nach dir, Mein deutſches Vaterland! Mag immerhin dein ſuͤßer Boden bedeckt ſeyn Mit Wahnſinn, Huſaren, ſchlechten Verſen Und Gemuͤthsdiarhee-verbreitenden, Duͤnnen Traktaͤtchen; Moͤgen immerhin deine Zebras Mit Roſen ſich maͤſten ſtatt mit Diſteln; Moͤgen immerhin deine noblen Affen In muͤßigem Putz ſich vornehm ſpreitzen, Und ſich beſſer duͤnken als all das andre Banauſiſch ſchwerhinwandelnde Hornvieh; Mag immerhin deine Schneckenverſammlung Sich fuͤr unſterblich halten Weil ſie ſo langſam dahinkriecht, 3
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Vergebens ſpaͤht mein Auge und ſucht
Die deutſche Kuͤſte. Doch ach! nur Waſſer,
Und abermals Waſſer, bewegtes Waſſer!
Wie der Winterwandrer des Abends ſich ſehnt
Nach einer warmen, innigen Taſſe Thee,
So ſehnt ſich jetzt mein Herz nach dir,
Mein deutſches Vaterland!
Mag immerhin dein ſuͤßer Boden bedeckt ſeyn
Mit Wahnſinn, Huſaren, ſchlechten Verſen
Und Gemuͤthsdiarhee-verbreitenden,
Duͤnnen Traktaͤtchen;
Moͤgen immerhin deine Zebras
Mit Roſen ſich maͤſten ſtatt mit Diſteln;
Moͤgen immerhin deine noblen Affen
In muͤßigem Putz ſich vornehm ſpreitzen,
Und ſich beſſer duͤnken als all das andre
Banauſiſch ſchwerhinwandelnde Hornvieh;
Mag immerhin deine Schneckenverſammlung
Sich fuͤr unſterblich halten
Weil ſie ſo langſam dahinkriecht,
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