sich da zum erstenmal und verschwinde, indem er das Steuer zerbräche -- diejenigen aber, die ihn in diesem furchtbaren Augenblick sähen, fän¬ den gleich darauf den Tod in den Wellen.
Der Schiffskapitain, der dieser Erzählung mit zugehört hatte, lächelte so fein, wie ich seinem rauhen, Wind- und Wetterdienenden Ge¬ sichte nicht zugetraut hätte, und nachher ver¬ sicherte er mir: vor funfzig und gar vor hun¬ dert Jahren sey auf dem Meere der Glaube an den Klabotermann so stark gewesen, daß man bey Tische immer auch ein Gedeck für denselben aufgelegt und von jeder Speise, etwa das Beste, auf seinen Teller gelegt habe, ja, auf einigen Schiffen geschähe das noch jetzt. --
Ich gehe hier oft am Strande spatzieren und gedenke solcher seemännischen Wundersagen. Die anziehendste derselben ist wohl die Ge¬ schichte vom fliegenden Holländer, den man im Sturm mit aufgespannten Segeln vorbeyfahren sieht, und der zuweilen ein Boot aussetzt, um
ſich da zum erſtenmal und verſchwinde, indem er das Steuer zerbraͤche — diejenigen aber, die ihn in dieſem furchtbaren Augenblick ſaͤhen, faͤn¬ den gleich darauf den Tod in den Wellen.
Der Schiffskapitain, der dieſer Erzaͤhlung mit zugehoͤrt hatte, laͤchelte ſo fein, wie ich ſeinem rauhen, Wind- und Wetterdienenden Ge¬ ſichte nicht zugetraut haͤtte, und nachher ver¬ ſicherte er mir: vor funfzig und gar vor hun¬ dert Jahren ſey auf dem Meere der Glaube an den Klabotermann ſo ſtark geweſen, daß man bey Tiſche immer auch ein Gedeck fuͤr denſelben aufgelegt und von jeder Speiſe, etwa das Beſte, auf ſeinen Teller gelegt habe, ja, auf einigen Schiffen geſchaͤhe das noch jetzt. —
Ich gehe hier oft am Strande ſpatzieren und gedenke ſolcher ſeemaͤnniſchen Wunderſagen. Die anziehendſte derſelben iſt wohl die Ge¬ ſchichte vom fliegenden Hollaͤnder, den man im Sturm mit aufgeſpannten Segeln vorbeyfahren ſieht, und der zuweilen ein Boot ausſetzt, um
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0076"n="68"/>ſich da zum erſtenmal und verſchwinde, indem<lb/>
er das Steuer zerbraͤche — diejenigen aber, die<lb/>
ihn in dieſem furchtbaren Augenblick ſaͤhen, faͤn¬<lb/>
den gleich darauf den Tod in den Wellen.</p><lb/><p>Der Schiffskapitain, der dieſer Erzaͤhlung<lb/>
mit zugehoͤrt hatte, laͤchelte ſo fein, wie ich<lb/>ſeinem rauhen, Wind- und Wetterdienenden Ge¬<lb/>ſichte nicht zugetraut haͤtte, und nachher ver¬<lb/>ſicherte er mir: vor funfzig und gar vor hun¬<lb/>
dert Jahren ſey auf dem Meere der Glaube an<lb/>
den Klabotermann ſo ſtark geweſen, daß man<lb/>
bey Tiſche immer auch ein Gedeck fuͤr denſelben<lb/>
aufgelegt und von jeder Speiſe, etwa das Beſte,<lb/>
auf ſeinen Teller gelegt habe, ja, auf einigen<lb/>
Schiffen geſchaͤhe das noch jetzt. —</p><lb/><p>Ich gehe hier oft am Strande ſpatzieren<lb/>
und gedenke ſolcher ſeemaͤnniſchen Wunderſagen.<lb/>
Die anziehendſte derſelben iſt wohl die Ge¬<lb/>ſchichte vom fliegenden Hollaͤnder, den man im<lb/>
Sturm mit aufgeſpannten Segeln vorbeyfahren<lb/>ſieht, und der zuweilen ein Boot ausſetzt, um<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[68/0076]
ſich da zum erſtenmal und verſchwinde, indem
er das Steuer zerbraͤche — diejenigen aber, die
ihn in dieſem furchtbaren Augenblick ſaͤhen, faͤn¬
den gleich darauf den Tod in den Wellen.
Der Schiffskapitain, der dieſer Erzaͤhlung
mit zugehoͤrt hatte, laͤchelte ſo fein, wie ich
ſeinem rauhen, Wind- und Wetterdienenden Ge¬
ſichte nicht zugetraut haͤtte, und nachher ver¬
ſicherte er mir: vor funfzig und gar vor hun¬
dert Jahren ſey auf dem Meere der Glaube an
den Klabotermann ſo ſtark geweſen, daß man
bey Tiſche immer auch ein Gedeck fuͤr denſelben
aufgelegt und von jeder Speiſe, etwa das Beſte,
auf ſeinen Teller gelegt habe, ja, auf einigen
Schiffen geſchaͤhe das noch jetzt. —
Ich gehe hier oft am Strande ſpatzieren
und gedenke ſolcher ſeemaͤnniſchen Wunderſagen.
Die anziehendſte derſelben iſt wohl die Ge¬
ſchichte vom fliegenden Hollaͤnder, den man im
Sturm mit aufgeſpannten Segeln vorbeyfahren
ſieht, und der zuweilen ein Boot ausſetzt, um
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/76>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.