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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

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Dschingischans wohnt vielleicht jetzt in einem
Rezensenten, der täglich, ohne es zu wissen,
die Seelen seiner treuesten Baschkiren und Kal¬
mücken in einem kritischen Journale nieder¬
säbelt. Wer weiß! wer weiß! die Seele des
Pythagoras ist vielleicht in einen armen Can¬
didaten gefahren, der durch das Examen fällt,
weil er den pythagoräischen Lehrsatz nicht bewei¬
sen konnte, während in seinen Herren Examina¬
toren die Seelen jener Ochsen wohnen, die einst
Pythagoras, aus Freude über die Entdeckung
seines Satzes, den ewigen Göttern geopfert
hatte. Die Hindus sind so dumm nicht, wie
unsere Missionäre glauben, sie ehren die Thiere
wegen der menschlichen Seele, die sie in ihnen
vermuthen, und wenn sie Lazarethe für invalide
Affen stiften, in der Art unserer Akademien,
so kann es wohl möglich seyn, daß in jenen
Affen die Seelen großer Gelehrten wohnen, da
es doch bey uns ganz sichtbar ist, daß in einigen
großen Gelehrten nur Affenseelen stecken.

Dſchingischans wohnt vielleicht jetzt in einem
Rezenſenten, der taͤglich, ohne es zu wiſſen,
die Seelen ſeiner treueſten Baſchkiren und Kal¬
muͤcken in einem kritiſchen Journale nieder¬
ſaͤbelt. Wer weiß! wer weiß! die Seele des
Pythagoras iſt vielleicht in einen armen Can¬
didaten gefahren, der durch das Examen faͤllt,
weil er den pythagoraͤiſchen Lehrſatz nicht bewei¬
ſen konnte, waͤhrend in ſeinen Herren Examina¬
toren die Seelen jener Ochſen wohnen, die einſt
Pythagoras, aus Freude uͤber die Entdeckung
ſeines Satzes, den ewigen Goͤttern geopfert
hatte. Die Hindus ſind ſo dumm nicht, wie
unſere Miſſionaͤre glauben, ſie ehren die Thiere
wegen der menſchlichen Seele, die ſie in ihnen
vermuthen, und wenn ſie Lazarethe fuͤr invalide
Affen ſtiften, in der Art unſerer Akademien,
ſo kann es wohl moͤglich ſeyn, daß in jenen
Affen die Seelen großer Gelehrten wohnen, da
es doch bey uns ganz ſichtbar iſt, daß in einigen
großen Gelehrten nur Affenſeelen ſtecken.

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[77/0085] Dſchingischans wohnt vielleicht jetzt in einem Rezenſenten, der taͤglich, ohne es zu wiſſen, die Seelen ſeiner treueſten Baſchkiren und Kal¬ muͤcken in einem kritiſchen Journale nieder¬ ſaͤbelt. Wer weiß! wer weiß! die Seele des Pythagoras iſt vielleicht in einen armen Can¬ didaten gefahren, der durch das Examen faͤllt, weil er den pythagoraͤiſchen Lehrſatz nicht bewei¬ ſen konnte, waͤhrend in ſeinen Herren Examina¬ toren die Seelen jener Ochſen wohnen, die einſt Pythagoras, aus Freude uͤber die Entdeckung ſeines Satzes, den ewigen Goͤttern geopfert hatte. Die Hindus ſind ſo dumm nicht, wie unſere Miſſionaͤre glauben, ſie ehren die Thiere wegen der menſchlichen Seele, die ſie in ihnen vermuthen, und wenn ſie Lazarethe fuͤr invalide Affen ſtiften, in der Art unſerer Akademien, ſo kann es wohl moͤglich ſeyn, daß in jenen Affen die Seelen großer Gelehrten wohnen, da es doch bey uns ganz ſichtbar iſt, daß in einigen großen Gelehrten nur Affenſeelen ſtecken.

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/85>, abgerufen am 21.11.2024.