hegen und zu pflegen als ich, und ich gestehe Euch, Ihr macht mir Vergnügen. Und über¬ haupt, was ist denn Vergnügen? Vergnügen ist nichts als ein höchst angenehmer Schmerz.
Ich glaube, die Musik, die, ohne daß ich darauf achtete, vor der Botega erklang, und einen Kreis von Zuschauern schon um sich gezogen, hatte melodramatisch diesen Monolog begleitet. Es war ein wunderliches Trio, bestehend aus zwey Männern und einem jungen Mädchen, das die Harfe spielte. Der eine von jenen beiden, winterlich gekleidet in einen weißen Flausrock, war ein stämmiger Mann, mit einem dickrothen Banditengesicht, das aus den schwarzen Haupt- und Barthaaren, wie ein drohender Comet, her¬ vorbrannte, und zwischen den Beinen hielt er eine ungeheure Baßgeige, die er so wüthend strich, als habe er in den Abruzzen einen armen Reisenden, niedergeworfen und wolle ihm ge¬
hegen und zu pflegen als ich, und ich geſtehe Euch, Ihr macht mir Vergnuͤgen. Und uͤber¬ haupt, was iſt denn Vergnuͤgen? Vergnuͤgen iſt nichts als ein hoͤchſt angenehmer Schmerz.
Ich glaube, die Muſik, die, ohne daß ich darauf achtete, vor der Botega erklang, und einen Kreis von Zuſchauern ſchon um ſich gezogen, hatte melodramatiſch dieſen Monolog begleitet. Es war ein wunderliches Trio, beſtehend aus zwey Maͤnnern und einem jungen Maͤdchen, das die Harfe ſpielte. Der eine von jenen beiden, winterlich gekleidet in einen weißen Flausrock, war ein ſtaͤmmiger Mann, mit einem dickrothen Banditengeſicht, das aus den ſchwarzen Haupt- und Barthaaren, wie ein drohender Comet, her¬ vorbrannte, und zwiſchen den Beinen hielt er eine ungeheure Baßgeige, die er ſo wuͤthend ſtrich, als habe er in den Abruzzen einen armen Reiſenden, niedergeworfen und wolle ihm ge¬
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hegen und zu pflegen als ich, und ich geſtehe
Euch, Ihr macht mir Vergnuͤgen. Und uͤber¬
haupt, was iſt denn Vergnuͤgen? Vergnuͤgen iſt
nichts als ein hoͤchſt angenehmer Schmerz.
Ich glaube, die Muſik, die, ohne daß ich
darauf achtete, vor der Botega erklang, und
einen Kreis von Zuſchauern ſchon um ſich gezogen,
hatte melodramatiſch dieſen Monolog begleitet.
Es war ein wunderliches Trio, beſtehend aus
zwey Maͤnnern und einem jungen Maͤdchen, das
die Harfe ſpielte. Der eine von jenen beiden,
winterlich gekleidet in einen weißen Flausrock,
war ein ſtaͤmmiger Mann, mit einem dickrothen
Banditengeſicht, das aus den ſchwarzen Haupt-
und Barthaaren, wie ein drohender Comet, her¬
vorbrannte, und zwiſchen den Beinen hielt er
eine ungeheure Baßgeige, die er ſo wuͤthend
ſtrich, als habe er in den Abruzzen einen armen
Reiſenden, niedergeworfen und wolle ihm ge¬
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/116>, abgerufen am 21.11.2024.
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