Dann und wann kam der Wirth, il Signor padre, herangesprungen, und fragte nach irgend einem Geschirr oder Geräthe, und im Rezitativ bekam er die ruhige Weisung, es selbst zu suchen. Dann schnalzte er mit der Zunge, kramte in den Schränken, kostete aus den kochenden Töpfen, verbrannte sich das Maul und sprang wieder fort, und mit ihm sein Nasenkameel und das rothe Aeffchen. Hinter ihnen drein schlugen dann die lustigsten Triller, wie liebreiche Ver¬ höhnung und Familienneckerey.
Aber diese gemüthliche, fast idyllische Wirth¬ schaft unterbrach plötzlich ein Donnerwetter; ein vierschrötiger Kerl mit einem brüllenden Mordgesicht stürzte herein, und schrie etwas, das ich nicht verstand. Als beide Frauenzimmer ver¬ neinend die Köpfe schüttelten, gerieth er in die tollste Wuth und spie Feuer und Flamme, wie ein kleiner Vesuv, der sich ärgert. Die Wirthin
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Dann und wann kam der Wirth, il Signor padre, herangeſprungen, und fragte nach irgend einem Geſchirr oder Geraͤthe, und im Rezitativ bekam er die ruhige Weiſung, es ſelbſt zu ſuchen. Dann ſchnalzte er mit der Zunge, kramte in den Schraͤnken, koſtete aus den kochenden Toͤpfen, verbrannte ſich das Maul und ſprang wieder fort, und mit ihm ſein Naſenkameel und das rothe Aeffchen. Hinter ihnen drein ſchlugen dann die luſtigſten Triller, wie liebreiche Ver¬ hoͤhnung und Familienneckerey.
Aber dieſe gemuͤthliche, faſt idylliſche Wirth¬ ſchaft unterbrach ploͤtzlich ein Donnerwetter; ein vierſchroͤtiger Kerl mit einem bruͤllenden Mordgeſicht ſtuͤrzte herein, und ſchrie etwas, das ich nicht verſtand. Als beide Frauenzimmer ver¬ neinend die Koͤpfe ſchuͤttelten, gerieth er in die tollſte Wuth und ſpie Feuer und Flamme, wie ein kleiner Veſuv, der ſich aͤrgert. Die Wirthin
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Dann und wann kam der Wirth, il Signor
padre, herangeſprungen, und fragte nach irgend
einem Geſchirr oder Geraͤthe, und im Rezitativ
bekam er die ruhige Weiſung, es ſelbſt zu ſuchen.
Dann ſchnalzte er mit der Zunge, kramte in den
Schraͤnken, koſtete aus den kochenden Toͤpfen,
verbrannte ſich das Maul und ſprang wieder
fort, und mit ihm ſein Naſenkameel und das
rothe Aeffchen. Hinter ihnen drein ſchlugen
dann die luſtigſten Triller, wie liebreiche Ver¬
hoͤhnung und Familienneckerey.
Aber dieſe gemuͤthliche, faſt idylliſche Wirth¬
ſchaft unterbrach ploͤtzlich ein Donnerwetter;
ein vierſchroͤtiger Kerl mit einem bruͤllenden
Mordgeſicht ſtuͤrzte herein, und ſchrie etwas, das
ich nicht verſtand. Als beide Frauenzimmer ver¬
neinend die Koͤpfe ſchuͤttelten, gerieth er in die
tollſte Wuth und ſpie Feuer und Flamme, wie
ein kleiner Veſuv, der ſich aͤrgert. Die Wirthin
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/137>, abgerufen am 21.11.2024.
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