Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

eines sehr artigen Liefländers, der vielmehr den
Russen spielte, des Abends von Mayland abge¬
reist, und sah des folgenden Morgens die Sonne
aufgehn über das berühmte Schlachtfeld.

Hier that der General Buonaparte einen so
starken Zug aus dem Kelch des Ruhmes, daß er
im Rausche Consul, Kaiser, Welteroberer wurde,
und sich erst zu St. Helena ernüchtern konnte.
Es ist uns selbst nicht viel besser ergangen; wir
waren mitberauscht, wir haben alles mitgeträumt,
sind ebenfalls erwacht, und im Jammer der
Nüchternheit machen wir allerley verständige Re¬
flexionen. Es will uns da manchmal bedünken,
als sey der Kriegsruhm ein veraltetes Vergnü¬
gen, die Kriege bekämen eine edlere Bedeutung
und Napoleon sey vielleicht der letzte Eroberer.

Es hat wirklich den Anschein, als ob jetzt
mehr geistige Interessen verfochten würden als

12

eines ſehr artigen Lieflaͤnders, der vielmehr den
Ruſſen ſpielte, des Abends von Mayland abge¬
reiſt, und ſah des folgenden Morgens die Sonne
aufgehn uͤber das beruͤhmte Schlachtfeld.

Hier that der General Buonaparte einen ſo
ſtarken Zug aus dem Kelch des Ruhmes, daß er
im Rauſche Conſul, Kaiſer, Welteroberer wurde,
und ſich erſt zu St. Helena ernuͤchtern konnte.
Es iſt uns ſelbſt nicht viel beſſer ergangen; wir
waren mitberauſcht, wir haben alles mitgetraͤumt,
ſind ebenfalls erwacht, und im Jammer der
Nuͤchternheit machen wir allerley verſtaͤndige Re¬
flexionen. Es will uns da manchmal beduͤnken,
als ſey der Kriegsruhm ein veraltetes Vergnuͤ¬
gen, die Kriege bekaͤmen eine edlere Bedeutung
und Napoleon ſey vielleicht der letzte Eroberer.

Es hat wirklich den Anſchein, als ob jetzt
mehr geiſtige Intereſſen verfochten wuͤrden als

12
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0185" n="177"/>
eines &#x017F;ehr artigen Liefla&#x0364;nders, der vielmehr den<lb/>
Ru&#x017F;&#x017F;en &#x017F;pielte, des Abends von Mayland abge¬<lb/>
rei&#x017F;t, und &#x017F;ah des folgenden Morgens die Sonne<lb/>
aufgehn u&#x0364;ber das beru&#x0364;hmte Schlachtfeld.</p><lb/>
          <p>Hier that der General Buonaparte einen &#x017F;o<lb/>
&#x017F;tarken Zug aus dem Kelch des Ruhmes, daß er<lb/>
im Rau&#x017F;che Con&#x017F;ul, Kai&#x017F;er, Welteroberer wurde,<lb/>
und &#x017F;ich er&#x017F;t zu St. Helena ernu&#x0364;chtern konnte.<lb/>
Es i&#x017F;t uns &#x017F;elb&#x017F;t nicht viel be&#x017F;&#x017F;er ergangen; wir<lb/>
waren mitberau&#x017F;cht, wir haben alles mitgetra&#x0364;umt,<lb/>
&#x017F;ind ebenfalls erwacht, und im Jammer der<lb/>
Nu&#x0364;chternheit machen wir allerley ver&#x017F;ta&#x0364;ndige Re¬<lb/>
flexionen. Es will uns da manchmal bedu&#x0364;nken,<lb/>
als &#x017F;ey der Kriegsruhm ein veraltetes Vergnu&#x0364;¬<lb/>
gen, die Kriege beka&#x0364;men eine edlere Bedeutung<lb/>
und Napoleon &#x017F;ey vielleicht der letzte Eroberer.</p><lb/>
          <p>Es hat wirklich den An&#x017F;chein, als ob jetzt<lb/>
mehr gei&#x017F;tige Intere&#x017F;&#x017F;en verfochten wu&#x0364;rden als<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">12<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[177/0185] eines ſehr artigen Lieflaͤnders, der vielmehr den Ruſſen ſpielte, des Abends von Mayland abge¬ reiſt, und ſah des folgenden Morgens die Sonne aufgehn uͤber das beruͤhmte Schlachtfeld. Hier that der General Buonaparte einen ſo ſtarken Zug aus dem Kelch des Ruhmes, daß er im Rauſche Conſul, Kaiſer, Welteroberer wurde, und ſich erſt zu St. Helena ernuͤchtern konnte. Es iſt uns ſelbſt nicht viel beſſer ergangen; wir waren mitberauſcht, wir haben alles mitgetraͤumt, ſind ebenfalls erwacht, und im Jammer der Nuͤchternheit machen wir allerley verſtaͤndige Re¬ flexionen. Es will uns da manchmal beduͤnken, als ſey der Kriegsruhm ein veraltetes Vergnuͤ¬ gen, die Kriege bekaͤmen eine edlere Bedeutung und Napoleon ſey vielleicht der letzte Eroberer. Es hat wirklich den Anſchein, als ob jetzt mehr geiſtige Intereſſen verfochten wuͤrden als 12

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/185
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/185>, abgerufen am 21.11.2024.