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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

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dem ist es auch ein Vergnügen, wenn man den
kleinen, weißen Fuß von schönen Damenpersonen
in Händen hat.

Ich war nicht wenig betreten über diese letzte
Bemerkung, und dachte gleich: ist das Sticheley?
Wie konnte aber der Lump schon Kenntniß haben
von dem Glücke, das mir erst denselben Tag be¬
gegnet, zu derselben Zeit, als er auf der ent¬
gegengesetzten Seite des Bergs war? Gab's dort
etwa eine ähnliche Scene und offenbarte sich darin
die Ironie des großen Weltbühnendichters da dro¬
ben, daß er vielleicht noch tausend solcher Scenen,
die gleichzeitig eine die andere parodiren, zum
Vergnügen der himmlischen Heerschaaren auffüh¬
ren ließ? Indessen beide Vermuthungen waren
ungegründet, denn nach langen wiederholten
Fragen, und nachdem ich das Versprechen ge¬
leistet, dem Markese nichts zu verrathen, gestand
mir der arme Mensch: Lady Maxfield habe noch
zu Bette gelegen, als er ihr die Tulpe über¬

dem iſt es auch ein Vergnuͤgen, wenn man den
kleinen, weißen Fuß von ſchoͤnen Damenperſonen
in Haͤnden hat.

Ich war nicht wenig betreten uͤber dieſe letzte
Bemerkung, und dachte gleich: iſt das Sticheley?
Wie konnte aber der Lump ſchon Kenntniß haben
von dem Gluͤcke, das mir erſt denſelben Tag be¬
gegnet, zu derſelben Zeit, als er auf der ent¬
gegengeſetzten Seite des Bergs war? Gab's dort
etwa eine aͤhnliche Scene und offenbarte ſich darin
die Ironie des großen Weltbuͤhnendichters da dro¬
ben, daß er vielleicht noch tauſend ſolcher Scenen,
die gleichzeitig eine die andere parodiren, zum
Vergnuͤgen der himmliſchen Heerſchaaren auffuͤh¬
ren ließ? Indeſſen beide Vermuthungen waren
ungegruͤndet, denn nach langen wiederholten
Fragen, und nachdem ich das Verſprechen ge¬
leiſtet, dem Markeſe nichts zu verrathen, geſtand
mir der arme Menſch: Lady Maxfield habe noch
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[296/0304] dem iſt es auch ein Vergnuͤgen, wenn man den kleinen, weißen Fuß von ſchoͤnen Damenperſonen in Haͤnden hat. Ich war nicht wenig betreten uͤber dieſe letzte Bemerkung, und dachte gleich: iſt das Sticheley? Wie konnte aber der Lump ſchon Kenntniß haben von dem Gluͤcke, das mir erſt denſelben Tag be¬ gegnet, zu derſelben Zeit, als er auf der ent¬ gegengeſetzten Seite des Bergs war? Gab's dort etwa eine aͤhnliche Scene und offenbarte ſich darin die Ironie des großen Weltbuͤhnendichters da dro¬ ben, daß er vielleicht noch tauſend ſolcher Scenen, die gleichzeitig eine die andere parodiren, zum Vergnuͤgen der himmliſchen Heerſchaaren auffuͤh¬ ren ließ? Indeſſen beide Vermuthungen waren ungegruͤndet, denn nach langen wiederholten Fragen, und nachdem ich das Verſprechen ge¬ leiſtet, dem Markeſe nichts zu verrathen, geſtand mir der arme Menſch: Lady Maxfield habe noch zu Bette gelegen, als er ihr die Tulpe uͤber¬

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/304>, abgerufen am 23.11.2024.