prasselnden Flammen desto besser den Untergang Trojas besingen zu können. Das war noch ein Gaselendichter, über den ich mit Pathos sprechen könnte; doch nur lächeln kann ich über den neuen Pythagoräer, der im heutigen Rom, die Pfade der Freundschaft dürftig und nüchtern und ängst¬ lich dahinschleicht, mit seinem hellen Gesichte von liebloser Jugend abgewiesen wird, und nach¬ her bey kümmerlichem Oehllämpchen sein Gaselchen ausseufzt. Interessant, in solcher Hinsicht, ist die Vergleichung der Platenschen Gedichtchen mit dem Petron. Bey diesem ist schroffe, antike, plastisch heidnische Offenheit: Graf Platen hingegen, trotz seinem Pochen auf Classizität, behandelt seinen Gegenstand vielmehr romantisch, verschleyernd, sehnsüchtig, pfäffisch, -- ich muß hinzusetzen: heuchlerisch. Denn der Graf vermummt sich manchmal in fromme Gefühle, er vermeidet die genaueren Geschlechtsbezeichnungen; nur die Ein¬ geweihten sollen klar sehen; gegen den großen
praſſelnden Flammen deſto beſſer den Untergang Trojas beſingen zu koͤnnen. Das war noch ein Gaſelendichter, uͤber den ich mit Pathos ſprechen koͤnnte; doch nur laͤcheln kann ich uͤber den neuen Pythagoraͤer, der im heutigen Rom, die Pfade der Freundſchaft duͤrftig und nuͤchtern und aͤngſt¬ lich dahinſchleicht, mit ſeinem hellen Geſichte von liebloſer Jugend abgewieſen wird, und nach¬ her bey kuͤmmerlichem Oehllaͤmpchen ſein Gaſelchen ausſeufzt. Intereſſant, in ſolcher Hinſicht, iſt die Vergleichung der Platenſchen Gedichtchen mit dem Petron. Bey dieſem iſt ſchroffe, antike, plaſtiſch heidniſche Offenheit: Graf Platen hingegen, trotz ſeinem Pochen auf Claſſizitaͤt, behandelt ſeinen Gegenſtand vielmehr romantiſch, verſchleyernd, ſehnſuͤchtig, pfaͤffiſch, — ich muß hinzuſetzen: heuchleriſch. Denn der Graf vermummt ſich manchmal in fromme Gefuͤhle, er vermeidet die genaueren Geſchlechtsbezeichnungen; nur die Ein¬ geweihten ſollen klar ſehen; gegen den großen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0386"n="378"/>
praſſelnden Flammen deſto beſſer den Untergang<lb/>
Trojas beſingen zu koͤnnen. Das war noch ein<lb/>
Gaſelendichter, uͤber den ich mit Pathos ſprechen<lb/>
koͤnnte; doch nur laͤcheln kann ich uͤber den neuen<lb/>
Pythagoraͤer, der im heutigen Rom, die Pfade<lb/>
der Freundſchaft duͤrftig und nuͤchtern und aͤngſt¬<lb/>
lich dahinſchleicht, mit ſeinem hellen Geſichte<lb/>
von liebloſer Jugend abgewieſen wird, und nach¬<lb/>
her bey kuͤmmerlichem Oehllaͤmpchen ſein Gaſelchen<lb/>
ausſeufzt. Intereſſant, in ſolcher Hinſicht, iſt die<lb/>
Vergleichung der Platenſchen Gedichtchen mit dem<lb/>
Petron. Bey dieſem iſt ſchroffe, antike, plaſtiſch<lb/>
heidniſche Offenheit: Graf Platen hingegen, trotz<lb/>ſeinem Pochen auf Claſſizitaͤt, behandelt ſeinen<lb/>
Gegenſtand vielmehr romantiſch, verſchleyernd,<lb/>ſehnſuͤchtig, pfaͤffiſch, — ich muß hinzuſetzen:<lb/>
heuchleriſch. Denn der Graf vermummt ſich<lb/>
manchmal in fromme Gefuͤhle, er vermeidet die<lb/>
genaueren Geſchlechtsbezeichnungen; nur die Ein¬<lb/>
geweihten ſollen klar ſehen; gegen den großen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[378/0386]
praſſelnden Flammen deſto beſſer den Untergang
Trojas beſingen zu koͤnnen. Das war noch ein
Gaſelendichter, uͤber den ich mit Pathos ſprechen
koͤnnte; doch nur laͤcheln kann ich uͤber den neuen
Pythagoraͤer, der im heutigen Rom, die Pfade
der Freundſchaft duͤrftig und nuͤchtern und aͤngſt¬
lich dahinſchleicht, mit ſeinem hellen Geſichte
von liebloſer Jugend abgewieſen wird, und nach¬
her bey kuͤmmerlichem Oehllaͤmpchen ſein Gaſelchen
ausſeufzt. Intereſſant, in ſolcher Hinſicht, iſt die
Vergleichung der Platenſchen Gedichtchen mit dem
Petron. Bey dieſem iſt ſchroffe, antike, plaſtiſch
heidniſche Offenheit: Graf Platen hingegen, trotz
ſeinem Pochen auf Claſſizitaͤt, behandelt ſeinen
Gegenſtand vielmehr romantiſch, verſchleyernd,
ſehnſuͤchtig, pfaͤffiſch, — ich muß hinzuſetzen:
heuchleriſch. Denn der Graf vermummt ſich
manchmal in fromme Gefuͤhle, er vermeidet die
genaueren Geſchlechtsbezeichnungen; nur die Ein¬
geweihten ſollen klar ſehen; gegen den großen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/386>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.