vortreten, lebendige Traumwesen, deren mystische Geburt, mehr als man glaubt, in wundersam bedingender Beziehung steht mit der sinnlichen Natur des Dichters, so daß solches geistige Ge¬ bähren demjenigen versagt ist, der selbst nur, als ein unfruchtbares Geschöpf, sich gaselig hingiebt in windiger Weichheit.
Indessen, das sind Privatmeinungen eines Dichters, und ihr Gewicht hängt davon ab, wie weit man an die Competenz desselben glauben will. Ich kann nicht umhin zu erwäh¬ nen, daß der Graf Platen, gar oft dem Publikum versichert, daß er erst späterhin das Bedeutendste dichten werde, wovon man jetzt noch keine Ahnung habe, ja, daß er Iliaden und Odysseen, Classizitätstragödien und sonstige Un¬ sterblichkeitskolossalgedichte erst dann schreiben werde, wenn er sich nach so und so viel Lustren gehörig vorbereitet habe. Du hast, lieber Leser, diese Ergießungen des Selbstbewußtseyns, in mühsam
vortreten, lebendige Traumweſen, deren myſtiſche Geburt, mehr als man glaubt, in wunderſam bedingender Beziehung ſteht mit der ſinnlichen Natur des Dichters, ſo daß ſolches geiſtige Ge¬ baͤhren demjenigen verſagt iſt, der ſelbſt nur, als ein unfruchtbares Geſchoͤpf, ſich gaſelig hingiebt in windiger Weichheit.
Indeſſen, das ſind Privatmeinungen eines Dichters, und ihr Gewicht haͤngt davon ab, wie weit man an die Competenz deſſelben glauben will. Ich kann nicht umhin zu erwaͤh¬ nen, daß der Graf Platen, gar oft dem Publikum verſichert, daß er erſt ſpaͤterhin das Bedeutendſte dichten werde, wovon man jetzt noch keine Ahnung habe, ja, daß er Iliaden und Odyſſeen, Claſſizitaͤtstragoͤdien und ſonſtige Un¬ ſterblichkeitskoloſſalgedichte erſt dann ſchreiben werde, wenn er ſich nach ſo und ſo viel Luſtren gehoͤrig vorbereitet habe. Du haſt, lieber Leſer, dieſe Ergießungen des Selbſtbewußtſeyns, in muͤhſam
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vortreten, lebendige Traumweſen, deren myſtiſche
Geburt, mehr als man glaubt, in wunderſam
bedingender Beziehung ſteht mit der ſinnlichen
Natur des Dichters, ſo daß ſolches geiſtige Ge¬
baͤhren demjenigen verſagt iſt, der ſelbſt nur, als
ein unfruchtbares Geſchoͤpf, ſich gaſelig hingiebt
in windiger Weichheit.
Indeſſen, das ſind Privatmeinungen eines
Dichters, und ihr Gewicht haͤngt davon ab,
wie weit man an die Competenz deſſelben
glauben will. Ich kann nicht umhin zu erwaͤh¬
nen, daß der Graf Platen, gar oft dem
Publikum verſichert, daß er erſt ſpaͤterhin das
Bedeutendſte dichten werde, wovon man jetzt noch
keine Ahnung habe, ja, daß er Iliaden und
Odyſſeen, Claſſizitaͤtstragoͤdien und ſonſtige Un¬
ſterblichkeitskoloſſalgedichte erſt dann ſchreiben werde,
wenn er ſich nach ſo und ſo viel Luſtren gehoͤrig
vorbereitet habe. Du haſt, lieber Leſer, dieſe
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/392>, abgerufen am 22.11.2024.
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