der beständig rief: ich bin der Poet, der Poet der Poeten! ich werde Iliaden und Odysseen dich¬ ten u. s. w. Ich weiß nicht was das Publi¬ kum von solchen Prahlereyen hält, aber ganz genau weiß ich, was ein Dichter davon denkt, nemlich ein wahrer Dichter, der die verschämte Süßigkeit und die geheimen Schauer der Poesie schon empfunden hat, und von der Seligkeit dieser Empfindungen, wie ein glücklicher Page, der die verborgene Gunst einer Prinzessin genießt, gewiß nicht auf öffentlichem Markte prahlen wird.
Man hat schon öfter den Grafen Platen, wegen solcher Prahlhansereyen, weidlich gehänselt und er wußte immer, wie Fallstaff, sich zu ent¬ schuldigen. Bey solchen Entschuldigungen kommt ihm ein Talent zu statten, das außerordentlich in seiner Art ist und das eine besondere Aner¬ kennung verdient. Der Graf Platen weiß nem¬ lich von jedem Flecken, der in seiner eignen Brust ist, auch bey irgend einem großen Manne eine
der beſtaͤndig rief: ich bin der Poet, der Poet der Poeten! ich werde Iliaden und Odyſſeen dich¬ ten u. ſ. w. Ich weiß nicht was das Publi¬ kum von ſolchen Prahlereyen haͤlt, aber ganz genau weiß ich, was ein Dichter davon denkt, nemlich ein wahrer Dichter, der die verſchaͤmte Suͤßigkeit und die geheimen Schauer der Poeſie ſchon empfunden hat, und von der Seligkeit dieſer Empfindungen, wie ein gluͤcklicher Page, der die verborgene Gunſt einer Prinzeſſin genießt, gewiß nicht auf oͤffentlichem Markte prahlen wird.
Man hat ſchon oͤfter den Grafen Platen, wegen ſolcher Prahlhanſereyen, weidlich gehaͤnſelt und er wußte immer, wie Fallſtaff, ſich zu ent¬ ſchuldigen. Bey ſolchen Entſchuldigungen kommt ihm ein Talent zu ſtatten, das außerordentlich in ſeiner Art iſt und das eine beſondere Aner¬ kennung verdient. Der Graf Platen weiß nem¬ lich von jedem Flecken, der in ſeiner eignen Bruſt iſt, auch bey irgend einem großen Manne eine
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der beſtaͤndig rief: ich bin der Poet, der Poet
der Poeten! ich werde Iliaden und Odyſſeen dich¬
ten u. ſ. w. Ich weiß nicht was das Publi¬
kum von ſolchen Prahlereyen haͤlt, aber ganz
genau weiß ich, was ein Dichter davon denkt,
nemlich ein wahrer Dichter, der die verſchaͤmte
Suͤßigkeit und die geheimen Schauer der Poeſie
ſchon empfunden hat, und von der Seligkeit dieſer
Empfindungen, wie ein gluͤcklicher Page, der die
verborgene Gunſt einer Prinzeſſin genießt, gewiß
nicht auf oͤffentlichem Markte prahlen wird.
Man hat ſchon oͤfter den Grafen Platen,
wegen ſolcher Prahlhanſereyen, weidlich gehaͤnſelt
und er wußte immer, wie Fallſtaff, ſich zu ent¬
ſchuldigen. Bey ſolchen Entſchuldigungen kommt
ihm ein Talent zu ſtatten, das außerordentlich
in ſeiner Art iſt und das eine beſondere Aner¬
kennung verdient. Der Graf Platen weiß nem¬
lich von jedem Flecken, der in ſeiner eignen Bruſt
iſt, auch bey irgend einem großen Manne eine
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/394>, abgerufen am 22.11.2024.
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