Spur, und sey sie noch so klein, zu entdecken, und sich wegen solcher Wahlfleckenverwandschaft mit ihm zu vergleichen. Z. B. von Shakespeares Sonetten weiß er, daß sie an einen jungen Mann und nicht an ein Weib gerichtet sind, und ob solcher verständigen Wahl preist er Shakespeare, vergleicht sich mit ihm -- und das ist das einzige was er von ihm zu sagen hat. Man könnte negativ eine Apologie des Grafen Platen schrei¬ ben, und behaupten, daß er sich die und die Ver¬ irrung noch nicht zu Schulden kommen lassen, weil er sich mit dem oder dem großen Manne, dem sie nachgeredet worden, noch nicht verglichen habe. Am genialsten aber und bewunderungswür¬ digsten zeigte er sich in der Wahl des Mannes, in dessen Leben er unbescheidene Reden entdeckt, und durch dessen Beyspiel er seine eigene Prahle¬ rey beschönigen will. Wahrlich, zu einem solchen Zwecke sind die Worte dieses Mannes noch nie zitirt worden -- denn es ist kein Geringerer als
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Spur, und ſey ſie noch ſo klein, zu entdecken, und ſich wegen ſolcher Wahlfleckenverwandſchaft mit ihm zu vergleichen. Z. B. von Shakespeares Sonetten weiß er, daß ſie an einen jungen Mann und nicht an ein Weib gerichtet ſind, und ob ſolcher verſtaͤndigen Wahl preiſt er Shakespeare, vergleicht ſich mit ihm — und das iſt das einzige was er von ihm zu ſagen hat. Man koͤnnte negativ eine Apologie des Grafen Platen ſchrei¬ ben, und behaupten, daß er ſich die und die Ver¬ irrung noch nicht zu Schulden kommen laſſen, weil er ſich mit dem oder dem großen Manne, dem ſie nachgeredet worden, noch nicht verglichen habe. Am genialſten aber und bewunderungswuͤr¬ digſten zeigte er ſich in der Wahl des Mannes, in deſſen Leben er unbeſcheidene Reden entdeckt, und durch deſſen Beyſpiel er ſeine eigene Prahle¬ rey beſchoͤnigen will. Wahrlich, zu einem ſolchen Zwecke ſind die Worte dieſes Mannes noch nie zitirt worden — denn es iſt kein Geringerer als
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Spur, und ſey ſie noch ſo klein, zu entdecken,
und ſich wegen ſolcher Wahlfleckenverwandſchaft
mit ihm zu vergleichen. Z. B. von Shakespeares
Sonetten weiß er, daß ſie an einen jungen Mann
und nicht an ein Weib gerichtet ſind, und ob
ſolcher verſtaͤndigen Wahl preiſt er Shakespeare,
vergleicht ſich mit ihm — und das iſt das einzige
was er von ihm zu ſagen hat. Man koͤnnte
negativ eine Apologie des Grafen Platen ſchrei¬
ben, und behaupten, daß er ſich die und die Ver¬
irrung noch nicht zu Schulden kommen laſſen,
weil er ſich mit dem oder dem großen Manne,
dem ſie nachgeredet worden, noch nicht verglichen
habe. Am genialſten aber und bewunderungswuͤr¬
digſten zeigte er ſich in der Wahl des Mannes,
in deſſen Leben er unbeſcheidene Reden entdeckt,
und durch deſſen Beyſpiel er ſeine eigene Prahle¬
rey beſchoͤnigen will. Wahrlich, zu einem ſolchen
Zwecke ſind die Worte dieſes Mannes noch nie
zitirt worden — denn es iſt kein Geringerer als
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/395>, abgerufen am 22.11.2024.
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