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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

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wie ich in der Osternacht einen unmündigen
Christen schlachte und aus Malize immer einen
unglücklichen Schriftsteller dazu wähle -- Nein,
lieber Leser, ich will dich nicht belügen, solche
gute ausgemalte Bilder stehen nicht im König
Oedipus, und daß sie nicht darin stehen, das
nur ist der Fehler, den ich tadele. Der Graf
Platen hat zuweilen die besten Motive und weiß sie
nicht zu benutzen. Hätte er nur ein bischen
mehr Phantasie, so würde er mich wenigstens
als geheimen Pfänderverleiher geschildert haben;
welche komische Scenen hätten sich dargeboten!
Es thut mir in der Seele weh, wenn ich sehe,
wie sich der arme Graf jede Gelegenheit zu
guten Witzen vorbeygehen lassen! Wie kostbar
hätte er Raupach benutzen können als Tragödien-
Rothschild, bey dem die königlichen Bühnen ihre
Anleihen machen! Den Oedipus selbst, die Haupt¬
person seines Lustspiels, hätte er, durch einige
Modifikationen in der Fabel des Stückes, eben¬

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wie ich in der Oſternacht einen unmuͤndigen
Chriſten ſchlachte und aus Malize immer einen
ungluͤcklichen Schriftſteller dazu waͤhle — Nein,
lieber Leſer, ich will dich nicht beluͤgen, ſolche
gute ausgemalte Bilder ſtehen nicht im Koͤnig
Oedipus, und daß ſie nicht darin ſtehen, das
nur iſt der Fehler, den ich tadele. Der Graf
Platen hat zuweilen die beſten Motive und weiß ſie
nicht zu benutzen. Haͤtte er nur ein bischen
mehr Phantaſie, ſo wuͤrde er mich wenigſtens
als geheimen Pfaͤnderverleiher geſchildert haben;
welche komiſche Scenen haͤtten ſich dargeboten!
Es thut mir in der Seele weh, wenn ich ſehe,
wie ſich der arme Graf jede Gelegenheit zu
guten Witzen vorbeygehen laſſen! Wie koſtbar
haͤtte er Raupach benutzen koͤnnen als Tragoͤdien-
Rothſchild, bey dem die koͤniglichen Buͤhnen ihre
Anleihen machen! Den Oedipus ſelbſt, die Haupt¬
perſon ſeines Luſtſpiels, haͤtte er, durch einige
Modifikationen in der Fabel des Stuͤckes, eben¬

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[403/0411] wie ich in der Oſternacht einen unmuͤndigen Chriſten ſchlachte und aus Malize immer einen ungluͤcklichen Schriftſteller dazu waͤhle — Nein, lieber Leſer, ich will dich nicht beluͤgen, ſolche gute ausgemalte Bilder ſtehen nicht im Koͤnig Oedipus, und daß ſie nicht darin ſtehen, das nur iſt der Fehler, den ich tadele. Der Graf Platen hat zuweilen die beſten Motive und weiß ſie nicht zu benutzen. Haͤtte er nur ein bischen mehr Phantaſie, ſo wuͤrde er mich wenigſtens als geheimen Pfaͤnderverleiher geſchildert haben; welche komiſche Scenen haͤtten ſich dargeboten! Es thut mir in der Seele weh, wenn ich ſehe, wie ſich der arme Graf jede Gelegenheit zu guten Witzen vorbeygehen laſſen! Wie koſtbar haͤtte er Raupach benutzen koͤnnen als Tragoͤdien- Rothſchild, bey dem die koͤniglichen Buͤhnen ihre Anleihen machen! Den Oedipus ſelbſt, die Haupt¬ perſon ſeines Luſtſpiels, haͤtte er, durch einige Modifikationen in der Fabel des Stuͤckes, eben¬ 26 *

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/411>, abgerufen am 24.11.2024.