leicht auf den Ueberraschungs-Effect, auf den Theatercoup, daß dadurch das Publikum bestän¬ dig Witz erwarten, und dieser am Ende doch nicht erscheinen soll? Oder will er vielmehr das Publikum aufmuntern, den Wirkl. Geh. Witz im Stücke zu suchen, und das Ganze wäre nur ein Blindekuhspiel, wo der Platensche Witz so schlau ist, sich nie ertappen zu lassen? Deshalb viel¬ leicht ist auch das Publikum, das sonst bey Lust¬ spielen zu lachen pflegt, bey der Lektüre des Platenschen Stücks so verdrießlich, es kann den versteckten Witz nicht finden, vergebens piept der versteckte Witz, und piept immer lauter: hier bin ich! hier bin ich wirklich! -- vergebens, das Publikum ist dumm und macht ein ernsthaftes Gesicht. Ich aber, der ich weiß wo der Witz steckt, habe herzlich gelacht, als ich von dem "gräflichen, herrschsüchtigen Dichter" las, der sich in einen aristokratischen Nimbus hüllt, der von sich rühmt, "daß jeder Hauch, der zwischen seine
leicht auf den Ueberraſchungs-Effect, auf den Theatercoup, daß dadurch das Publikum beſtaͤn¬ dig Witz erwarten, und dieſer am Ende doch nicht erſcheinen ſoll? Oder will er vielmehr das Publikum aufmuntern, den Wirkl. Geh. Witz im Stuͤcke zu ſuchen, und das Ganze waͤre nur ein Blindekuhſpiel, wo der Platenſche Witz ſo ſchlau iſt, ſich nie ertappen zu laſſen? Deshalb viel¬ leicht iſt auch das Publikum, das ſonſt bey Luſt¬ ſpielen zu lachen pflegt, bey der Lektuͤre des Platenſchen Stuͤcks ſo verdrießlich, es kann den verſteckten Witz nicht finden, vergebens piept der verſteckte Witz, und piept immer lauter: hier bin ich! hier bin ich wirklich! — vergebens, das Publikum iſt dumm und macht ein ernſthaftes Geſicht. Ich aber, der ich weiß wo der Witz ſteckt, habe herzlich gelacht, als ich von dem „graͤflichen, herrſchſuͤchtigen Dichter“ las, der ſich in einen ariſtokratiſchen Nimbus huͤllt, der von ſich ruͤhmt, „daß jeder Hauch, der zwiſchen ſeine
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0413"n="405"/>
leicht auf den Ueberraſchungs-Effect, auf den<lb/>
Theatercoup, daß dadurch das Publikum beſtaͤn¬<lb/>
dig Witz erwarten, und dieſer am Ende doch<lb/>
nicht erſcheinen ſoll? Oder will er vielmehr das<lb/>
Publikum aufmuntern, den Wirkl. Geh. Witz im<lb/>
Stuͤcke zu ſuchen, und das Ganze waͤre nur ein<lb/>
Blindekuhſpiel, wo der Platenſche Witz ſo ſchlau<lb/>
iſt, ſich nie ertappen zu laſſen? Deshalb viel¬<lb/>
leicht iſt auch das Publikum, das ſonſt bey Luſt¬<lb/>ſpielen zu lachen pflegt, bey der Lektuͤre des<lb/>
Platenſchen Stuͤcks ſo verdrießlich, es kann den<lb/>
verſteckten Witz nicht finden, vergebens piept der<lb/>
verſteckte Witz, und piept immer lauter: hier bin<lb/>
ich! hier bin ich wirklich! — vergebens, das<lb/>
Publikum iſt dumm und macht ein ernſthaftes<lb/>
Geſicht. Ich aber, der ich weiß wo der Witz<lb/>ſteckt, habe herzlich gelacht, als ich von dem<lb/>„graͤflichen, herrſchſuͤchtigen Dichter“ las, der ſich<lb/>
in einen ariſtokratiſchen Nimbus huͤllt, der von<lb/>ſich ruͤhmt, „daß jeder Hauch, der zwiſchen ſeine<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[405/0413]
leicht auf den Ueberraſchungs-Effect, auf den
Theatercoup, daß dadurch das Publikum beſtaͤn¬
dig Witz erwarten, und dieſer am Ende doch
nicht erſcheinen ſoll? Oder will er vielmehr das
Publikum aufmuntern, den Wirkl. Geh. Witz im
Stuͤcke zu ſuchen, und das Ganze waͤre nur ein
Blindekuhſpiel, wo der Platenſche Witz ſo ſchlau
iſt, ſich nie ertappen zu laſſen? Deshalb viel¬
leicht iſt auch das Publikum, das ſonſt bey Luſt¬
ſpielen zu lachen pflegt, bey der Lektuͤre des
Platenſchen Stuͤcks ſo verdrießlich, es kann den
verſteckten Witz nicht finden, vergebens piept der
verſteckte Witz, und piept immer lauter: hier bin
ich! hier bin ich wirklich! — vergebens, das
Publikum iſt dumm und macht ein ernſthaftes
Geſicht. Ich aber, der ich weiß wo der Witz
ſteckt, habe herzlich gelacht, als ich von dem
„graͤflichen, herrſchſuͤchtigen Dichter“ las, der ſich
in einen ariſtokratiſchen Nimbus huͤllt, der von
ſich ruͤhmt, „daß jeder Hauch, der zwiſchen ſeine
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/413>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.