mer, Lästerungen und Dummheiten seines Buches, verzeih ich ihm sogar die lange Weile, die es mir verursacht -- so darf ich ihm doch nimmer¬ mehr die Tendenz desselben verzeihen. Diese ist nichts Geringeres als die Exculpation des engli¬ schen Ministeriums in Betreff des Verbrechens von St. Helena. "In diesem Gerichtshandel zwischen dem englischen Ministerium und der öffentlichen Meinung," wie der Berliner Rec. sich ausdrückt, "macht Walter Scott den Sachwalter," er verbin¬ det Advocatenkniffe mit seinem poetischen Talente, um den Thatbestand und die Geschichte zu verdre¬ hen, und seine Clienten, die zugleich seine Patrone sind, dürften ihm wohl, außer seinen Sporteln, noch extra ein Douceur in die Hand drücken.
Die Engländer haben den Kaiser blos ermor¬ det, aber Walter Scott hat ihn verkauft. Es ist ein rechtes Schottenstück, ein ächt schottisches Na¬ tionalstückchen, und man sieht, daß schottischer Geiz noch immer der alte, schmutzige Geist ist, und sich
mer, Laͤſterungen und Dummheiten ſeines Buches, verzeih ich ihm ſogar die lange Weile, die es mir verurſacht — ſo darf ich ihm doch nimmer¬ mehr die Tendenz deſſelben verzeihen. Dieſe iſt nichts Geringeres als die Exculpation des engli¬ ſchen Miniſteriums in Betreff des Verbrechens von St. Helena. „In dieſem Gerichtshandel zwiſchen dem engliſchen Miniſterium und der oͤffentlichen Meinung,“ wie der Berliner Rec. ſich ausdruͤckt, „macht Walter Scott den Sachwalter,“ er verbin¬ det Advocatenkniffe mit ſeinem poetiſchen Talente, um den Thatbeſtand und die Geſchichte zu verdre¬ hen, und ſeine Clienten, die zugleich ſeine Patrone ſind, duͤrften ihm wohl, außer ſeinen Sporteln, noch extra ein Douceur in die Hand druͤcken.
Die Englaͤnder haben den Kaiſer blos ermor¬ det, aber Walter Scott hat ihn verkauft. Es iſt ein rechtes Schottenſtuͤck, ein aͤcht ſchottiſches Na¬ tionalſtuͤckchen, und man ſieht, daß ſchottiſcher Geiz noch immer der alte, ſchmutzige Geiſt iſt, und ſich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0204"n="190"/>
mer, Laͤſterungen und Dummheiten ſeines Buches,<lb/>
verzeih ich ihm ſogar die lange Weile, die es<lb/>
mir verurſacht —ſo darf ich ihm doch nimmer¬<lb/>
mehr die Tendenz deſſelben verzeihen. Dieſe iſt<lb/>
nichts Geringeres als die Exculpation des engli¬<lb/>ſchen Miniſteriums in Betreff des Verbrechens von<lb/>
St. Helena. „In dieſem Gerichtshandel zwiſchen<lb/>
dem engliſchen Miniſterium und der oͤffentlichen<lb/>
Meinung,“ wie der Berliner Rec. ſich ausdruͤckt,<lb/>„macht Walter Scott den Sachwalter,“ er verbin¬<lb/>
det Advocatenkniffe mit ſeinem poetiſchen Talente,<lb/>
um den Thatbeſtand und die Geſchichte zu verdre¬<lb/>
hen, und ſeine Clienten, die zugleich ſeine Patrone<lb/>ſind, duͤrften ihm wohl, außer ſeinen Sporteln,<lb/>
noch extra ein Douceur in die Hand druͤcken.</p><lb/><p>Die Englaͤnder haben den Kaiſer blos ermor¬<lb/>
det, aber Walter Scott hat ihn verkauft. Es iſt<lb/>
ein rechtes Schottenſtuͤck, ein aͤcht ſchottiſches Na¬<lb/>
tionalſtuͤckchen, und man ſieht, daß ſchottiſcher Geiz<lb/>
noch immer der alte, ſchmutzige Geiſt iſt, und ſich<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[190/0204]
mer, Laͤſterungen und Dummheiten ſeines Buches,
verzeih ich ihm ſogar die lange Weile, die es
mir verurſacht — ſo darf ich ihm doch nimmer¬
mehr die Tendenz deſſelben verzeihen. Dieſe iſt
nichts Geringeres als die Exculpation des engli¬
ſchen Miniſteriums in Betreff des Verbrechens von
St. Helena. „In dieſem Gerichtshandel zwiſchen
dem engliſchen Miniſterium und der oͤffentlichen
Meinung,“ wie der Berliner Rec. ſich ausdruͤckt,
„macht Walter Scott den Sachwalter,“ er verbin¬
det Advocatenkniffe mit ſeinem poetiſchen Talente,
um den Thatbeſtand und die Geſchichte zu verdre¬
hen, und ſeine Clienten, die zugleich ſeine Patrone
ſind, duͤrften ihm wohl, außer ſeinen Sporteln,
noch extra ein Douceur in die Hand druͤcken.
Die Englaͤnder haben den Kaiſer blos ermor¬
det, aber Walter Scott hat ihn verkauft. Es iſt
ein rechtes Schottenſtuͤck, ein aͤcht ſchottiſches Na¬
tionalſtuͤckchen, und man ſieht, daß ſchottiſcher Geiz
noch immer der alte, ſchmutzige Geiſt iſt, und ſich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/204>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.