lassen, und damit weiter ziehen durch die Märksche Sandwüste. Ich schilderte ihm ferner, wie die neuen Athener um den Springquell des schelling¬ schen Geistestranks sich drängen, als wär es das beste Bier, Breyhahn des Lebens, Gesöffe der Unsterblichkeit. --
Den kleinen Naturphilosophen überlief der gelbe Neid, als er hörte, daß seine Collegen sich so großen Zuspruchs erfreuen, und ärgerlich frug er: welchen von beiden halten Sie für den größten? Das kann ich nicht entscheiden, gab ich zur Ant¬ wort, eben so wenig wie ich entscheiden könnte, ob die Schechner größer sey als die Sonntag, und ich denke --
Denke! rief der Eydechs mit einem schar¬ fen, vornehmen Tone der tiefsten Geringschätzung, denken! wer von Euch denkt? Mein weiser Herr, schon an die dreytausend Jahre mache ich Untersuchungen über die geistigen Funkzionen der Thiere, ich habe besonders Menschen, Affen und
laſſen, und damit weiter ziehen durch die Maͤrkſche Sandwuͤſte. Ich ſchilderte ihm ferner, wie die neuen Athener um den Springquell des ſchelling¬ ſchen Geiſtestranks ſich draͤngen, als waͤr es das beſte Bier, Breyhahn des Lebens, Geſoͤffe der Unſterblichkeit. —
Den kleinen Naturphiloſophen uͤberlief der gelbe Neid, als er hoͤrte, daß ſeine Collegen ſich ſo großen Zuſpruchs erfreuen, und aͤrgerlich frug er: welchen von beiden halten Sie fuͤr den groͤßten? Das kann ich nicht entſcheiden, gab ich zur Ant¬ wort, eben ſo wenig wie ich entſcheiden koͤnnte, ob die Schechner groͤßer ſey als die Sonntag, und ich denke —
Denke! rief der Eydechs mit einem ſchar¬ fen, vornehmen Tone der tiefſten Geringſchaͤtzung, denken! wer von Euch denkt? Mein weiſer Herr, ſchon an die dreytauſend Jahre mache ich Unterſuchungen uͤber die geiſtigen Funkzionen der Thiere, ich habe beſonders Menſchen, Affen und
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laſſen, und damit weiter ziehen durch die Maͤrkſche
Sandwuͤſte. Ich ſchilderte ihm ferner, wie die
neuen Athener um den Springquell des ſchelling¬
ſchen Geiſtestranks ſich draͤngen, als waͤr es das
beſte Bier, Breyhahn des Lebens, Geſoͤffe der
Unſterblichkeit. —
Den kleinen Naturphiloſophen uͤberlief der gelbe
Neid, als er hoͤrte, daß ſeine Collegen ſich ſo
großen Zuſpruchs erfreuen, und aͤrgerlich frug er:
welchen von beiden halten Sie fuͤr den groͤßten?
Das kann ich nicht entſcheiden, gab ich zur Ant¬
wort, eben ſo wenig wie ich entſcheiden koͤnnte,
ob die Schechner groͤßer ſey als die Sonntag, und
ich denke —
Denke! rief der Eydechs mit einem ſchar¬
fen, vornehmen Tone der tiefſten Geringſchaͤtzung,
denken! wer von Euch denkt? Mein weiſer
Herr, ſchon an die dreytauſend Jahre mache ich
Unterſuchungen uͤber die geiſtigen Funkzionen der
Thiere, ich habe beſonders Menſchen, Affen und
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/25>, abgerufen am 23.11.2024.
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