Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Stimme zur Zithar sang; und sie selbst war es,
was er bey mir schilderte.

Ihr jüngster Bruder, sie war das letzte
Kind, konnt ihn gleich wohl leiden. Sie be-
sahen sein Gemählde, und machten ihm darüber
große Lobsprüche; nur der Bräutigam, eine kalte
Staatsperücke von widrigem Gesichte, tadelte
ihm einiges ohne rechten Verstand, um nach
dem gewöhnlichen Kniffe der Großen sich damit
ein Ansehen zu geben, welches Ardinghello je-
doch gefällig aufnahm, indem er sich damit ent-
schuldigte, daß die Mahlerey sehr schwer, und selten
einer in allen Theilen nur erträglich wäre; und
rühmte dabey seine große Einsicht. Dieß gefiel
ihm denn; und er fragte ihn wie einen jungen
Mahlergesellen, ob er ihn und seine Braut ab-
konterfeyen wolle? Ardinghello verbeugte sich,
und erwiederte, daß ihm dieß großen Ruhm zu-
wegebringen würde, wenn es nach Wunsch ge-
länge. Jener beschloß, ihn abrufen zu lassen,

so

Stimme zur Zithar ſang; und ſie ſelbſt war es,
was er bey mir ſchilderte.

Ihr juͤngſter Bruder, ſie war das letzte
Kind, konnt ihn gleich wohl leiden. Sie be-
ſahen ſein Gemaͤhlde, und machten ihm daruͤber
große Lobſpruͤche; nur der Braͤutigam, eine kalte
Staatsperuͤcke von widrigem Geſichte, tadelte
ihm einiges ohne rechten Verſtand, um nach
dem gewoͤhnlichen Kniffe der Großen ſich damit
ein Anſehen zu geben, welches Ardinghello je-
doch gefaͤllig aufnahm, indem er ſich damit ent-
ſchuldigte, daß die Mahlerey ſehr ſchwer, und ſelten
einer in allen Theilen nur ertraͤglich waͤre; und
ruͤhmte dabey ſeine große Einſicht. Dieß gefiel
ihm denn; und er fragte ihn wie einen jungen
Mahlergeſellen, ob er ihn und ſeine Braut ab-
konterfeyen wolle? Ardinghello verbeugte ſich,
und erwiederte, daß ihm dieß großen Ruhm zu-
wegebringen wuͤrde, wenn es nach Wunſch ge-
laͤnge. Jener beſchloß, ihn abrufen zu laſſen,

ſo
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0104" n="98"/>
Stimme zur Zithar &#x017F;ang; und &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t war es,<lb/>
was er bey mir &#x017F;childerte.</p><lb/>
        <p>Ihr ju&#x0364;ng&#x017F;ter Bruder, &#x017F;ie war das letzte<lb/>
Kind, konnt ihn gleich wohl leiden. Sie be-<lb/>
&#x017F;ahen &#x017F;ein Gema&#x0364;hlde, und machten ihm daru&#x0364;ber<lb/>
große Lob&#x017F;pru&#x0364;che; nur der Bra&#x0364;utigam, eine kalte<lb/>
Staatsperu&#x0364;cke von widrigem Ge&#x017F;ichte, tadelte<lb/>
ihm einiges ohne rechten Ver&#x017F;tand, um nach<lb/>
dem gewo&#x0364;hnlichen Kniffe der Großen &#x017F;ich damit<lb/>
ein An&#x017F;ehen zu geben, welches Ardinghello je-<lb/>
doch gefa&#x0364;llig aufnahm, indem er &#x017F;ich damit ent-<lb/>
&#x017F;chuldigte, daß die Mahlerey &#x017F;ehr &#x017F;chwer, und &#x017F;elten<lb/>
einer in allen Theilen nur ertra&#x0364;glich wa&#x0364;re; und<lb/>
ru&#x0364;hmte dabey &#x017F;eine große Ein&#x017F;icht. Dieß gefiel<lb/>
ihm denn; und er fragte ihn wie einen jungen<lb/>
Mahlerge&#x017F;ellen, ob er ihn und &#x017F;eine Braut ab-<lb/>
konterfeyen wolle? Ardinghello verbeugte &#x017F;ich,<lb/>
und erwiederte, daß ihm dieß großen Ruhm zu-<lb/>
wegebringen wu&#x0364;rde, wenn es nach Wun&#x017F;ch ge-<lb/>
la&#x0364;nge. Jener be&#x017F;chloß, ihn abrufen zu la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;o</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[98/0104] Stimme zur Zithar ſang; und ſie ſelbſt war es, was er bey mir ſchilderte. Ihr juͤngſter Bruder, ſie war das letzte Kind, konnt ihn gleich wohl leiden. Sie be- ſahen ſein Gemaͤhlde, und machten ihm daruͤber große Lobſpruͤche; nur der Braͤutigam, eine kalte Staatsperuͤcke von widrigem Geſichte, tadelte ihm einiges ohne rechten Verſtand, um nach dem gewoͤhnlichen Kniffe der Großen ſich damit ein Anſehen zu geben, welches Ardinghello je- doch gefaͤllig aufnahm, indem er ſich damit ent- ſchuldigte, daß die Mahlerey ſehr ſchwer, und ſelten einer in allen Theilen nur ertraͤglich waͤre; und ruͤhmte dabey ſeine große Einſicht. Dieß gefiel ihm denn; und er fragte ihn wie einen jungen Mahlergeſellen, ob er ihn und ſeine Braut ab- konterfeyen wolle? Ardinghello verbeugte ſich, und erwiederte, daß ihm dieß großen Ruhm zu- wegebringen wuͤrde, wenn es nach Wunſch ge- laͤnge. Jener beſchloß, ihn abrufen zu laſſen, ſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/104
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/104>, abgerufen am 17.05.2024.