königlichen Jüngling vom rächerischen Arm der Natur bewafnet, voll innerm Gehalt, der über- all hervorstrahlt: oder den mißgeschaffnen Boshaf- ten, der das Vortreflichste aus kleinlicher Leiden- schaft und elendem Interesse wegtilgt? es fand weder Wahl noch ein ander Mittel statt.
Ich gab ihm nach der Ueberlegung zur Ant- wort: "Du sollst mich als deinen Freund erken- nen; an deinem Muht und deiner Klugheit im übrigen darf ich nicht zweifeln. Jedoch bedenke vorher, was du thust, und daß dein Leben selbst dabey in äußerster Gefahr ist."
Was soll mir ein Leben, das Sklaverey duldet und Unrecht leidet? erwiederte er, schänd- liches Unrecht! und das grausamste! O ich weiß, daß das ewig lebt, was in mir lebt; und daß dieß keine Gewalt zu Grunde richtet. Ich war, was ich bin, und werd es seyn: ein edler Geist, den sein göttlich Urwesen durch alle Zeiten von der Drangsal niedriger Verbindungen immer bald erlösen wird.
O wä-
koͤniglichen Juͤngling vom raͤcheriſchen Arm der Natur bewafnet, voll innerm Gehalt, der uͤber- all hervorſtrahlt: oder den mißgeſchaffnen Boshaf- ten, der das Vortreflichſte aus kleinlicher Leiden- ſchaft und elendem Intereſſe wegtilgt? es fand weder Wahl noch ein ander Mittel ſtatt.
Ich gab ihm nach der Ueberlegung zur Ant- wort: „Du ſollſt mich als deinen Freund erken- nen; an deinem Muht und deiner Klugheit im uͤbrigen darf ich nicht zweifeln. Jedoch bedenke vorher, was du thuſt, und daß dein Leben ſelbſt dabey in aͤußerſter Gefahr iſt.“
Was ſoll mir ein Leben, das Sklaverey duldet und Unrecht leidet? erwiederte er, ſchaͤnd- liches Unrecht! und das grauſamſte! O ich weiß, daß das ewig lebt, was in mir lebt; und daß dieß keine Gewalt zu Grunde richtet. Ich war, was ich bin, und werd es ſeyn: ein edler Geiſt, den ſein goͤttlich Urweſen durch alle Zeiten von der Drangſal niedriger Verbindungen immer bald erloͤſen wird.
O waͤ-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0145"n="139"/>
koͤniglichen Juͤngling vom raͤcheriſchen Arm der<lb/>
Natur bewafnet, voll innerm Gehalt, der uͤber-<lb/>
all hervorſtrahlt: oder den mißgeſchaffnen Boshaf-<lb/>
ten, der das Vortreflichſte aus kleinlicher Leiden-<lb/>ſchaft und elendem Intereſſe wegtilgt? es fand<lb/>
weder Wahl noch ein ander Mittel ſtatt.</p><lb/><p>Ich gab ihm nach der Ueberlegung zur Ant-<lb/>
wort: „Du ſollſt mich als deinen Freund erken-<lb/>
nen; an deinem Muht und deiner Klugheit im<lb/>
uͤbrigen darf ich nicht zweifeln. Jedoch bedenke<lb/>
vorher, was du thuſt, und daß dein Leben ſelbſt<lb/>
dabey in aͤußerſter Gefahr iſt.“</p><lb/><p>Was ſoll mir ein Leben, das Sklaverey<lb/>
duldet und Unrecht leidet? erwiederte er, ſchaͤnd-<lb/>
liches Unrecht! und das grauſamſte! O ich weiß,<lb/>
daß das ewig lebt, was in mir lebt; und daß<lb/>
dieß keine Gewalt zu Grunde richtet. Ich war, was<lb/>
ich bin, und werd es ſeyn: ein edler Geiſt, den ſein<lb/>
goͤttlich Urweſen durch alle Zeiten von der Drangſal<lb/>
niedriger Verbindungen immer bald erloͤſen wird.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">O waͤ-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[139/0145]
koͤniglichen Juͤngling vom raͤcheriſchen Arm der
Natur bewafnet, voll innerm Gehalt, der uͤber-
all hervorſtrahlt: oder den mißgeſchaffnen Boshaf-
ten, der das Vortreflichſte aus kleinlicher Leiden-
ſchaft und elendem Intereſſe wegtilgt? es fand
weder Wahl noch ein ander Mittel ſtatt.
Ich gab ihm nach der Ueberlegung zur Ant-
wort: „Du ſollſt mich als deinen Freund erken-
nen; an deinem Muht und deiner Klugheit im
uͤbrigen darf ich nicht zweifeln. Jedoch bedenke
vorher, was du thuſt, und daß dein Leben ſelbſt
dabey in aͤußerſter Gefahr iſt.“
Was ſoll mir ein Leben, das Sklaverey
duldet und Unrecht leidet? erwiederte er, ſchaͤnd-
liches Unrecht! und das grauſamſte! O ich weiß,
daß das ewig lebt, was in mir lebt; und daß
dieß keine Gewalt zu Grunde richtet. Ich war, was
ich bin, und werd es ſeyn: ein edler Geiſt, den ſein
goͤttlich Urweſen durch alle Zeiten von der Drangſal
niedriger Verbindungen immer bald erloͤſen wird.
O waͤ-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/145>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.