bin und habe, ist dein Eigenthum, du bist mein Herr und Meister! du hast mir das Leben errettet, und ich kann nichts weniger thun, als dir wie Magd und Sklavin dienen, Engel, Gott! wo find ich einen Namen, der alles das ausdrückt, was ich in dir umfasse? Auch Lucinde soll dir zu Theil werden! Stolz und Eifersucht samt der Person will ich deinem Vergnügen aufopfern." Hier umrang sie mich aufs heftigste und biß mich wie rasend in die Brust.
Ich mußte mirs gefallen lassen; ich war angeführt auf eine Weise, die mir hohe Lust ge- währte. Wenn ich auch ein Joseph hätte seyn wollen: so war die Flucht zu spät. Ihr Gemahl erzeigt mir Freundschaft: aber wer kann dafür, daß er einfältig ist, und kein besser Schicksal ver- dient? Warum hat er so geheurathet? Dieß sind natürliche Folgen, die selten ausbleiben. Ful- via hat ein heißes Temperament, und er ist schwach und kalt und träge: solch ein Paar thut kein gut
zu-
bin und habe, iſt dein Eigenthum, du biſt mein Herr und Meiſter! du haſt mir das Leben errettet, und ich kann nichts weniger thun, als dir wie Magd und Sklavin dienen, Engel, Gott! wo find ich einen Namen, der alles das ausdruͤckt, was ich in dir umfaſſe? Auch Lucinde ſoll dir zu Theil werden! Stolz und Eiferſucht ſamt der Perſon will ich deinem Vergnuͤgen aufopfern.“ Hier umrang ſie mich aufs heftigſte und biß mich wie raſend in die Bruſt.
Ich mußte mirs gefallen laſſen; ich war angefuͤhrt auf eine Weiſe, die mir hohe Luſt ge- waͤhrte. Wenn ich auch ein Joſeph haͤtte ſeyn wollen: ſo war die Flucht zu ſpaͤt. Ihr Gemahl erzeigt mir Freundſchaft: aber wer kann dafuͤr, daß er einfaͤltig iſt, und kein beſſer Schickſal ver- dient? Warum hat er ſo geheurathet? Dieß ſind natuͤrliche Folgen, die ſelten ausbleiben. Ful- via hat ein heißes Temperament, und er iſt ſchwach und kalt und traͤge: ſolch ein Paar thut kein gut
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bin und habe, iſt dein Eigenthum, du biſt mein
Herr und Meiſter! du haſt mir das Leben errettet,
und ich kann nichts weniger thun, als dir wie Magd
und Sklavin dienen, Engel, Gott! wo find ich
einen Namen, der alles das ausdruͤckt, was ich
in dir umfaſſe? Auch Lucinde ſoll dir zu Theil
werden! Stolz und Eiferſucht ſamt der Perſon
will ich deinem Vergnuͤgen aufopfern.“ Hier
umrang ſie mich aufs heftigſte und biß mich wie
raſend in die Bruſt.
Ich mußte mirs gefallen laſſen; ich war
angefuͤhrt auf eine Weiſe, die mir hohe Luſt ge-
waͤhrte. Wenn ich auch ein Joſeph haͤtte ſeyn
wollen: ſo war die Flucht zu ſpaͤt. Ihr Gemahl
erzeigt mir Freundſchaft: aber wer kann dafuͤr,
daß er einfaͤltig iſt, und kein beſſer Schickſal ver-
dient? Warum hat er ſo geheurathet? Dieß ſind
natuͤrliche Folgen, die ſelten ausbleiben. Ful-
via hat ein heißes Temperament, und er iſt ſchwach
und kalt und traͤge: ſolch ein Paar thut kein gut
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/218>, abgerufen am 21.11.2024.
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